E-Bike und Pedelec: Kaufberatung und Tipps
Immer mehr Menschen kaufen Fahrräder mit Elektroantrieb und geben dafür im Schnitt fast 3.000 Euro aus. Wie unterscheiden sich die Modelle? Wichtige Kriterien sind der Antrieb und die Akku-Kapazität.
Fahrräder mit Elektromotor gehörten schon vor der Corona-Pandemie zum Alltag auf den Radwegen. Doch die Angst vor Ansteckungen in öffentlichen Verkehrsmitteln sowie weniger Möglichkeiten im Freizeitbereich haben Fahrrädern zu einem weiteren Boom verholfen.
Breite Preisspanne bei Pedelecs
Besonders die sogenannten Pedelecs haben sich zum Verkaufsschlager entwickelt. Fast jeder Hersteller hat diese Modelle mit einer Höchstgeschwindigkeit von 25 km/h im Programm. Längst sind nicht mehr nur Senioren damit unterwegs. Für Pedelecs gelten die gleichen Vorschriften wie für Räder ohne Motor: Es gibt keine Helmpflicht, Radwege und öffentliche Verkehrsmittel dürfen genutzt werden. E-Bikes mit einer Höchstgeschwindigkeit über 25 km/h dürfen dagegen nur auf der Straße fahren. Die technischen Details von Pedelecs unterscheiden sich ebenso wie die Preise. Einfache Modelle sind bereits für unter 1.000 Euro zu bekommen, Räder mit aufwendiger Technik und hochwertigeren Komponenten kosten schnell 3.500 Euro und mehr. Auch Preise von rund 6000 Euro sind keine Seltenheit.
Knackpunkt bei E-Bikes: Begrenzte Reichweite
Wie bei allen Elektro-Fahrzeugen gehört die begrenzte Reichweite zu den größten Einschränkungen der Pedelecs. Sie hängt in erster Linie von der Akku-Kapazität und der Motorleistung ab. In der Praxis spielen zudem die gefahrene Geschwindigkeit, die Beschaffenheit von Gelände und Bodenbelag, die gewählte Unterstützung beim Treten sowie das Gewicht des Fahrers entscheidende Rollen. Die im Prospekt angegebene Reichweite von vielfach mehr als 100 Kilometern wird meist nur unter optimalen Bedingungen erzielt. Ein einheitliches Verfahren der Hersteller zur Berechnung der Reichweitenangabe gibt es derzeit noch nicht. In einer NDR-Stichprobe wurde die angegebene Mindestreichweite von allen Rädern erreicht.
Akku-Anzeige im Auge behalten
Auch schwach aufgepumpte Reifen verringern die Reichweite durch einen erhöhten Rollwiderstand. Wer also eine ausgedehnte Tagestour unternehmen möchte, muss die Akku-Anzeige im Auge behalten und mit dem Strom sparsam umgehen. Ist der Speicher leer, kann der Radler zwar ohne Unterstützung weiterfahren, das Gewicht des Elektroantriebs bremst aber spürbar.
Beim Kauf auf Akku-Kapazität achten
Eine digitale Anzeige am Lenker informiert über Geschwindigkeit, Akkustand und Motorleistung. Bei preisgünstigen Modellen muss man hier häufig Abstriche machen und kann nur die Stufen der Motorsteuerung einstellen. Die meisten Stromspeicher arbeiten mit Lithium-Ionen-Technik. Nach einigen Hundert Ladevorgängen sinkt die Kapazität deutlich. Müssen die Akkus ersetzt werden, kostet das mehrere Hundert Euro. Das sollte besonders beachten, wer überlegt, sich ein gebrauchtes Pedelec zu kaufen. Am längsten halten Akkus, wenn sie stets im Bereich zwischen 20 und 80 Prozent geladen sind. Man sollte sie also nicht ganz leerfahren und auch nicht nach kurzer Nutzung bereits wieder voll laden. Auch extremer Hitze oder Kälte sollte der Akku nicht ausgesetzt werden. Viele Hersteller bieten Akkus mit unterschiedlicher Speicherleistung (gemessen in Wattstunden, kurz Wh) an. Räder im mittleren Preisbereich liegen meist bei 350 bis 500 Wh. Ein größerer Akku erhöht die Reichweite, aber auch den Preis des Rades.
Akku an der Steckdose laden
Zum Laden des Akkus genügt eine gewöhnliche Steckdose. Ein kompletter Ladevorgang dauert jedoch mehrere Stunden. Bei einigen Modellen kann der Akku nicht abgenommen und zum Laden mit in die Wohnung genommen werden. Dann muss es einen Stromanschluss zum Beispiel in der Garage geben. Wer sein Elektrorad längere Zeit nicht nutzt, sollte den Akku ausbauen und ihn etwa halb geladen bei einer Temperatur zwischen 10 – 15 Grad lagern. Niedrige Temperaturen im Winter bekommen den Akkus nicht.
Richtigen Motor wählen: Antrieb per Vorder- oder Hinterrad
Technisch lassen sich drei Antriebsmöglichkeiten unterscheiden:
- Nabenmotor im Vorderrad
- Mittelmotor am Tretlager
- Nabenmotor im Hinterrad
Einfache Modelle setzen auf den Vorderrad-Motor, der allerdings weniger Fahrkomfort bietet als ein Mittelmotor, dessen Kraft über die Kette auf das Hinterrad wirkt. Ein angetriebenes Vorderrad kann auf rutschigem oder weichem Untergrund durchdrehen und das gesamte Fahrrad destabilisieren.
Mittelmotor am beliebtesten
Als günstige Gewichtsverteilung hat sich erwiesen, Motor und Akku in der Mitte des Rades zu platzieren. Daher ist der Mittelmotor derzeit die am häufigsten verkaufte Variante. Das Fahrverhalten entspricht weitgehend dem eines herkömmlichen Rades. In sportlichen Pedelecs kommen vielfach Hinterrad-Motoren zum Einsatz. Sie sind preiswerter und lassen sich mit einer Kettenschaltung mit vielen Gängen kombinieren. Beim Mittelmotor ist das nicht möglich, er wird meist mit Nabenschaltungen verbunden.
Motorleistung und Drehmoment beachten
Bei allen Antriebs-Varianten darf die Motorleistung eines Pedelecs laut Gesetz 250 Watt nicht übersteigen. Dieser Wert sagt allerdings wenig über die tatsächliche Kraft des Motors aus. Wichtiger ist das Drehmoment, gemessen in Newtonmetern (Nm). Es liegt zwischen etwa 25 und mehr als 60 Nm. Je höher die Zahl, desto kräftiger schiebt der Motor das Rad an. Wer auch am Berg noch gut unterstützt werden möchte, sollte auf mindestens 40 Nm achten.
Scheibenbremsen bieten mehr Sicherheit
Die relativ schweren und schnellen Pedelecs benötigen sichere Bremen. Immer mehr Anbieter setzen statt auf die herkömmlichen Felgenbremsen auf Scheibenbremsen, die besonders bei Nässe kräftiger zupacken. Günstige Varianten funktionieren mit klassischem Bowdenzug, aufwendigere Modelle mit einer Hydraulik, die die Bremsleistung feiner dosiert.
Probefahrt oder Tagestour mit Leihrad
Verbraucherschützer raten dazu, vor dem Kauf eine Probefahrt zu unternehmen. Beim Kauf im Internet ist das schwierig. Und außerdem müssen Kundinnen und Kunden das Rad erst zusammenbauen, bevor sie fahren können. Bei einer Probefahrt sollten sich Radler zunächst vorsichtig mit den Fahreigenschaften eines Elektrorades vertraut machen. In vielen Urlaubsregionen können Interessenten mit einem gemieteten Pedelec (ab etwa 20 Euro) bei einer Tagestour ausgiebig ausprobieren, ob sie künftig stets mit Kraftreserven aus dem Akku unterwegs sein möchten.
S-Pedelecs: Helmpflicht und Versicherungskennzeichen
Wer sich für ein schnelles S-Pedelec entscheidet, dessen Tretunterstützung erst bei einer Geschwindigkeit von 45 km/h abschaltet, muss einen Helm tragen und mindestens einen Führerschein der Klasse AM besitzen. Für diese Fahrzeuge ist ein sogenanntes Versicherungskennzeichen einer Haftpflichtversicherung erforderlich. Sie kostet pro Jahr etwa 50 Euro und ist jeweils bis Ende Februar des Folgejahres gültig. Zudem ist es möglich, für die Fahrzeuge eine Kaskoversicherung abzuschließen, die je nach Tarif für Diebstahl und eigene Schäden aufkommt.
Haftpflicht- und Diebstahlversicherung prüfen
Auch die Nutzer der langsameren E-Bikes bis 25 km/h sollten prüfen, ob ihre Privathaftpflicht-Versicherung bei einem Unfall für verursachte Schäden aufkommt. Im Fall eines Diebstahls springt eventuell die Hausratversicherung ein, ein Blick in die Police klärt die Einzelheiten. Eine Alternative sind spezielle Fahrrad-Versicherungen.