Immer mehr Menschen in SH ohne Wohnung
Jobverlust, zu geringe Rente, Alkohol- oder Drogenprobleme - die Gründe, warum sich Menschen keine Wohnung mehr leisten können sind vielfältig.
In Schleswig-Holstein steigt die Zahl der Menschen, die ihre Wohnungen verlieren und in Notunterkünfte ausweichen müssen. Auf diese Situation macht jetzt die Stadtmission Kiel aufmerksam. Allein in der Landeshauptstadt habe sich die Zahl der obdach- und wohnungslosen Menschen innerhalb von zwei Jahren um fast 500 auf knapp 2.000 erhöht - und die Zahlen würden weiter steigen, sagt Karin Helmer von der Stadtmission Kiel. Sie fordert die Landesregierung und die Kommunen zum Handeln auf. Laut Helmer müssen dringend neue Notunterkünfte errichtet werden. In der Regel sind das Container, die auf etwa 13 Quadratmetern Platz für zwei Menschen bieten.
Landesregierung will auch private Vermieter ins Boot holen
Es sei beschämend, dass in einem reichen Land wie Deutschland Menschen kein Obdach hätten, sagte Sozialministerin Aminata Touré (Grüne) am Donnerstag in Kiel. Die Landesregierung geht davon aus, dass rund 11.000 Menschen in Schleswig-Holstein keine Wohnung haben. Das Land will deshalb verschiedene Instrumente nutzen, um die Situation von Obdach- und Wohnungslosen zu verbessern. Touré sagte, es gebe diverse Projekte, um den Zugang zu Wohnraum zu erleichtern. Geplant ist auch die Umsetzung des Konzepts "housing first". Dabei wird Bedürftigen als erstes eine Wohnung angeboten, erst danach werden weitere Hilfsmöglichkeiten gesucht.
Das befürwortet auch Innen- und Bauministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU). Sie regte in diesem Zusammenhang eine Art Fonds an, um Vermieter zu überzeugen, Wohnungen an obdachlose Menschen zu vermieten. Der Fonds könnte einspringen, sollte zum Beispiel in der vermieteten Wohnung etwas kaputt gehen.
FDP: Konzepte zeitnah umsetzen
"Wir nehmen die Ministerinnen Touré und Sütterlin-Waack beim Wort, das Konzept 'housing first' jetzt zeitnah umzusetzen", sagte der sozialpolitische Sprecher der FDP, Heiner Garg. Dafür müssten unter anderem zügig die Voraussetzungen für die Errichtung von sogenannten Tiny Houses geschaffen werden. Das zentrale Problem sei aber, dass nicht genügend bezahlbarer Wohnraum zur Verfügung stünde. Daran müsse auf allen Ebenen gearbeitet werden, so Garg.
SPD: Bezahlbarer Wohnraum für alle
Auch der wohnungsbaupolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Thomas Hölck, sagte, langfristig könne nur bezahlbarer Wohnraum für alle die Situation verbessern. Kurzfristig müsse die Landesregierung sicherstellen, dass genügend Notunterkünfte zur Verfügung stünden.
Sorge vor dem Winter
Mit Sorge blicken alle Beteiligten auf den Winter. Hölck und Garg rechnen damit, dass durch die steigenden Lebenserhaltungskosten noch mehr Menschen ihre Wohnung verlieren könnten. Touré fürchtet ebenfalls, dass viele Entlastungsmaßnahmen des Bundes für diesen Winter zu spät kommen. Es sei zu klären, ob die politischen Maßnahmen von Land und Bund ausreichten, sagte sie. Auch Karin Helmer von der Stadtmission geht davon aus, dass in den kommenden Monaten noch mehr Menschen wohnungslos werden. Die Bemühungen der Landesregierung befürwortete sie - vieles dauere jedoch zu lange.