Bildungstrend: Opposition und Gewerkschaft kritisieren Landesregierung
Nachdem die Ergebnisse des IQB-Bildungstrends vorgestellt wurden, üben Opposition und Gewerkschaft scharfe Kritik an der bisherigen Bildungspolitik der Landesregierung Schleswig-Holstein.
Die Ergebnisse seien alarmierend, sagte der bildungspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Christopher Vogt. Dass die pandemiebedingten Schulschließungen und -einschränkungen erhebliche negative Auswirkungen auf den Lernerfolg der Kinder hatten, ist aus seiner Sicht jedoch nicht überraschend. "Die Landesregierung muss viel mehr tun, um unsere Schulen und insbesondere die Grundschulen zu stärken", so Vogt. Die bisherigen Aufholprogramme reichten bei Weitem nicht aus.
FDP: Bildung unabhängig vom sozialen Hintergrund
Grundsätzlich sollten Elternhaus und Wohnort für die Bildung keine Rolle spielen, so Vogt. "Die Realität sieht leider anders aus: Der Bildungserfolg hängt immer stärker vom sozioökonomischen Hintergrund ab." Schulen mit einem hohen Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund bräuchten mehr Unterstützung vom Land. "Bildung muss in unserer Gesellschaft endlich Priorität haben", sagte Vogt. Zudem müsste die Unterrichtsversorgung und die Stundenanzahl an allen Grundschulen verbessert werden.
SPD: Fachkräfte und Ressourcen fehlen
Der bildungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Martin Habersaat, sprach von einer Grundschulkrise - an der seien aber nicht die Schulen Schuld: "Die brauchen Fachkräfte, Ressourcen und Raum für gute Pädagogik - nicht mehr und nicht weniger." Das Problem liege auch nicht an der Inklusion, so Habersaat. Das zeige das Beispiel von Hamburg, in dem ähnlich viele Schülerinnen und Schüler einen sonderpädagogischen Förderbedarf haben. "Mehr Noten, strengere Sortierung der Schülerinnen und Schüler nach Klasse vier und weniger Inklusion - die CDU-Rezepte, die Frau Prien an unseren Schulen nun seit 2017 umsetzt, haben offenbar keinen Erfolg gebracht."
Habersaat sagte zudem, es sei "peinlich, dass Schleswig-Holstein als das Land, in dem die Präsidentin der KMK [Kultusministerkonferenz] Verantwortung trägt, eines von fünf Ländern ist, bei denen keine Angaben zur Ausstattung der Schulen mit technischen Endgeräten, WLAN oder dem Vorhandensein von Medienkonzepten möglich sind."
Neue Zugänge zur Mathematik gefordert
Jedes vierte Kind hätte angegeben, Angst im Fach Mathematik zu erleben. Nach Habersaats Ansicht läge darin der Ansatzpunkt für "erfolgreiche Pädagogik". Statt die Anzahl der Mathe-Stunden für Schülerinnen und Schüler zu erhöhen, bräuchte es andere Zugänge zur Mathematik, "auch Fächer und Jahrgänge übergreifend, und eine Mathematik-Didaktik, die Zugänge öffnet".
Schließlich erklärte Habersaat, dass die Corona-Pandemie die Schulen im Land noch länger beschäftigen werde als nur bis zum Ende des kommenden Halbjahres. "Das sollte auch Schwarz-Grün bei seiner Budgetplanung endlich berücksichtigen und das Auslaufen der Mittel zum Halbjahresende nicht noch als Erfolg verkaufen", sagte der SPD-Politiker.
GEW: Grundschulen in Schleswig-Holstein leiden unter Fachkräftemangel
Probleme beim Distanzunterricht wegen einer schlechten Internetverbindung, fehlende Geräte oder wenig Unterstützung für belastete Familien - die Ergebnisse des Bildungstrends auf die Corona-Pandemie zurückzuführen, greife dennoch zu kurz, sagte die stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Schleswig-Holstein (GEW) Franziska Hense. In Schleswig-Holstein gäbe es einen massiven Fachkräftemangel. 15 Prozent der Lehrkräfte an Schulen hätten keine Lehramtsausbildung. "Gleichzeitig ist der Mangel an Sonderpädagoginnen und -pädagogen in den letzten Jahren dramatisch gestiegen", sagte Hense. Man könne die Anforderungen an Grundschulen nicht immer weiter durch Stundentafel und weitere Inhalte erhöhen ohne für personelle und zeitliche Ressourcen zu sorgen.