Kiel: Durchbruch bei der Parkinson-Diagnose
Ein Forschungsteam an der medizinischen Fakultät der Universität Kiel hat eine Methode für die Früherkennung von Parkinson entwickelt, die Veränderung eines Proteins im Blut aufspürt.
400.000 Menschen sind in Deutschland an Parkinson erkrankt. Bisher beruht die Diagnose der Parkinson-Krankheit vor allem auf den typischen Bewegungsstörungen wie Muskelversteifung, Bewegungsverlangsamung und Zittern. Die Krankheit beginnt aber bis zu 20 Jahre, bevor sie durch diese Symptome auffällig wird. Wenn man sie früher diagnostizieren könnte, könnte man früher mit Therapien helfen.
Die Auslöser von Parkinson kennt man noch nicht. Was man weiß ist, das Zellen im Hirn nach und nach absterben. Dadurch ist die Verbindung zwischen Gehirn und Muskeln irgendwann gestört. Das Problem: Es gibt bisher weder Blutparameter, noch bildgebende Untersuchungen für eine gesicherte Diagnose, geschweige denn zur Früherkennung. Die Kieler Wissenschaftlerin Dr. Annika Kluge, Assistenzärztin in der Neurologie am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) in Kiel, hat es jetzt geschafft, einen Bluttest für Parkinson zu entwickeln. Ein Meilenstein. Ihr Ziel: Der Test kann bald einfach beim Hausarzt mit einer einfachen Blutabnahme gemacht werden.
Eine Suche nach Hinweisen auf Parkinson im Blut
Annika Kluge untersucht Vesikel: Das sind kleine Bläschen, die jede Zelle unseres Körpers abgibt. Darin enthalten sind alle Informationen, die auch in der Zelle sind. Also in einem Vesikel einer Darmzelle sind Informationen zu unserem Darm enthalten, in einem aus den Nervenzellen, eben die Infos der Nerven etc. "Die Schwierigkeit war, genau die neuronalen Vesikel zu finden, davon gibt's nämlich nicht so viele", erklärt die Ärztin.
Bestimmte Proteine sind bei Parkinson-Patienten fehlgefaltet
Das heißt: Annika Kluge schaut quasi ins Gehirn, wenn sie die Vesikel untersucht. Dort hat die 29-Jahre alte Neurologin nach einem speziellen Protein gesucht. Und zwar nach Alphasynuclein. Das, so weiß man bereits, ist verantwortlich für die Parkinson-Krankheit. Bei Parkinson-Patienten ist dieses Protein fehlgefaltet und kann damit seine Funktion nicht mehr ausführen. Die Anhäufung von krankhaft verändertem Alphasynuclein ist das, was zum Untergang der betroffenen Nervenzellen führt und letztlich die Krankheit verursacht.
Neue Erkennungsmethode beruht auf drei Schritten
Zuerst isoliert Annika Kluge in der Blutprobe Vesikel von Nervenzellen. "So ist es auch möglich, Vesikel aus dem Nervensystem über eine gewöhnliche Blutprobe zu gewinnen", erklärt die Neurologin. Im zweiten Schritt sucht sie in diesen isolierten Nervenzell-Vesikeln gezielt nach dem Protein, das die Erkrankung verursacht. Die krankmachende Form des Alphasynucleins kann durch spezielle Antikörper nachgewiesen werden. Besonders stolz ist die junge Ärztin auf den dritten und wesentlichen Schritt des Nachweisverfahrens. "Das eigentlich Schönste an unserer Arbeit ist, dass es uns dann gelungen ist, diese fehlgefalteten Formen von Parkinson-Patienten zu vervielfältigen. Das ist aus anderen Gewebeproben schon gelungen, aber bisher noch nie aus Vesikeln, gewonnen aus dem Blut von Patienten."
Kluge: In wenigen Jahren Parkinson-Test beim Hausarzt möglich
"Mit Hilfe unseres Verfahrens konnten die getesteten 30 Parkinson-Patienten von den 50 Kontrollpersonen mit einer sehr hohen Sensitivität unterschieden werden", sagt Kluge. Ihre Ergebnisse werden in dieser Woche international veröffentlicht. Kluge denkt schon weiter:
"Wir denken an Patienten, die noch keine sind. Wenn es Menschen mit gewissen Risikofaktoren für Parkinson gibt, wäre es spannend zu sehen, ob wir auch schon Jahre vorher in deren Blut die Krankheit erkennen können." Dr. Anna Kluge, Klinik für Neurologie am UKSH
Annika Kluge sagt, es werde nur weniger Jahre dauern, bis der Bluttest auf Parkinson in Hausarztpraxen gemacht werden kann.