Zeitreise: Die Eisbrecher aus Lauenburg

Stand: 13.01.2023 17:34 Uhr

Die Eisbrecherflotte des Wasser- und Schifffahrtsamtes in Lauenburg sorgt dafür, dass es bei frostigen Temperaturen und Eisgang auf der Elbe nicht zur Katastrophe kommt. Denn wenn sich die Eisschollen auf dem Fluss türmen, können sie Brücken, Schleusen oder Deiche beschädigen oder zerstören. Seit mehr als 100 Jahren sind sie schon im Einsatz.

von Karl Dahmen

Ein Eisbrecher steht in einem Gewässer. © Privat
Beeindruckendes Schauspiel, aber sehr gefährlich, wenn die Elbe zugefroren war.

Als Helmut Venus 1964 beim Wasser- und Schifffahrtsamt in Lauenburg anfing, war er schon mehr als ein Jahrzehnt auf deutschen Flüssen unterwegs gewesen. Jetzt aber hatte er eine Stelle als Kapitän auf einem Eisdampfer ergattert und war gespannt, was ihm sein erster Tag bringen würde. Kaum stand er zum ersten Mal auf seiner Brücke, kam ein Maschinist zu ihm und sagte: Das Wichtigste für ihn sei, die Motorenhebel nicht so hin und her zu reißen. Denn die Männer in der Maschine würden dann anfangen zu schwitzen und das mögen sie gar nicht. Venus hat sich an diese Anweisung stets gehalten. Wenn er jetzt mit 84 Jahren an die Zeit auf den Lauenburger Eisbrechern zurückdenkt, waren es für ihn gute Jahre - geprägt vom Zusammenhalt auf den Schiffen, auf denen er gefahren ist, und von der schweren und verantwortungsvollen Arbeit als Kapitän eines Eisbrechers.

Meterhohe Eis-Barrieren

Im Winter, wenn sich das Eis auf der Elbe zu meterhohen Barrieren emportürmt, ist die Zeit der Eisbrecher. Sie heißen bis heute "Stier", "Bison", "Büffel" oder "Walross". Ihre Aufgabe: Zu verhindern, dass das Eis überhaupt so viel Druck entwickelt, dass es Gebäude wie Schleusen oder Wehre beschädigt oder sogar die Deiche zerstört. Die Folgen wären verheerend: Zigtausende Menschen könnten durch die Überschwemmung ihr Zuhause verlieren und Schäden in Millionenhöhe entstehen.

Mit Dampf und Kraft gegen das Eis

Mitglieder einer Crew stehen an Bord eines Schiffes. © Privat
Eines der ersten Teams, die in den 1960er Jahren für die Eisbrecher im Einsatz waren. Der zweite von links ist Helmut Venus.

Bevor der erste Eisbrecher in der Oberelbe von Lauenburg aus im Einsatz war, ist das immer wieder geschehen. 1888 beispielsweise brachen die Deiche durch den Druck des Eises auf der heute niedersächsischen Seite der Elbe, und die Ortschaften Dannenberg, Hitzacker und Dömitz wurden überflutet. Seit Anfang des 20. Jahrhunderts patrouillieren Dampfeisbrecher auf dem Fluss. Und immer, wenn die Elbe zufriert, knacken die Schiffe das Eis, damit es mit dem Wasser der Elbe Richtung Hamburg abfließen kann. Helmut Venus sagt, das Eis türmte sich manchmal bis zu drei Meter über dem Wasserspiegel auf. Wenn man dann noch bedenkt, dass das Eis meist bis zum Grund der Elbe reicht, kann man sich vorstellen, was das für eine anstrengende Arbeit war.

Mit der "Büffel" und 1.200 PS

Mit seinem Eisbrecher "Büffel" und dessen 1.200 PS nahm er bis zu zweihundert Meter "Anlauf", dann den Gashebel durchdrücken und der Eisbrecher mit Höchstgeschwindigkeit gegen das Eis. Vor dem Aufprall gab es das Kommando "Achtung", damit sich auch die Maschinisten festhalten konnten. Dann knallte das Schiff auf die Barriere. Bis das Eis ausgebrochen werden konnte, fuhren die Eisbrecher teilweise in Formationen von bis zu acht Schiffen.

Warten auf den Einsatz

Die Eisbrecher des Wasser- und Schifffahrtsamtes warten in jedem Winter in Geesthacht auf ihren Einsatz. Innerhalb von wenigen Stunden können sie ihre Besatzungen an Bord nehmen und auf die Elbe hinausfahren. Mittlerweile werden ihre Einsätze immer weniger. Aber klar ist auch: Wenn "Büffel" und "Wisent", "Stier" und "Keiler" bei extremen Temperaturen fehlen würden, würde das Eis wieder zur lebensbedrohlichen Gefahr werden.

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Dampflokomotive aus dem 19. Jahrhundert. © dpa - report Foto: Votava

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Dieses Thema im Programm:

Schleswig-Holstein Magazin | 15.01.2023 | 19:30 Uhr

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