Lasse Svan: "Einmal Flensburg, immer Flensburg"
Das Ergebnis seines letzten Pflichtspiels in der "Hölle Nord" war nebensächlich, die Emotionen überwogen. Nach 14 Jahren bei der SG Flensburg-Handewitt beendet Lasse Svan seine eindrucksvolle Karriere - und wurde am Mittwochabend frenetisch gefeiert.
Als Lasse Svan zum Mikrofon greift, bricht ihm die Stimme. Nicht, weil die SG mit 21:24 (7:9) gegen den Bergischen HC verloren hat. Sondern weil das viele Lob der Clubleitung, die eingespielten Video-Szenen seiner beeindruckenden Karriere und stehenden Ovationen der Fans alles andere als spurlos an ihm vorbeigehen.
"Als ich vor einigen Monaten den Entschluss fasste, meine Laufbahn zu beenden, dachte ich, es wird kein Problem, jetzt etwas zu sagen", gesteht er. "Ich dachte mir, es ist ja genug Zeit, mir etwas zu überlegen. Doch die letzten Tage waren die Hölle." In jedem ruhigen Moment hätten seine Gedanken gekreist: Was wird? Wie ist es? Und vor allem: Was war?
Zwei Dekaden lang hielt der Däne im Profi-Handball die Knochen hin. 652 Mal lief er für die SG auf, erzielte dabei knapp 2.500 Tore und gewann alle Titel, die es zu gewinnen gibt. Nun, mit 38 Jahren, ist Schluss. Im August wird Svan beim Abschiedsspiel in die Flensburger "Hall of Fame" aufgenommen.
Letzter Treffer in der "Hölle Nord"
Am Mittwoch in seinem letzten Heimspiel tobt die "Hölle Nord" schon vor dem Anwurf. Seit Sommer 2019 ist er der Kapitän der Schleswig-Holsteiner, läuft als Erster ein. Und auch danach bejubeln die Fans jede gute Aktion des Routiniers frenetisch. "Einmal Flensburg, immer Flensburg", skandieren die Anhänger, und auf der Osttribüne tragen Familie und Freunde weiße Trikots mit dem goldenen Schriftzug - "Svan".
Als der Rechtsaußen dann auch noch in der zweiten Hälfte vom Kreis trifft, ist die Stimmung auf dem Siedepunkt. Anschließend lässt er sich sogar zum Siebenmeter überreden, seinem ersten seit Jahren - und verwirft. Egal. Die Party geht weiter. Auch, als er nach dem Spiel nochmals durch den Tunnel einläuft, seine beiden Kinder an der Hand, die Teamkollegen Hampus Wanne und Marius Steinhauser, die ebenfalls verabschiedet werden, im Schlepptau.
Schmerzhafte Erinnerungen ans erste SG-Tor
Er sei emotional aufgewühlt, berichtet Svan, aber nicht so nervös wie vor 14 Jahren, als er erstmals für die SG aufgelaufen war - in einem Spiel gegen Balingen. Daran könne er sich gut erinnern: "Für mein erstes Tor kam ich über den Rückraum, wobei ich voll einen auf die Brust bekam. Das war schmerzhaft - aber der Ball war im Tor." Schnell wurde er Stammspieler und trug mit dazu dabei, dass die Flensburger ab 2012 wieder zur nationalen und europäischen Spitze zählten.
Die SG gewann die Champions League, zweimal die deutsche Meisterschaft, den DHB-Pokal und den Europacup der Pokalsieger. Alle wichtigen Titel errang Svan mindestens einmal. "Ich hatte stets die Lust, mich zu verbessern", erklärte der Linkshänder einmal. "Auch mit 30 oder 32 Jahren war ich nicht mit dem erreichten Niveau zufrieden, sondern sah immer noch Potenzial." Nun haben sich die Prioritäten verschoben. "Ich will meine Tage selbst gestalten", sagt er.
Svan: "Fantastisch, überragend, großer Stolz"
Seinen Abschied von der Nationalmannschaft hatte Svan bereits vor einigen Wochen gefeiert. Mit Dänemark wurde er zweimal Weltmeister sowie jeweils einmal Europameister und Olympiasieger. Am Gründonnerstag bestritt er in Kopenhagen sein letztes von 246 Länderspielen. Dem klaren Sieg über Polen folgte die offizielle Ehrung. Ein besonderer Moment: "Fantastisch, überragend, großer Stolz - ich muss all diese Wörter benutzen, um diesen Moment zu beschreiben", schwärmt Svan noch heute. "Als ich schließlich nach Hause kam, hat mir nichts leid getan. Es war der richtige Zeitpunkt aufzuhören."
Noch ein Spiel bis zum Karriere-Ende
Nach der letzten Bundesliga-Partie am Sonntag bei den Füchsen Berlin ist endgültig Schluss. Dann will der 38-Jährige vor allem erst einmal Urlaub machen mit Familie und Freunden. Ab August beginnt dann in Kolding, wo die Familie bereits wohnt, ein neuer Lebensabschnitt. Svan möchte als Mental-Coach arbeiten, die Ausbildung hat er bereits vor Jahren absolviert: "Da haben ich nicht so viel über Handball gelernt, aber umso mehr darüber, wie ich mich auf dem Spielfeld und außerhalb verhalte."
Die wichtigste Lektion: wie man ein Tief überwindet. "Ein solches Tief erlebt jeder Leistungssportler irgendwann. Es zu verkürzen kann den Unterschied machen, ob man das höchste Niveau erreicht oder es nur für die Zweitklassigkeit langt." Die wiederum kennt Svan nicht. Er spielte 20 Jahre auf höchstem Niveau.