Stand: 21.06.2019 12:17 Uhr

Rezeptfreie Schlafmittel sind nicht harmlos

Tabletten © Fotolia.com Foto: BillionPhotos.com
Koordinationsschwierigkeiten, Schwindelgefühl und Benommenheit können Nebenwirkungen von Schlafmitteln sein.

Viele Menschen mit dauerhaften Schlafstörungen greifen aus Angst vor Tablettenabhängigkeit und den Folgen des Schlafmangels zu rezeptfreien und vermeintlich unbedenklichen Schlafmitteln. Sie gehören zu den am meisten verkauften Arzneimitteln. Doch die frei verkäuflichen Präparate mit ihren harmlos klingenden Namen sind alles andere als ungefährlich. Sie können zu Herzproblemen führen, da sich nach der Einnahme die Herzfrequenz erhöht. Dies ist besonders bei ohnehin vorbelasteten Patienten bedenklich.

Oft wird auch der sedierende Effekt unterschätzt, der auch zehn Stunden nach der Einnahme noch zu Störungen der Koordination und Konzentration, Schwindelgefühl, Benommenheit und Verwirrtheit führen kann. In der Folge drohen gerade bei älteren Menschen Stürze und andere Unfälle, auch Autounfälle. Doch damit nicht genug: Laut einer aktuellen Studie aus den USA mit 3.500 Personen stehen die Inhaltsstoffe vieler Einschlafhelfer sogar im Verdacht, in manchen Fällen Demenz zu fördern.

Wirkung im peripheren Nervensystem und Gehirn

Die Substanzen wirken zentral auf das periphere Nervensystem und das Gehirn. Dort beeinflussen sie bestimmte Signalübermittler - die sogenannten Neurotransmitter. Bekannteste Wirkstoffe sind Diphenhydramin und Doxylaminsuccinat. Beide sind sogenannte Histaminblocker der ersten Generation und wurden noch vor einigen Jahren vor allem bei Allergiepatienten eingesetzt. Als Nebenwirkung machen sie aufgrund ihrer zentralen Wirkungsweise müde - und genau das macht sie heute so populär im Einsatz als rezeptfreie Schlafmittel. Aktuelle Antihistaminika gegen Allergien haben diese Nebenwirkungen aber nicht mehr und sind besser verträglich.

Pflanzliche Alternativen: Baldrian und Passionsblumenkraut

Wer regelmäßig Einschlafprobleme hat, sollte also lieber zu natürlichen Alternativen greifen. Der bekannteste Vertreter ist der Baldrian. Seine Wirkstoffe beeinflussen den Stoffwechsel der Nervenzellen und lindern damit Unruhe und Nervosität. Die empfohlene Tagesdosis liegt bei 450 bis 750 Milligramm. Gesteigert werden kann die Wirkung des Baldrians durch die Zugabe von Hopfen: Die natürlichen Bitterstoffe wirken stark beruhigend. Auch die Passionsblume hat eine schlaffördernde Wirkung.

Wichtig bei den natürlichen Schlafmitteln ist allerdings ein wenig Geduld, denn die Wirkung der pflanzlichen Helfer setzt in der Regel erst nach 14 Tagen ein. Um den Effekt zu fördern, sollte die Einnahme zu einem festen Ritual werden: Tee aufsetzen, entspannen und von diesem Zeitpunkt an grelles Licht meiden.

Wechselwirkungen von Schlafmitteln

Ältere Menschen und chronisch Kranke nehmen oft eine Vielzahl verschiedener Medikamente ein. Sie sollten sich vor der Einnahme von Schlafmitteln unbedingt von einem Arzt oder Apotheker beraten lassen, denn auch rezeptfreie Schlafmittel können die Wirkung anderer Medikamente abschwächen oder verstärken.

Schlafmittel auf Rezept: Darauf sollten Sie achten

Bei akuten Krisen kann die kurzzeitige Einnahme rezeptpflichtiger Schlafmittel, sogenannter Benzodiazepine oder Z-Drugs, sinnvoll sein. Experten kritisieren aber, dass die Medikamente allzu oft voreilig und fahrlässig verschrieben werden. Eine Abhängigkeit kann schon nach ein bis zwei Wochen entstehen.

In Deutschland sind bereits 1,5 Millionen Menschen abhängig. Selbst die als weniger gefährlich eingeschätzten Z-Drugs stehen mittlerweile in der Kritik. Aus den USA wurde über tödliche Langzeitwirkungen berichtet.

Deshalb sollte bei rezeptpflichtigen Schlafmitteln die sogenannte 4-K-Regel beachtet werden:

  • klare Indikation
  • kleinste notwendige Dosis
  • kurze Anwendung
  • kein schlagartiges Absetzen

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Markt | 24.06.2019 | 20:15 Uhr

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