Stand: 05.11.2014 09:00 Uhr

Nachgefragt: Jan Müller-Wieland

Jan Müller-Wieland im Porträt © Jan Müller-Wieland
Er habe einen Humor wie Verdi in "Falstaff", so sein Lehrmeister Hans Werner Henze über Jan Müller-Wieland, denn er könne beides: Komik und Trauer.

Jan Müller-Wieland hat im Auftrag des NDR sein Werk "König der Nacht" für großes Orchester bearbeitet. "Aufwühlend, theatralisch und bildmächtig" sei die Bearbeitung schwärmt Thomas Hengelbrock, Chefdirigent des NDR Sinfonieorchesters, der das Stück mit Klaus Maria Brandauer am 13., 14. und 16. November zur Uraufführung bringt. Vorab hat uns der Komponist drei Fragen beantwortet.

Viele Ihrer Werke - wie auch "König der Nacht" - vereinen synästhetisch Wort, Musik und Bühne. Trauen Sie der Musik allein nichts mehr zu?

Jan Müller-Wieland: Ich traue Musik alles zu und noch mehr. Die letzten Jahre habe ich auch viele Stücke ohne Wort und Theaternähe geschrieben. Zum Beispiel ein langes, neues Streichquartett in einem Satz, was im Grunde nur auf drei Akkorden basiert, oder mein "Schlaflied" für das Beaux Arts Trio. Gleichwohl: Denken Sie nur an Mozart, Schubert, Wagner oder Monteverdi. Das sind viele große Vokalwerke, Theaterwerke. Es ist faszinierend, wenn sich Künste ineinander verhaken und gemeinsame Sache machen. Es entsteht dann eine Art Gruppendynamik - und ganz neue Kräfte.

Fast immer geht es in Ihren Werken um existenzielle (politische, religiöse, philosophische ...) Fragestellungen. Soll Ihre Kunst Antworten geben? Was möchten Sie erreichen?

Müller-Wieland: Als Komponist kann ich nur metaphorische Antworten durch Klang und Taktungen geben. Doch das sind dann immerhin Antworten - wenn auch durch die Blume des Allegorischen und des Fabelhaften. Eventuell sind dadurch Sinnstiftungen zu erreichen und ästhetische Bereiche des Widerständigen. Denn was nicht nur Sie und mich beschäftigt, ist ja diese Gewissheit bzw. Ungewissheit, dass unser Dasein womöglich sinnlos und erst recht für diesen Erdball völlig sinnfrei ist. Insofern denke ich dauernd: Mach aus der Not eine Tugend und lass das dann klingen.

Das Publikum erwartet im Fall von "König der Nacht" ein rund 75-minütiges, noch nie gehörtes Werk. Möchten Sie den Konzertbesuchern irgendetwas zur Vorbereitung empfehlen? Wie und worauf stellt man sich idealerweise an diesem Abend ein?

Müller-Wieland: Als Lektüre empfehle ich besonders das Buch Hiob. Das geht los mit einem Gott-Teufel-Pakt. Gott und Teufel sind ein eingespieltes Team und wer weiß, wen sie vor und nach Hiob noch überwachen. Aber man versteht das auch ohne Lektüre zuvor. Der Abend wird ein Drama, so wie das Leben genau das ist: ein Drama.

Die Fragen stellte Julius Heile.

 

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