Wieder fit werden nach Kreuzband-Verletzung

Stand: 23.03.2021 16:09 Uhr

Es kostet Monate, die volle Beweglichkeit und Belastbarkeit des Knies zurückzugewinnen. Gezielte Übungen fördern diesen Prozess und machen das Knie wieder dauerhaft stabil.

Das Kniegelenk muss enorme Kräfte aushalten - schon beim normalen Gehen, erst recht beim Laufen auf unebenem Untergrund oder Springen. Ballsportarten wie Fußball mit Tempowechseln, abruptem Abbremsen und vielen schnellen Richtungswechseln beanspruchen Gelenke und Bänder besonders stark.

Stabilisiert wird das Kniegelenk durch vier Bänder: Das Innen- und das Außenband sorgen jeweils für seitliche Stabilität, die zwei Kreuzbänder - das vordere und das hintere - verbinden den Oberschenkelknochen mit dem Schienbein. Reißt ein Band, fühlt das Knie sich an wie Pudding.

Richtige Behandlung beschleunigt die Heilung

B-Docs Helge Riepenhof steht vor einem Monitor und erklärt seinem Patienten den Therapie-Prozess. © NDR
Die Wiederherstellung von Beweglichkeit und Belastbarkeit des Knies ist ein längerer Prozess.

Häufig wird zur Stabilisierung des Knies operiert. Ob mit OP oder ohne, in jedem Fall ist die Wiedererlangung der vollen Beweglichkeit, Belastbarkeit und Propriozeption des Knies - also der Orientierungs- und Anpassungsfähigkeit im Raum - ein monatelanger Prozess. Gezielte Übungen tragen dazu bei, diesen Prozess zu unterstützen und beschleunigen. Natürlich müssen sich Trainingsintensität und Belastungsaufbau dabei nach der individuellen Wundheilungsgeschindigkeit und Koordinationsfähigkeit richten. Meist ist eine Rückkehr in den Beruf nach sechs bis acht Wochen, in sportliche Aktivitäten frühestens nach sechs bis neun Monaten erreichbar.

Die Knie-Reha lässt sich in vier Phasen einteilen.

Phase 1: Beweglichkeit zurückgewinnen

Anfangs ist das Knie geschwollen, man läuft in Stützen und muss zunächst lernen, das Knie wieder zu beugen und komplett durchzustrecken. Sobald das genähte Kreuzband zusammengewachsen beziehungsweise der Sehnenersatz eingeheilt ist und die Schwellung zurückgeht, kann die Belastung vorsichtig unter Anleitung eines Physiotherapeuten aufgebaut werden - je nach Operationstechnik meist frühestens ab 3. oder 4. Woche. Eine Mobilisationsübung für das Knie: An einer Wand abstützen, Knie nacheinander beugen und strecken. Bei der Streckung mit der Ferse aufsetzen und halten - 30 Wiederholungen mit unterschiedlich langer Haltezeit, zehnmal am Tag.

Phase 2: Knie stabilisieren, Bewegungsqualität herstellen

Nahaufnahme: Arzt misst den maximal möglichen Streckungsgrad des Beines nach einer Knie-OP. © NDR
Ist das Bein wieder komplett durchstreckbar? Erst wenn das Knie wieder voll beweglich ist, folgt der Belastungsaufbau.

Etwa nach sechs Wochen kann das gezielte Muskelaufbautraining der Oberschenkelmuskulatur starten. Die Knie-Bewegung wird durch vier Muskeln am Oberschenkel gesteuert. Nur wenn diese Muskeln kräftig und ausbalanciert sind, können sie das Kniegelenk stabilisieren und Bewegung optimal steuern. Deshalb müssen immer beide, der vordere und der hintere Muskel, trainiert werden. Es gibt effektive Übungen, die sich auch zu Hause mit Alltagsgegenständen wie einem Rollhocker oder -stuhl ganz einfach durchführen lassen.

Phase 3: Ausdauerleistungstraining

Nach der erzwungenen Sportpause ist es wichtig, die Kondition zu trainieren. Denn häufig passieren Verletzungen, wenn man erschöpft ist. Das Kreuzband reißt man sich beim Fußball nicht in der ersten, sondern in der 80. Minute. Prima für den Konditionsaufbau ist Intervalltraining: wiederholte kurze, intensive Einheiten. Zum Beispiel 13 Sekunden spurten, dann 17 Sekunden Pause, wieder losspurten - das Ganze zehnmal wiederholen, anschließend eine Minute Pause. Dieses Trainingsset dreimal wiederholen - anstrengend, aber effektiv!

Phase 4: Reaktivkraft wiederherstellen

B-Doc Helge Riepenhof beobachtet, wie sein Patient Sprünge von Bank zu Bank meistert. © NDR
Sprünge trainieren die Reaktivkraft des Knies.

Im Sprung aufkommen und gleich wieder abspringen: Dabei muss das Knie sich im Raum lokalisieren und ganz schnell die Position korrigieren können - enorm wichtig zum Schutz vor Verletzungen. Ein gesundes Knie braucht für eine solche Bewegungsleistung nur ein bis zwei Zehntelsekunden. Die sogenannte Reaktivkraft sollte bei beiden Beinen möglichst gleich hoch sein, der Zeitunterschied unter 10 Prozent liegen.

Trainiert wird die sogenannte Reaktivkraft durch Sprünge. Dabei kommt es vor allem auf die richtige Ausführung an:

  1. kurzer Bodenkontakt,
  2. bewusstes, perfektes Landen.
Wenn die Sprünge mit zwei Beinen sicher klappen, wird auf einem Bein geübt.

Erhaltungstraining: Beschwerdefreheit auf Dauer erzielen

Gleichgewichtsübungen und Wahrnehmungstraining (Propriozeptionstraining) stabilisieren das Kniegelenk. Trainieren auf wackeligem Untergrund, etwa einem Sofakissen oder einem Wackelbrett, macht die Übung schwerer, aber dafür effektiver: Koordination, Gleichgewicht und Kraft werden verbessert, außerdem die Steuerung des Kniegelenks.

Es hilft, tägliche Rituale mit den Übungen zu verknüpfen - zum Beispiel morgens beim Nachrichtenhören oder abends beim Fernsehschauen das Wackelbrett hervorholen. Auch beim Zähneputzen kann man wunderbar auf einem Bein balancieren.

Dieses Thema im Programm:

Die Bewegungs-Docs | 29.03.2021 | 21:00 Uhr

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