Feuchttücher verstopfen Abwasserpumpen in Schleswig-Holstein

Stand: 11.07.2023 10:07 Uhr

Egal ob in Pinneberg, Ostholstein oder Lübeck - fast überall sorgen Feuchttücher, die in die Toilette geworfen werden, für Probleme. Sie setzen sich in Abwasserpumpen fest und legen sie dadurch lahm.

von Julian Marxen

Eine Leuchte im Technikraum blinkt. Störung. In einem Pumpwerk in Lübeck steht eine Abwasserpumpe still. Die Fachmänner der städtischen Entsorgungsbetriebe müssen ran. Auch damit sich das stinkende Abwasser nicht zurückstaut. Patrick Krzyszton und seine Kollegen schrauben eine der großen blauen Pumpen auf. Sie soll das Abwasser Richtung Klärwerk pumpen - jetzt ist sie aber außer Betrieb.

Im Inneren der Pumpe zeigt sich: Eine Schraube im Laufrad ist gebrochen. Doch damit nicht genug: Patrick Krzyszton zieht mit einer Zange ein langes zopfartiges Gebilde aus der Pumpe: "Das ist eine Ansammlung von Feuchttüchern und Hygieneartikeln wie Tampons und Binden", erklärt Krzyszton. Er und seine Kollegen kennen diese Verklumpungen nur zu gut.

Lübeck: 250 Einsätze wegen verstopfter Pumpen

Das Problem: Diese Tücher bestehen zum Teil aus Kunststoff-Fasern und lösen sich daher nicht im Wasser auf wie zum Beispiel Klopapier. Stattdessen setzen sie sich zusammen mit anderen Fremdkörpern in den Pumpen fest und verstopfen diese. Allein in Lübeck mussten Techniker im vergangenen Jahr außerhalb der regulären Arbeitszeit mehr als 250 Mal ausrücken, um Pumpen von Feuchttüchern zu befreien, berichtet die Leiterin der Lübecker Pumpwerke, Johanne Bowyer: "Am schlimmsten sind die Baby-Feuchttücher. Ich bin selbst Mama und weiß, wie praktisch die sind. Aber bitte im Abfalleimer entsorgen und nicht ins Klo schmeißen", so Bowyers Appell.

Entsorgungsbetriebe in ganz SH haben Probleme

Entsorgungsbetriebe aus anderen Teilen Schleswig-Holsteins wie Pinneberg, Segeberg oder Lütjenburg berichten auf Nachfrage von NDR Schleswig-Holstein, dass sie ebenfalls die Kanäle voll mit Feuchttüchern haben. So auch der Zweckverband Ostholstein. Eine Sprecherin berichtet, dass "die Beseitigung von Verstopfungen oft auch Einsätze außerhalb der normalen Arbeitszeiten und in der Nacht" erfordere. Und das kostet Zeit, Nerven und Geld: Die Lübecker Entsorgungsbetriebe müssen nach eigenen Angaben 60.000 Euro an zusätzlichen Personalkosten ausgeben, allein wegen der falsch entsorgten Tücher.

Feuchtes Toilettenpapier "spülbar" oder nicht?

Auf Verpackungen von Baby-Tüchern steht meist, dass diese nicht über die Toilette entsorgt werden dürfen. Hersteller von feuchten Toilettentüchern werben allerdings oft dafür, dass ihre Tücher "spülbar" und "biologisch abbaubar" seien. Doch die Praktiker in den Pumpstationen sind bei diesen Versprechen mehr als skeptisch. Sie machen täglich andere Erfahrungen. Am besten sei es nun mal, die Tücher - egal welche es sind - über den Restmüll zu entsorgen und nicht aus Bequemlichkeit ins Klo zu werfen, sagen diejenigen, die in den Pumpstationen arbeiten.

Maßnahmen gegen den Feuchttücher-Kollaps

Die Hansestadt Lübeck hat bereits Flyer gedruckt und verteilt. Darin informieren die Entsorgungsbetriebe darüber, was passiert, wenn Feuchttücher und andere Hygieneartikel einfach über die Toilette entsorgt werden. Gleichzeitig haben einige Städte aufgerüstet. Das Tiefbauamt in Kiel etwa hat wegen der Zunahme an Verstopfungen nach eigenen Angaben spezielle Pumpenlaufräder eingebaut, die besser mit reißfesten Tüchern klarkommen. Außerdem würden Feststoffe im Abwasser vor den Hauptpumpstationen zerhackt, heißt es. Dadurch habe man das Problem weitgehend in den Griff bekommen.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 11.07.2023 | 08:00 Uhr

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