Fußballspiele in SH: 79.000 Arbeitsstunden für Polizei
Holstein Kiel schwebt im siebten Fußball-Himmel und freut sich auf die Bundesliga in der kommenden Saison. Für die Polizei im Land bedeutet das vermutlich deutlich mehr Arbeit - schon jetzt fallen Zehntausende Arbeitsstunden an, um Fußballspiele abzusichern.
Fast jeden dritten Tag war die Landespolizei im vergangenen Jahr unterwegs, um mit Kräften der Hundertschaften ein Fußballspiel abzusichern. Das geht aus einer Kleinen Anfrage hervor, die der SPD-Politiker Niclas Dürbrook an die Landesregierung gestellt hat. Um Fußballspiele abzusichern, seien im vergangenen Jahr etwa 79.000 Arbeitsstunden angefallen, heißt es in der Antwort der Landesregierung. Umgerechnet bedeute das: "50 Polizeibeamte sind ausschließlich damit beschäftigt Fußballspiele abzusichern", schlussfolgert Dürbrook.
Selbst Jugendspiele mussten gesichert werden
Ein Großteil der Einsätze entfiel demzufolge auf Spiele von Holstein Kiel und VfB Lübeck. Auch in anderen Bundesländern halfen Polizisten aus Schleswig-Holstein aus. Das Land erhielt dafür eine Kostenerstattung in Höhe von etwa 600.000 Euro. Auffällig sei, so Dürbrook, dass beim Fußball selbst Nachwuchsbegegnungen abgesichert werden müssten, während Handball oder andere Sportarten in der Liste der Landesregierung nicht auftauchten. Das sei nicht tragbar. Man dürfe sich nicht damit abfinden, dass die Polizei auf Dauer durch Fußballspiele derart belastet werde.
"Die Landesregierung wird schnell prüfen müssen, ob durch den erfreulichen Aufstieg von Holstein zusätzliche Belastungen auf die Landespolizei zukommen und wie diese aufgefangen werden", so der SPD-Politiker. Schon jetzt gebe es keine Kapazität für weitere Belastungen. "Man wird darüber reden müssen, wie man die Polizeipräsenz geringer ausfallen lassen kann", sagt Dürbrook gegenüber NDR Schleswig-Holstein. Dürbrook fordert die Landesregierung auf, gemeinsam mit den Vereinen zu sprechen, wie man die Lage verbessern kann und wie zusätzliche Belastungen durch den Aufstieg von Holstein Kiel aufgefangen werden können.
GDP fordert schnellere Strafverfolgung
Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) beobachtet eine "stark steigende Arbeitsbelastung bei Fußballeinsätzen". Sie fordert eine schnellere Strafverfolgung. "Viele Kolleginnen und Kollegen sind durch das Einsatzgeschehen persönlich hoch belastet, sie werden diskreditiert, beleidigt und verletzt“, so Torsten Jäger, Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, gegenüber NDR Schleswig-Holstein. Er beobachtet bundesweit "eine teilweise problematische Entwicklung bei Teilen der Ultragruppierungen. Ein eigentlich notwendiger Dialog wird oft abgelehnt."
Um mehr Sicherheit zu gewährleisten seien Stadionverbote, oder personalisierte Eintrittskarten hilfreich, so Jäger. Auch müssten Strafen schneller verfolgt werden. "Die gesamte Rechtsstaatskette muss gestärkt werden - mehr Personal, bessere Ausstattung und Zusammenarbeit für Polizei- und Justizbehörden. Staatsanwaltschaften, Polizei und Gerichte müssen personell und materiell so ausgestattet werden, dass eine effektive sowie zeitnahe Strafverfolgung sichergestellt werden kann", so Jäger. Seine Idee: "Richterinnen und Staatsanwältinnen sollten bei großen Turnieren vor Ort sein, um eine schnelle und effektive Strafverfolgung zu gewährleisten."
Innenministerium rechnet nicht mit Mehrbelastung
Das Innenministerium in Schleswig-Holstein hat die Sicherheitslage und den künftigen Personaleinsatz der Polizei durch den Aufstieg von Holstein Kiel in die Bundesliga nach eigenen Angaben im Blick. "Es ist im Moment nicht absehbar, dass es zu einer Mehrbelastung der Polizei kommt in der ersten Bundesliga, weil auch ein, zwei Hochrisiko-Spiele wegfallen werden. Zum Beispiel gegen HSV oder Hansa Rostock. Vor jedem Spiel sitzen wir zusammen mit den Sicherheitsbeauftragten und werden die Lage dann konsequent beurteilen", so Staatssekretärin Magdalena Finke. NDR Schleswig-Holstein wollte auch mit Holstein Kiel über dieses Thema sprechen. Der Verein werde sich zu diesem Zeitpunkt nicht dazu äußern, so ein Sprecher.
VfB Lübeck erwartet durch Abstieg weniger Polizisten bei Spielen
Der VfB Lübeck erwartet keine zusätzliche Belastung der Beamten. Der Verein sei mit der Polizei und der Stadt regelmäßig im Austausch, so werde vor jedem Spiel eine Sicherheitsbesprechung abgehalten, erklärte ein Sprecher. "Wir sehen aktuell keine Mehrbelastung für die kommende Saison auf die Polizei zukommen, sondern aufgrund unseres Abstiegs sogar deutlich reduzierte Anforderungen", so der Vorstandsvorsitzende Christian Schlichting.