ist Ronja Sievertsen, Ü18-Siegerin bei "Vertell doch mal" steht vor einer Feuerwehrhalle mit einem Feuerwehrfahzeug und Trägt eine Feuerwehrjacke. © NDR Foto: Lina Bande

"Vertell doch mal": Ü18-Nachwuchspreis für Ronja Sievertsen

Stand: 16.06.2022 17:06 Uhr

Wie soll man als junger Mensch eigentlich seinen Weg fürs Leben finden, wenn plötzlich eine Pandemie herrscht und aus den großen Plänen nichts wird? Darum geht es in der Siegergeschichte des plattdeutschen Schreibwettbewerbs von NDR, Radio Bremen und dem Ohnsorg-Theater.

von Lina Bande

Sie hatte es sich schon so schön ausgemalt. Mit Freunden abends noch bis zum Sonnenuntergang unterwegs zu sein, weil die ersten nun Roller fahren dürfen. Eine eigene Party zu planen und Bälle ohne Mama und Papa zu besuchen. "Een opregende Summer leeg för mi", schreibt Ronja Sievertsen in ihrer Geschichte, in der sie auf einen aufregenden Sommer nach dem 16. Geburtstag hofft. Schließlich hat Oma immer gesagt, dass das Leben dann erst so richtig anfängt.

Aber weil Ronja Sievertsen im März 2020 ihren 16. Geburtstag feierte, musste sie ihre großen Pläne erst einmal aufschieben. Denn ein paar Tage später wurden die ersten Corona-Kontaktbeschänkungen verkündet. Homeschooling, keine Treffen mehr mit Freunden, keine Jugendfeuerwehrdienste, kein Musikzug. Stattdessen: Pandemie.

Positives Motto, nachdenkliche Geschichte

Für die heute 18-Jährige waren die vergangenen beiden Jahre eine so prägende Zeit, dass sie ihre Geschichte zum Motto "Op dat Leven!" genau darüber geschrieben hat. Über das, was gefehlt hat, was sie alles nicht erleben konnte. Dabei hatte sie das Motto eigentlich zuerst als sehr positiv empfunden. "As ik denn aver anfungen hebb, de Text to schrieven, is dor irgendwie immer eher wat negativet bi rutkaamen", erzählt sie. ("Als ich dann aber den Text geschrieben habe, ist da immer irgendwie was Negatives bei rausgekommen.") Denn es seien einfach zu viele Erfahrungen gewesen, die sie nicht machen konnte.

Ohne in de letzten twee Johr richtig wat maakt to hebben, schall ik nu entscheden, wat ik na dat Abitur maken much. Ik fraag mi, wo man so en Entschedung drapen schall, ohne en normale Tiet hatt to hebben, wenn dat Leven richtig anfungen is. (...) „Op dat Leven“, as dat noch nich so swor weer. Ronja Sievertsen, "Dat Leven fangt richtig an"

Nicht allein mit dieser Situation

Ihrer Familie erzählt sie erst von der Teilnahme an dem Wettbewerb, als sie ihren Text schon eingereicht hat. "Also överraschen deit se uns öfter mal!", sagt Vater Olaf Sievertsen lachend. Beim Lesen der Geschichte habe er dann aber auch an seine eigene Jugend zurückgedacht: "Dat wart een denn bewusst un dat geiht jo nich blots ehr so, sünnern ok de Geschwister". ("Das wird einem dann richtig bewusst und das geht ja auch nicht nur ihr so, sondern auch den Geschwistern.")

Genau das hat auch die Jury von "Vertell doch mal" überzeugt: Den Ünner-18-Pries bekommt Ronja Sievertsen, weil sie "anschaulich und ohne sich zu beklagen [beschreibt], welche Auswirkungen die Corona-Maßnahmen auf ihre Ausbildung, aber auch auf ihre private Entwicklung hatten. Sie tut dies stellvertretend für das Leben vieler Jugendlichen ihrer Generation."

Zusammenhalt in der Feuerwehr stärkt sie

Dazu gehören auch ihre Kameradinnen und Kameraden in der Jugendfeuerwehr Viöl (Nordfriesland). Seit acht Jahren ist Ronja hier schon Mitglied, seit Kurzem sind auch richtige Dienste wieder möglich. "De Füürwehr speelt eene teemlich wichtige Rull för mi", erzählt Ronja - die Feuerwehr spiele eine große Rolle in ihrem Leben. "Graad so de Arbeit mitenanner hett mi ok veel Selbstbewusstsien schenkt", meint sie.

Ronja Sievertsen, Ü18-Siegerin bei "Vertell doch mal", steht vor einer Feuerwehrhalle mit einem Feuerwehrfahzeug und Trägt eine Feuerwehrjacke. © NDR Foto: Lina Bande
Ronja Sievertsen, Ü18-Siegerin bei "Vertell doch mal", ist auch in der Jugendfeuerwehr aktiv.

Ihre Betreuer haben ihre Entwicklung genau beobachtet. Als sie mit zehn Jahren Mitglied wurde, sei sie noch ein sehr schüchternes und ruhiges Mädchen gewesen, erinnert sich Jugendfeuerwehrwart Sören Hansen. "Un in de Loop is se een sehr apene, kommunikative Deern worrn. Een, de de Laden hier tosamen hält." ("Und im Verlauf ist sie ein sehr offenes, kommunikatives Mädchen geworden, die den Laden hier zusammenhält.")

Doch noch den richtigen Weg gefunden

Beim Dienst heute bekommt Ronja Sievertsen das Kommando übertragen, leitet die jüngeren Kameraden an. Und die Kontakte innerhalb der Feuerwehr, die Gespräche dort, haben ihr nun auch geholfen den richtigen Weg zu finden - ein halbes Jahr, nachdem sie ihre Geschichte geschrieben hat: "Ik hebb nu ne Tosage to’e Utbillung as Rettungssanitäterin kreegen. Un dat warr’k nu maaken!", verkündet Ronja stolz. Ihre Ausbildung zur Rettungssanitäterin beginnt schon im Juli - und dann kann das Leben nun doch richtig losgehen, halt "nur" mit ein bisschen Verspätung.

Gala am Sonntag im Ohnsorg-Theater

Den Ünner-18-Pries und das damit verbundene Preisgeld in Höhe von 400 Euro bekommt Ronja Sievertsen bei der großen Gala im Ohnsorg-Theater am Sonntag, 19. Juni. Dann werden auch die fünf Preisträgerinnen und Preisträger der Erwachsenen verkündet. Die Gala wird ab 11 Uhr live auf ndr.de/vertell übertragen.

Weitere Informationen
Drei Mitglieder der Band Santiano Björn Both (l.), Axel Stosberg (m.) und Hans-Timm Hinrichsen (r.) stehen auf einem Segelschiff und lächeln in die Kamera. © NDR

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Moin! Schleswig-Holstein – Von Binnenland und Waterkant | 17.06.2022 | 19:15 Uhr

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