Die BMX-Brüder aus Norderstedt: "Das ist wie Fliegen"

Stand: 20.11.2022 12:02 Uhr

Vater Marcus Schlapper hat die Brüder zum BMX-Sport gebracht. Das war vor fünf Jahren. In der Zwischenzeit haben beide schon mehr Erfolge eingefahren als er. In ihren Kinderzimmern stapeln sich die Pokale - sie haben es bis zur WM in Frankreich geschafft.

von Lena Haamann

Dem Wind entgegen schieben sie ihre Carbon-Räder den steilen Hang hinauf. Oben angekommen setzen Louis (10) und Kilian (13) ihre Helme auf. Die breiten Vorderreifen ihrer BMX-Bikes drücken gegen das hochgeklappte Gatter. Fast senkrecht stehen sie jetzt an dem fünf Meter hohen Starthügel der Rennbahn. "Riders ready?" fragt eine Computerstimme. Als das Gatter fällt, rasen die Brüder los - über Hügelketten und durch Steilkurven. Mit bis zu 50 Kilometern pro Stunde. Etwas mehr als eine halbe Minute brauchen sie für die 400 Meter-Bahn. Hier in Hamburg-Farmsen trainieren sie drei Mal in der Woche. "Man braucht ganz viel Mut, sonst traut man sich die Sprünge nicht", sagt Louis. "Um schnell über die Hindernisse zu kommen, sind außerdem Kraft und in erster Linie Technik wichtig."

Das Risiko fährt mit

Louis Schlapper mit Beinverletzung auf Krücken © NDR Foto: Lena Haamann
Nach einem Sturz war Louis Schlapper auf Krücken angewiesen. Doch er kämpfte sich zurück und kam bei der Deutschen Meisterschaft bis ins Finale.

Die ersten BMX-Bahnen wurden vor 50 Jahren in Kalifornien gebaut. Seitdem wurden die Hindernisse immer größer und schwieriger, die Kurven und Starthügel wurden betoniert. BMX-Racing ist die Rennvariante der Radsportart, bei der es in erster Linie um Schnelligkeit geht. Wie riskant es ist, wenn sich bei Rennen acht Konkurrenten zugleich auf der Bahn tummeln und jeder die Führung will, haben Louis und Kilian schon am eigenen Leib erfahren. Im Frühjahr fuhren sie bei einem Wettkampf in Belgien ganz vorne mit, als beide kurz nacheinander schwer stürzten. Durch ihre Verletzungen stand für sie plötzlich die ganze Saison auf der Kippe. "Das war sehr schade, weil wir gerade so gut dabei waren", erinnert sich Kilian, der sich das Schlüsselbein gebrochen hatte. Die Diagnose seines Bruders: Meniskus- und Kreuzbandanriss. "Das war erst einmal erschütternd, weil wir gezwungen waren, zu pausieren."

Beide sind richtige Kämpfertypen

Durch ihren Ehrgeiz und einen guten Arzt sind Louis und Kilian aber in Rekordzeit wieder fit - gerade rechtzeitig zu den entscheidenden Wettkämpfen. Bei der Deutschen Meisterschaft kamen sie ins Finale. Bei der EM in Belgien erreichte Kilian das Halbfinale. Beide schafften es bis zur WM in Frankreich. Außerdem ist Kilian deutscher Jahrgangsmeister der Bundesliga 2022 - ein riesengroßer Erfolg. Da es in Schleswig-Holstein keinen BMX-Verein gibt, starten die Brüder für die Radsportgemeinschaft Hamburg. "Ich bin stolz darauf, dass sie so viel Disziplin haben, sich nach einer Verletzung immer wieder hochkämpfen. Und natürlich auf ihre Erfolge", sagt Mutter Vivien Schlapper, die die Jungs auch an diesem Tag zum Training begleitet.

Eine BMX-verrückte Familie

Louis und Kilian Schlapper halten stolz Pokale in der Hand © NDR Foto: Lena Haamann
Louis und Kilian haben schon zahlreiche Pokale gewonnen. Ihr Traum: Einmal bei den Olympischen Spielen mitfahren.

Sie und ihr Mann Marcus unterstützen die Söhne wo sie können. Im Sommer fahren sie die beiden mit dem Wohnmobil jedes Wochenende zu einem anderen Rennen. Die meisten sind im Ausland. "Wir investieren extrem viel Zeit und Geld in das Hobby", sagt Vivien Schlapper. "Weil es ihre Leidenschaft ist und es ihnen so viel Spaß macht. Und uns mittlerweile auch." Alleine jedes BMX-Bike kostet 5.000 Euro, ein Rennwochenende um die 500 Euro. In ihrem Zuhause in Norderstedt haben sie zu Coronazeiten eine eigene kleine Rennbahn durch den Garten angelegt. Und im Keller einen Fitnessraum, in dem Louis und Kilian zwei Mal in der Woche trainieren.

Konkurrenz zwischen den beiden gibt es nicht

Beide motivieren sich gegenseitig, sagen die Brüder. Konkurrenzdenken gibt es zwischen ihnen nicht. In beiden Kinderzimmern stapeln sich die Pokale. "Manchmal ist es schwer, auf Zeit mit Freunden zu verzichten. Wegen der Rennen kann ich mich am Wochenende selten zum Spielen verabreden. Aber der Sport geht erst einmal vor", sagt Kilian. Der ganz große Traum beider Brüder ist es, irgendwann einmal bei Olympia mitzufahren. Denn an das Gefühl beim Fahren kommt nichts ran, sagen sie. "Das ist wie Fliegen. Adrenalin pur."

 

Dieses Thema im Programm:

Schleswig-Holstein Magazin | 23.11.2022 | 19:30 Uhr

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