Corona-Lage in Schleswig-Holstein: Eigenverantwortung ist gefragt
Trotz des Sommers gibt es offenbar keine Entspannung, was die Corona-Lage angeht. In der vergangenen Woche ist der Inzidenzwert in Schleswig-Holstein wieder deutlich angestiegen. Mit Blick auf die anstehenden Konzerte und Festivals raten Virologen zu Achtsamkeit.
Corona-Schutzmaßnahmen gibt es kaum noch, die Menschen kommen wieder vermehrt zusammen. Und gleichzeitig ist die sehr ansteckende Virusvariante BA.5 auf dem Vormarsch - auch in Schleswig-Holstein. Vor einer Woche lag der Inzidenzwert noch bei 436,7 (7.6.), mittlerweile dagegen bei 732,8 (14.6.). Im Kreis Rendsburg-Eckernförde kratzt die Sieben-Tage-Inzidenz bereits seit einigen Tagen an der 1.000er-Grenze.
Zwar betont der Kieler Virologe Helmut Fickenscher gegenüber NDR Schleswig-Holstein, dass die Variante BA.5 keine "Killervariante" mit besonders schwerem Krankheitsverlauf sei. Doch weisen bereits 40 Prozent der genauer untersuchten Proben diese Variante auf. Er vermutet daher, dass es schon bald nur noch diesen Subtyp geben werde.
Infektiologe Ott rechnet mit großer Dunkelziffer
Wie viele Schleswig-Holsteiner aktuell tatsächlich erkrankt sind, ist unklar. Der Leiter des Gesundheitsamtes im Kreis Rendsburg-Eckernförde Stephan Ott geht von einer ganz erheblichen Dunkelziffer aus: "Was wir so wahrnehmen, ist, dass die Bürgerinnen und Bürger noch Schnelltests machen zu Hause, dann aber den Weg zu PCR nicht mehr finden, sondern die Quarantäne sozusagen in Eigenverantwortung absitzen. Sodass wir davon ausgehen, dass wir den weit überwiegenden Teil der Infektionen gar nicht mehr mitbekommen." Ott betont, er habe sich schon vor längerer Zeit dafür ausgesprochen, den Sommer für die vierte Impfung zu nutzen. Um diese sollen sich nun auch die Unter-60-Jährigen bemühen, empfiehlt Ott. Derzeit sind nur neun Prozent der Schleswig-Holsteiner vierfach geimpft.
Wird die Kieler Woche zum Superspreader-Event?
Obwohl die meisten Veranstaltungen im Sommer an der frischen Luft stattfinden werden, lässt sich enges Gedränge auch unter freiem Himmel nicht immer vermeiden. So zum Beispiel auf der Kieler Woche, die in den letzten zwei Jahren nur in abgespeckter Form veranstaltet wurde und nun wieder zu alter Größe zurückkehren soll. Mehr als 3,5 Millionen Besucher wurden in 2019 gezählt. Kiels Oberbürgermeister Ulf Kämpfer (SPD) hat bereits angekündigt, bei gutem Wetter werde es eine "volle Hütte" geben. Einige Menschen seien wegen Corona zwar noch vorsichtig, doch bei anderen gebe es hingegen "echten Nachholbedarf", so Kämpfer.
Fickenscher gegen allgemeine Maskenpflicht
Mit Blick auf Sommerfeste wie die Kieler Woche rät Fickenscher bestimmten Personengruppen, sich zu schützen: "Der Vorteil ist, dass die Kieler Woche im Freien stattfindet - überwiegend. Der Nachteil ist aber, dass es eben sehr häufig doch zu hohen Personendichten kommt. Und da hat man natürlich die Gelegenheit, sich zu infizieren. Gerade für Hochbetage oder Risikopersonen mit Schwächung des Immunsystems ist es natürlich sinnvoll, gerade wenn viele Personen auf engem Raum zusammenkommen, dann eine Maske zu tragen. Eine allgemeine Maskenpflicht hält der Kieler Wissenschaftler jedoch aktuell nicht für gerechtfertigt.