Kinderzimmer in Erstaufnahme in Boostedt © NDR Foto: Frauke Hain

Flüchtlinge in SH: Mehr Menschen kommen über die Balkanroute

Stand: 11.10.2022 19:55 Uhr

Der Zustrom aus der Ukraine ist seit September zurückgegangen. Dafür kommen nun wieder mehr Asylsuchende aus dem Nahen Osten über die Balkanroute.

von Peer-Axel Kroeske

Die Zahlen haben sich gedreht: Ende August strömten noch täglich mehr als 100 Menschen aus der Ukraine nach Schleswig-Holstein. Jetzt sind es ähnlich viele Asylbewerber vor allem aus Syrien, dem Irak und Afghanistan, während nur noch zehn bis 20 Ukrainer ankommen, berichtet der Sprecher der fünf Landesunterkünfte Wolfgang Kossert.

Asylsuchende bleiben länger in Landesunterkünften

Dort hatte sich gerade die Lage entspannt. Denn die Ukrainer werden derzeit nach rund zwei Wochen auf die Kommunen verteilt. So sank die Belegung von 4.500 auf 3.200. Doch bald könnte es wieder voll werden: "Die Asylbewerberinnen und Asylbewerber, die wir bei uns aufnehmen, bleiben bei uns etwa drei Monate in den Landesunterkünften und haben natürlich einen höheren Betreuungsbedarf als die Menschen aus der Ukraine," stellt Kossert fest.

Landesunterkünfte benötigen mehr Personal

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte nach dem Flüchtlingsgipfel angekündigt, 56 Liegenschaften des Bundes könnten zusätzlich als Unterkünfte dienen. Ob auch Standorte in Schleswig-Holstein darunter sind, will das Ministerium noch nicht mitteilen. Zunächst soll mit den Ländern erörtert werden, wo überhaupt Interesse besteht. Kossert meinte dazu: "Gebäude sind im Moment nicht unser dringlichster Bedarf. Die Problematik liegt eher in der personellen Ausstattung."

Mehrere Personen tragen einen Mundschutz im Willkommenszelt für ukrainische Kriegsflüchtlinge am Berliner Hauptbahnhof © imago images Foto: Stefan Trappe
AUDIO: Flüchtlingsgipfel: Kommunen in SH enttäuscht (1 Min)

Kommunen stehen unter Druck

Die schnelle Verteilung der Ukrainer sorgte zuletzt allerdings für hohen Druck in den Städten und Gemeinden. In Lütjenburg (Kreis Plön) ist die Lage besonders ernst. Denn zum Ende des Jahres muss eine Unterkunft, in der rund 150 Flüchtlinge leben, geräumt werden. Das Haus wird abgerissen. Ein ähnliches Problem hat die Stadt Plön. In Glückstadt (Kreis Steinburg) steht dagegen eine Unterkunft leer, die im Frühjahr noch vom Land genutzt wurde.

Neue Plätze in Boostedt und Seeth

Zunächst ist geplant, die bestehenden Landesunterkünfte zu erweitern. Derzeit können sie maximal etwa 4.800 Menschen beherbergen. In Boostedt (Kreis Segeberg) sind bereits zwei Containerfelder mit 1.000 weiteren Plätzen aufgebaut. Hier verzögert sich die Inbetriebnahme momentan, weil einzelne Wasserproben im installierten Trinkwassernetz noch Mängel aufwiesen. In den Kasernen von Seeth (Kreis Nordfriesland) könnte sich die Zahl der Plätze auf 1.200 verdoppeln, sobald die Kantine erweitert ist.

Weitere Informationen
Eine ehrenamtliche Helferin versorgt eine Geflüchtete mit Kleidung. © NDR

Geflüchtete aus der Ukraine: Was Helfern aus SH fehlt

Vereine und Aktionsbündnisse wollen helfen, bekommen aber weniger Spenden. Auch das ehrenamtliche Engagement geht zurück. mehr

Geflüchtete stehen in einer Schlange. © NDR

Ukraine-Geflüchtete: Viele Kommunen in SH sind am Limit

Nachdem es im Sommer ruhig um die Flüchtlingssituation geworden war, kommen wieder mehr Ukrainer. Doch wohin mit ihnen? mehr

Captain Stefan Schmidt, der  Flüchtlingsbeauftragte von SH, steht an der Trave. © NDR Foto: Mechthild Mäsker

Bundesverdienstkreuz für Flüchtlingshelfer und Seenotretter aus SH

Stefan Schmidt engagiert sich seit vielen Jahren für Geflüchtete. Deshalb musste er sich sogar schon vor Gericht verantworten. mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | 11.10.2022 | 19:30 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Migration

Nachrichten aus Schleswig-Holstein

Am Ende eines Holzpfades auf Amrum steht ein Leuchtturm. © picture alliance / Westend61 Foto: Ega Birk

Kolumne: Der Mythos vom "ankommen"

Der so genannte Ankunftstrugschluss treibt uns durch Leben wie die Möhre den Esel. Da ist Enttäuschung vorprogrammiert. Eine Kolumne von Stella Kennedy. mehr

Videos