Operation bei grauem Star: Welche Linse ist die richtige?

Stand: 20.11.2023 11:06 Uhr | vom Norddeutscher Rundfunk-Logo

Beim grauen Star trübt sich die Augenlinse allmählich ein. In einer Operation wird sie durch eine künstliche Linse ersetzt und die Sehkraft wiederhergestellt. Entscheidend für den Erfolg: der richtige Linsentyp.

Der graue Star - auch Katarakt genannt - ist die weltweit häufigste Augenerkrankung. Alterungsprozesse führen dazu, dass sich die Augenlinsen im Laufe des Lebens durch die Verklumpung von Eiweißen trüben. Die Folge ist, dass ein Teil des ins Auge einfallenden Lichts gestreut wird. Das führt zur Blendung und zu einer Verschlechterung des Sehens. Das Bild auf der Netzhaut erscheint unscharf - wie durch einen Nebel. Die Augen reagieren aber nicht nur empfindlich auf helles Licht, auch in der Dunkelheit nimmt das Blendempfinden zu.

Die Trübung der Linse schreitet in der Regel langsam voran. Abhilfe schafft nur eine Operation: Dabei wird die trübe Linse durch Ultraschall zerkleinert, abgesaugt und durch eine Kunstlinse ersetzt. Eine mehrjährige US-Studie mit 74.000 Frauen zeigt: Wer sich wegen eines Katarakts operieren ließ, lebte deutlich länger als diejenigen, die sich nicht operieren ließen.

Symptome des grauen Stars

Die Symptome des grauen Stars sind eindeutig:

  • Die Betroffenen sehen alles dunkler, Konturen verschwimmen, im Dunklen blenden Lichter unerträglich. So ist zum Beispiel Autofahren in der Dämmerung oder bei Nacht kaum noch möglich.
  • In höherem Lebensalter ist der graue Star oft Ursache für Stürze, die nicht selten tödlich enden.
  • Wer nicht mehr sehen und lesen kann, hat laut Studien ein höheres Risiko, an Demenz und Depression zu erkranken.

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Augenarzt Professor Linke zu Gast im Studio. © Screenshot
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Grauer Star: Welche Behandlungmöglichkeiten gibt es?

Beim grauen Star trübt sich die Augenlinse allmählich ein. Durch eine Operation lässt sich die Sehkraft wiederherstellen. 5 Min

Grauer Star: Augenfarbe als Risikofaktor

Die Augenfarbe der Menschen ist sehr unterschiedlich. Aber sie scheint bei der Entwicklung eines Grauen Stars eine Rolle zu spielen. So entwickeln Menschen mit dunklen Augen zwei bis viermal häufiger eine Linsentrübung, wie die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft (DOG) feststellte. Doch warum ist das so?  Eine Hypothese ist, dass die Temperatur in der vorderen Augenkammer steigt, je mehr Licht durch die Iris absorbiert wird. Bei dunkler Iris ist demnach mit einer leicht erhöhten Temperaturbelastung zu rechnen, die wiederum einen bekannten Risikofaktor für die Entstehung des Grauen Stars darstellt. Die hitzebedingte Katarakt ist bei Schweißern etwa als Berufskrankheit anerkannt.

Grauen Star rechtzeitig operieren

Um die Folgen eines unbehandelten grauen Stars zu verhindern, raten Augenärzte und Altersmediziner (Geriater) zur Operation. Die Patienten sehen meist schon am nächsten Tag wieder gut und es kommt nur sehr selten zu Komplikationen. Die verbesserte Sehkraft kommt häufig auch den kognitiven Fähigkeiten zugute, weil das Gehirn wieder Informationen von den Augen bekommt. Auch das Depressionsrisiko nimmt nach der Operation ab. Und weil die Betroffenen wieder gut sehen, stürzen sie weniger und haben somit ein niedrigeres Sterberisiko.

Operationsverfahren mit Ultraschall

Die Operation des Katarakts gilt als risikoarm. In der Regel wird der Eingriff ambulant durchgeführt und dauert weniger als zehn Minuten. Das Auge wird mit Tropfen betäubt, bevor der Operateur mit einer Nadel die Linsenkapsel über eine Länge von etwa drei Millimetern eröffnet und so einen Zugang zur Linse schafft. Durch die Öffnung wird die trübe Linse per Ultraschall zertrümmert und abgesaugt. Anschließend wird eine Kunstlinse mit zwei winzigen Haken im Auge platziert.

Schonende Operation mit Laser

Von einem neuen, schonenderen Operationsverfahren profitieren vor allem Erkrankte mit einer Hornhautverkrümmung. Dabei setzt der Arzt mit einem sogenannten Femtosekundenlaser Speziallinsen ein, die Sehschwächen und Hornhautverkrümmung ausgleichen. Der Laser schneidet einen exakten, immer gleichen Kreis in die Kapsel und zertrümmert blitzschnell die getrübte Linse. Anschließend wird die alte Linse wie bei der Ultraschallmethode abgesaugt und durch die Speziallinse ersetzt. Die Kosten der Lasermethode von rund 1.500 Euro pro Auge müssen Erkrankte selbst tragen.

Unterschiede bei künstlichen Linsen

Es steht eine große Auswahl an verschiedenen Linsentypen zur Verfügung. Die Auswahl der passenden Linse richtet sich nach den individuellen Bedürfnissen der Betroffenen.

  • Monofokallinsen (Standardlinsen):  Damit kann man entweder in der Nähe oder in der Ferne scharf sehen. Nach der Operation ist eine Brille nötig. Wer in der Ferne ohne Brille scharf sehen möchte, braucht nach der OP eine Lesebrille. Wer eine scharfe Nahsicht wählt, weil er gern liest oder viel am Computer arbeitet, braucht eine Brille für die Ferne. Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen die Kosten für Standardlinsen.
  • Multifokallinsen (Premiumlinsen):  Ähnlich wie eine Gleitsichtbrille ermöglichen diese Linsen scharfes Sehen in mehreren Entfernungsbereichen. Sie können nur bei Betroffenen ohne gravierende Augenerkrankungen oder Hornhautverkrümmung eingesetzt werden. Multifokallinsen funktionieren nicht in allen Bereichen gleich gut. Wie die Sehkraft nach dem Eingriff sein wird, lässt sich im Vorfeld nicht exakt berechnen. Die Schwankungen betragen mindestens 0,5 Dioptrien, deshalb müssen die Betroffenen das Sehen neu erlernen. In einer Entfernung von einem halben bis einen Meter kann Streulicht die Sicht stören. Träger von Multifokallinsen können bei Dunkelheit empfindlicher auf Licht reagieren. Lichtkreise sehen sie fast immer, das liegt an der Art, wie die Linsen das Licht brechen. Für Piloten oder Lkw-Fahrer kommen Multifokallinsen daher nicht infrage. Die Zuzahlung für eine Premiumlinse beginnt bei 600 Euro pro Linse.
  • EDoF-Linsen (Extended Depth of Focus): Diese relativ neuen Linsen ermöglichen ein scharfes Sehen in mittlerer und weiter Entfernung. Für den Nahbereich ist weiterhin eine Brille nötig. EDoF-Linsen sind im Grunde abgeschwächte Multifokallinsen, die im Bereich von 80 bis 100 Zentimeter ein besonders scharfes Sehen ermöglichen. Dadurch ist das Risiko von Nebenwirkungen wie Lichtkreisen geringer. Insbesondere für Menschen, die viel am PC arbeiten, ist die Schärfe dieser Linsen von Vorteil. Sie benötigen nur noch zum Lesen bei geringeren Abständen eine Brille. Allerdings fehlen bisher Langzeitdaten, da EDoF-Linsen erst seit etwa fünf Jahren erhältlich sind.
  • Torische Linsen: Sie eignen sich unabhängig vom grauen Star für Menschen mit angeborener Hornhautverkrümmung. Torische Linsen gibt es in Mono- und Multifokalausführung. Sie kosten bis zu 2.000 Euro pro Linse.
  • Sonderlinsen mit Blaufilter: Sie enthalten zusätzlich zum UV-Filter gegen Sonnenstrahlen eine Blautönung, die die Netzhaut schützen soll. Der Nutzen ist umstritten, ein wissenschaftlicher Nachweis fehlt.
  • Bei den sogenannten akkomodativen Intraokularlinsen handelt es sich um elastische Gel-Linsen, die mithilfe der Augenmuskulatur nach vorn verlagert und verformt werden können und so stufenlos von der Fernsicht auf nähergelegene Objekte fokussieren sollen. Für kurze Distanzen, etwa zum Lesen, wird weiter eine Lesebrille benötigt. Wirklich durchgesetzt haben sich diese Linsen aber noch nicht.

Für wen sind Multifokallinsen geeignet?

Wer vor dem Eingriff nicht blendempfindlich war, bisher gut mit Gleitsichtbrille oder multifokalen Kontaktlinsen zurechtkam und eine gewisse Unschärfe in Kauf nehmen würde, kann von Multifokallinsen profitieren. Die Mehrkosten von etwa 600 Euro pro Auge muss er aber selbst tragen. Sollten Betroffene mit den neuen Linsen gar nicht zurechtkommen, lässt sie sich innerhalb von vier Wochen noch gegen eine Standardlinse austauschen. Als Alternative zur Gleitsichtbrille bei Alterssichtigkeit ohne grauen Star werden Multifokallinsen nicht empfohlen, denn ein Eingriff in das ansonsten gesunde Auge ist immer ein Risiko. Multifokale Kontaktlinsen erfordern dagegen keine Operation und sind eine mindestens gleichwertige Alternative.

Nachstar kann als OP-Nebenwirkung auftreten

Die häufigste Nebenwirkung beim Einsatz einer Kunstlinse ist der Nachstar. Es ist eine leichte Eintrübung oder natürliche Vernarbung des Kapselsacks, in den die Linse implantiert wurde. Sie entsteht, weil nach der OP unvermeidlich Zellen der Linse im Kapselsack verbleiben und sich vermehren. Bei den Betroffenen verschlechtert sich das Sehen - alles erscheint "milchig". Auftreten kann der Nachstar einige Monate nach der OP, aber auch erst Jahre später.

Behandelt wird der Nachstar mit einer speziellen Lasertechnik (YAG-Laser-Kapsulotomie). Dabei werden kleine Löcher in der hinteren Kapsel erzeugt, durch die das Licht ungehindert in das Auge gelangen kann. Die Augen werden lokal betäubt, eine Vollnarkose ist nicht nötig. Der Eingriff dauert nur wenige Minuten und ist schmerzfrei. Eine weitere Behandlung ist in der Regel nicht nötig.

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NDR Fernsehen | Visite | 21.11.2023 20:15 Uhr

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