Defekte Herzklappe: Diagnose und Behandlung

Stand: 23.01.2023 22:00 Uhr

Fehler der Herzklappen gehören zu den häufigen Herzerkrankungen. Welche Symptome gibt es, wie wird die Diagnose gestellt und welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

Die Klappen der linken Herzseite, Aortenklappe und Mitralklappe, die das Blut in den großen Kreislauf pumpen, sind am häufigsten von Schäden betroffen. Etwa 13 von 100 Menschen ab 75 Jahren haben Probleme mit einer dieser beiden Herzklappen. Die Klappen der rechten Herzseite (Trikuspidalklappe und Pulmonalklappe) sind seltener betroffen.

Welche Schäden können an den Herzklappen auftreten?

Prinzipiell kann jede der vier Klappen des Herzens von Einschränkungen betroffen sein

  • Die Klappe kann sich verengen. Bei der Verengung (medizinisch: Stenose) ist die Öffnung der Klappe erschwert, es kann nicht genug Blut durchströmen, das Herz wird übermäßig belastet, da es gegen den Widerstand anpumpen muss.
  • Die Herzklappe kann undicht werden. Bei der Undichtigkeit (medizinisch: Insuffizienz) gelingt es nicht, dass die Klappe ordentlich schließt, Blut strömt zurück, in die falsche Richtung, pendelt sozusagen nutzlos hin und her. Auch das raubt dem Herzen Kraft.
  • Manchmal treten beide Probleme gleichzeitig auf. Das nennt man ein "kombiniertes Vitium".

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Diagnose der Herzklappenschäden

Beim Abhören mit dem Stethoskop geben sogenannte Herzgeräusche wichtige Hinweise, gesichert wird die Diagnose im Herzultraschall. Dort kann auch das genaue Ausmaß des Klappenschadens und der Herzbelastung ermittelt werden. Manchmal reicht es, wenn die Auffälligkeit in regelmäßigen Abständen kontrolliert wird. Doch einmal entstandene Schäden an den Herzklappen bilden sich nicht wieder zurück. Im Gegenteil, meist handelt es sich um einen fortschreitenden Prozess.

Defekte Herzklappen: Unbehandelt reduziert sich Lebenserwartung

Bei einer andauernden schwerwiegenden Überlastung des Herzens drohen Schwindel und plötzliche Ohnmachten (Synkopen). Langfristig wird der Herzmuskel geschädigt, sodass sich eine Herzschwäche entwickelt. Außerdem steigt die Gefahr von Herzrhythmusstörungen und dem plötzlichen Herztod. In schweren Fällen ist ohne Behandlung somit die Lebenserwartung deutlich reduziert.

Behandlung einer defekten Herzklappe

Meist ist entweder die Aortenklappe verengt, oder die Mitralklappe schließt nicht mehr dicht (Insuffizienz). Medikamente gegen Herzklappenerkrankungen gibt es nicht. Die einzige wirksame Therapie ist die Reparatur oder der Austausch der defekten Herzklappe. Wichtig ist die Wahl des richtigen Zeitpunkts und der passenden Methode. Dabei gibt es klassische Operationen und Katheterverfahren.

Am häufigsten im Erwachsenenalter ist die Aortenklappen-Stenose durch Verkalkungen. Die Häufigkeit nimmt mit dem Lebensalter zu. Behandelt wird sie in der Regel mit einem Ersatz der Klappe durch eine biologische Herzklappe per OP oder Katheter (Katheterklappe, TAVI).

Die Mitralkappen-Insuffizienz tritt auch bereits im jüngeren Alter auf. Dabei ist entweder die Klappe selbst geschädigt, dann sprechen Fachleute von einem strukturellen Schaden und einer primären Mitralinsuffizenz. Oder die Form des Herzmuskels hat sich so verändert, dass die Klappe nicht mehr schließt, obwohl die Klappe selbst eigentlich gesund ist - das wird sekundäre Mitralinsuffizinez genannt. Oftmals kann die Mitralklappe herzchirurgisch repariert werden. Alternativ stehen Katheterverfahren zur Verfügung, beispielsweise mit einem Clip, der defekte Klappenanteile zusammenheftet.

Bakterien können den Herzklappen schaden

Beim Krankheitsbild der Herzklappen-Endokarditis befallen Erreger, meist Bakterien, die Herzinnenhaut. So eine Entzündung kann die zarten Klappen zerstören. Außerdem können befallene Herzklappen die Ursache für einen Schlaganfall sein.

Menschen mit bereits bestehenden Schäden an der Herzklappe oder mit Ersatzklappen haben ein besonders hohes Risiko, dass sich dort Bakterien festsetzen. Zum Schutz erhalten sie bei bakteriellen Infekten oder bei bestimmten Eingriffen vorsorglich ein Antibiotikum. Eine sogenannte Endokarditis-Prophylaxe kann zum Beispiel bei Eingriffen gegen Parodontitis am Zahnfleisch sinnvoll sein.

Undichte Herzklappen auch durch Veranlagung

Eine Hand hält eine künstliche Herzklappe. © NDR
Es gibt mechanische Herzklappen aus Kunststoff und Metall und biologische von Tieren.

Eine Undichtigkeit der Aortenklappe (Aortenklappen-Insuffizienz) spielt vor allem bei Erweiterungen der Aorta (Aorten-Aneurysma, Aortenbogen-Syndrom) eine Rolle und kann auch bereits in jüngeren Jahren behandlungsbedürftig sein. Bei jungen Menschen fällt die Wahl bei der Klappe dann oft auf eine mechanische Herzklappe aus Kunststoff und Metall, da das Material besonders langlebig ist, während biologische Herzklappen einem gewissen Verschleiß unterliegen und im Normalfall nach etwa 15 Jahren ausgetauscht werden müssen. Nach Implantation einer mechanischen Klappe müssen die Patienten lebenslang gerinnungshemmende Medikamente (Blutverdünner) einnehmen und die Gerinnungs-Blutwerte engmaschig kontrollieren.

Viele Herzklappenerkrankungen entwickeln sich mit zunehmendem Lebensalter. Von Herzklappenfehlern sprechen Medizinerinnen und Mediziner eher im Rahmen von angeborenen Veränderungen der Herzklappen. Sie werden manchmal bereits beim ungeborenen Kind im Mutterleib entdeckt und je nach Schwere bereits im Kindesalter behandelt. Erwachsene mit angeborenen Herzfehlern - also auch mit angeborenen Herzklappenveränderungen - werden an spezialisierten Zentren versorgt.

Hintergrund: Funktion der Herzklappen

Das menschliche Herz ist ein etwa faustgroßes muskuläres Hohlorgan, das wie eine Pumpe arbeitet. Durch eine Scheidewand wird es in eine rechte und eine linke Hälfte geteilt, die jeweils aus einem kleineren Vorhof und einer größeren Kammer besteht. Vier Herzklappen sorgen dafür, dass das Herz den nötigen Druck aufbauen kann, um dann das Blut in die richtige Richtung strömen zu lassen. Sie befinden sich zwischen den Vorhöfen und Kammern und zwischen den Kammern und den großen Gefäßen, die das Blut zum Herzen hin- und vom Herzen wegführen.

Aus dem Körper gelangt sauerstoffarmes Blut durch die obere und untere Hohlvene zunächst in den rechten Vorhof. Von dort gelangt es durch die Trikuspidalklappe zunächst in die rechte Herzkammer und dann über die Pulmonalklappe in die Lunge. Dort wird es mit Sauerstoff angereichert.

Zurück aus der Lunge fließt das Blut in den linken Vorhof. Dieser wird durch die Mitralklappe von der linken Herzkammer getrennt. Die Mitralklappe besteht aus zwei Klappensegeln und funktioniert wie ein Ventil. Sie sorgt dafür, dass das Blut aus dem linken Vorhof in die linke Herzkammer und von dort durch die Aortenklappe in den Körper gepumpt wird.

Die Klappen der linken Herzseite, die das Blut in den großen Kreislauf pumpt, sind am häufigsten betroffen: Aortenklappe und Mitralklappe. Die Klappen der rechten Herzseite (Trikuspidalklappe und Pulmonalklappe, auch Lungenklappe) sind seltener Ursache, auch weil in der linken Herzkammer ein höherer Druck herrscht und die Klappen dadurch vermehrt belastet sind.

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Visite | 24.01.2023 | 20:15 Uhr

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