Diverse Lebensmittel © colourbox Foto: Yuliya Furman

Pegane Ernährung - wie sie funktioniert, was sie bringt

Sendedatum: 25.01.2021 21:00 Uhr

Steinzeit-Diät und Veganismus sind zurzeit sehr angesagt. Die Kombination aus beidem ist "pegane Ernährung". Sie soll Entzündungen hemmen.

von Britta Probol

"Pegan" ist ein recht neues Schlagwort im Ernährungskosmos. Es setzt sich zusammen aus "vegan" und "paleo". Wer pegan isst, kombiniert also Elemente einer Ernährung ohne Produkte tierischen Ursprungs - ohne Fleisch, Fisch, Milch, Eier, Honig - mit der steinzeitlich orientierten Ernährungsweise: Fleisch, Fisch, Nüsse, Samen, Grünes oder Obst - Hauptsache, frisch und möglichst wenig verarbeitet.

Als Begründer des Trends gilt der US-amerikanische Arzt Mark Hyman. Das Konzept lässt sich in zehn Stichpunkten beschreiben:

1. Niedrige Blutzuckerwirksamkeit

Die sogenannte glykämische Last gibt an, welche Auswirkung ein Lebensmittel auf den Zuckergehalt im Blut hat. Grundgedanke ist, die Blutzuckerschwankungen über den Tag gering zu halten. Das soll Heißhungerattacken vermeiden helfen und chronischen Erkrankungen wie Diabetes Typ 2 vorbeugen. In der Praxis heißt das: bitte möglichst kein Zucker. Und Kohlenhydrate sollten nur aus vollwertigen Lebensmitteln stammen, denn die darin enthaltenen Ballaststoffe regulieren die Kohlenhydrataufnahme.

2. Gemüse und Obst als Schwerpunkt

Drei Viertel der täglichen Ernährung sollten Gemüse und Obst ausmachen. Sie liefern Vitamine, Mineralien, gesunde Ballast- und sekundäre Pflanzenstoffe.

3. Die richtigen Fette essen

Ein Teller mit Gemüse, Beeren, Kiwi, einem Ei, Fisch, Nüssen und einem Schälchen Öl. © NDR
"Pegane" Ernährung: Gemüse, Beeren, Kiwi, Nüsse, Ei, ein wenig Fisch und hochwertige Pflanzenöle.

Gesund sind vor allem die Omega-3-Fettsäuren, die man in Seefisch wie Lachs, Hering und Makrele findet, außerdem in Leinöl und bestimmten Algen. Ebenfalls wichtig sind Fette aus Nüssen, Kokosöl, Avocados. Auch die mittelkettigen gesättigten Fettsäuren (MCT) aus tierischen Lebensmitteln gelten als "gute Fette". Zu vermeiden sind dagegen Omega-6-Quellen wie Sonnenblumen- oder Sojaöl.

4. Täglich Nüsse und Samen

Sie liefern hochwertiges Eiweiß, Mineralien, gute Fette und machen satt: Eine Handvoll Nüsse am Tag hat positive Effekte auf unsere Gesundheit. Weicht man Nüsse einige Stunden in Wasser ein, sind sie besser verdaulich und die enthaltenen Mineralstoffe für uns noch besser verfügbar.

5.  Milchprodukte vermeiden

Nicht jeder Mensch verträgt den Milchzucker Laktose und das Milcheiweiß Kasein. Die pegane Lehre schließt Kuhmilchprodukte aus.

6. Gluten vermeiden

Eiweißverbindungen aus Getreide stehen im Verdacht, bei manchen Menschen das Auftreten von Autoimmunkrankheiten wie Hashimoto zu fördern, das Hautbild zu verschlechtern und Verdauungsbeschwerden zu verschlimmern. Die Zusammenhänge sind noch nicht vollständig erforscht. Das pegane Konzept sieht vor, Gluten umfassend zu meiden: also kein Weizen, Dinkel, Roggen und Co.

7. Scheingetreide in Maßen

Pseudogetreide wie Quinoa, Amarant, Buchweizen, außerdem glutenfreier Hafer, Mais und Reis können in geringem Umfang Teil der peganen Ernährung sein.

Auch Scheingetreide, Reis und Co. haben einen relativ hohen Kohlenhydratgehalt - das bedeutet eine Belastung für den Blutzuckerspiegel. Je mehr man körperlich aktiv ist, desto mehr darf man hier aber zugreifen.

8. Hülsenfrüchte in Maßen

Hülsenfrüchte wie Erbsen, Linsen und Bohnen tragen viel Gutes zur Ernährung bei, etwa Eiweiß und Mineralien. Aber sie sind auch kohlenhydratreich und enthalten Stoffe, die schwer zu verdauen sind (FODMAPs). Daher sollen sie nach der peganen Lehre täglich nur in geringen Mengen verzehrt werden.

9. Hochwertige tierische Lebensmittel - in Maßen

Fleisch, Fisch und Eier sind eine Beilage - sie sollten also auf dem Teller nicht die Hauptrolle spielen. In der peganen Ernährung ist es wichtig, bei den tierischen Produkten auf eine gute Herkunft zu achten. Fleisch von Weidetieren enthält nachweislich mehr Vitamine und bessere Fette.

10. Zucker und Zusatzstoffe möglichst meiden

Zu bevorzugen ist die natürliche Süße aus Früchten - Ahornsirup, Honig oder Zucker möglichst wenig einsetzen. Süßstoffe sind tabu, ebenso wie Zusatz- und Füllstoffe, die in industriell verarbeiteten Lebensmitteln zuhauf vorkommen. Pegane Küche ist eine frische Küche.

Für wen ist die pegane Ernährung geeignet?

Mark Hyman propagiert das pegane Konzept als die gesündeste Ernährungsweise der Welt. Das ist allerdings nicht unumstritten.

Aus ernährungswissenschaftlicher Sicht sind Gemüse und Obst als Grundnahrungsmittel für jede und jeden zu empfehlen, ebenso die hochwertigen Fette. Uneingeschränkt positiv zu sehen sind außerdem die Betonung frischer, bestenfalls lokaler Zutaten und der Ansatz, den Blutzuckerspiegel nicht mit zu viel schnellen Kohlenhydraten zu belasten. All diese Punkte sind auch Eckpfeiler einer antientzündlichen Ernährung.

Keine Ernährungsform für jede/n

Kritischer zu beurteilen ist die totale Verbannung der Milchprodukte. Sie liefern wertvolles Eiweiß und Kalzium, insbesondere Sauermilchprodukte wie Joghurt versorgen uns auch mit probiotischen Bakterien für einen gesunden Darm. Aus medizinischer Sicht ist ein Totalverzicht nur bei Unverträglichkeiten anzuraten.

Ähnlich sieht es mit der peganen Getreide-Ächtung aus. Der Verzicht auf glutenhaltiges Getreide ist ein weit verbreiteter Trend insbesondere in den USA, für dessen Zweckmäßigkeit es bisher keine schlüssigen Beweise gibt. Viele Menschen kommen mit Getreide gut klar, lediglich Weizen wird häufiger mit chronischen Erkrankungen in Verbindung gebracht.

Außerdem sollten Erbsen, Linsen und Co. nicht zu kurz kommen. "Die Ägypter haben schon in der Steinzeit Hülsenfrüchte gegessen. Gerade für Diabetiker sind Hülsenfrüchte sogar richtig therapeutisch wirksam", gibt Ernährungs-Doc Matthias Riedl zu bedenken. Kritisch sieht er auch die dauerhafte Ausgrenzung von Tofu, pflanzlichen Milch- und Joghurtalternativen und die der meisten Pflanzenöle sowie Kartoffeln, Reis und Brot - sogar der Vollkornvarianten. 

Interessant für Menschen mit Unverträglichkeiten und Autoimmungeschehen

Ernährungs-Docs Fibromyalgie © NDR
Die Steinzeitmenschen kannten weder Süßigkeiten noch Fertiggerichte.

Die pegane Ernährungsweise hat einen Platz bei den antientzündlichen Konzepten - wobei zusätzlich darauf zu achten ist, wenig bis gar kein rotes Fleisch (Schwein, Rind) zu essen. Sie eignet sich insbesondere als Ansatz für Menschen mit Unverträglichkeiten, chronischem Entzündungsgeschehen und Autoimmunerkrankungen.

"Nähme man die Milchprodukte hinzu, dann hätten wir eine ausgewogene, gesunde Ernährung mit gelegentlichem Fleischverzehr und einem reduzierten Anteil an Kohlenhydraten - auch das ein mittlerweile anerkanntes Konzept in der Prävention und Therapie: nämlich Low Carb", resümiert Ernährungswissenschaftlerin und Online-Coach Nicole Hoenig aus Hamburg.

Eher nicht als Dauerernährung

Um eine umfassende Nährstoffversorgung auf Dauer zu erleichtern, sollte man aber nach einer etwa vierwöchigen peganen Phase und Besserung gesundheitlicher Beschwerden zum Beispiel Joghurt oder Käse vorsichtig wieder antesten. Dabei am besten ein Ernährungs- und Symptomtagebuch führen.

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Dieses Thema im Programm:

Die Ernährungs-Docs | 25.01.2021 | 21:00 Uhr

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