100-Tage-Bilanz: Opposition kritisiert Schwarz-Grün
Seit 100 Tagen ist die Landesregierung in Schleswig-Holstein im Amt. Was hat die schwarz-grüne Koalition in dieser Zeit geleistet? Zu wenig, findet die Opposition.
SPD-Landeschefin Serpil Midyatli und der Fraktionschef im Landtag, Thomas Losse-Müller, äußerten am Freitag harte Kritik an der Arbeit der Landesregierung unter Daniel Günther (CDU). Die Regierung produziere schöne Bilder, mache Politik-PR, habe aber keine Antworten auf die dringenden Fragen in diesen Krisenzeiten und betreibe kein aktives Management. Die Landesregierung sei nicht auf dem Platz, so Losse-Müller.
Einen Energiegipfel habe es erst nach Hilferufen der Kommunen und Sozialverbände gegeben. Und wenn gehandelt werde, sei es handwerklich nicht gut. Das zeige etwa die Senkung der Kita-Gebühren oder die Grundsteuer. Der Oppositionschef warf Günther vor, häufig die Finanzministerin vorzuschicken und sich nicht zu positionieren. Losse-Müllers Fazit der ersten 100 Tage: Mangelhaft. "Wir sind in einer Situation, in der wir eine starke Landesregierung bräuchten", sagte er. Die Opposition mache viele konstruktive Vorschläge, jetzt sei Günther gefordert.
FDP und SSW: Verschenkte Zeit
Der ehemalige Koalitionspartner von CDU und Grünen, die FDP, bezeichnete die neue Landesregierung als "seltsam kraft- und mutlos". Sie sei noch nicht wirklich aus den Startlöchern gekommen, und habe einen Fehlstart hingelegt, meint Fraktionschef Vogt. Das sei in normalen Zeiten problematisch, in diesen Zeiten sei es fatal. Anstatt wegen der hohen Energiepreise Krisenmanagement zu betreiben, sorge sich die Regierung um die Finanzierung des sehr umfangreichen, aber wenig konkreten Koalitionsvertrages. "Daniel Günther muss angesichts seines schwachen Kabinetts und der fehlenden Projekte seiner Koalition die Rolle des Moderators ablegen und Führung zeigen", so Vogt. Sonst drohten fünf verlorene Jahre. Der SSW-Fraktionsvorsitzende Lars Harms sagt, in Zeiten einer Jahrhundertkrise seien das 100 verschenkte Tage für Schleswig-Holstein gewesen. Er vermisst eigene Initiativen von Schwarz-Grün.
Günther: "Kritik der SPD lässt mich kalt"
Ministerpräsident Günther zeigte sich hingegen zufrieden: "Wir haben in den ersten 100 Tagen als Landesregierung schon viel auf den Weg gebracht", sagte er am Freitag. Man habe in sehr kurzer Zeit ein Programm für diese erste Zeit mit mehr als 100 Einzelmaßnahmen aufgestellt. "Von daher lässt mich die Kritik der SPD da ziemlich kalt", so der Regierungschef. Günther kritisierte erneut die Arbeit des Bundes und betonte, dass viele Entlastungsmaßnahmen und Gipfel auf Landesebene bereits durchgeführt würden. "All das, was auf Bundesebene nicht so richtig läuft, haben wir im Land bereits umgesetzt."
Der Chef der Staatskanzlei, Dirk Schrödter (CDU), kündigte unterdessen eine eigene Bilanz zum 100-Tage-Programm am 25. Oktober an. Aktuell stelle die Landesregierung die Rückmeldungen aus den Ministerien zu einer Gesamtschau zusammen. Nach den Herbstferien werde sich das Kabinett damit befassen.
Grüne: Klarer Kurs
Auch die Grünen ziehen ein positives Fazit der ersten 100 Tage.
In dieser schwierigen Lage setze die Landesregierung die richtigen Akzente, sagte der Fraktionsvorsitzende Lasse Petersdotter. "Der Kompass unserer Landesregierung gibt einen klaren Kurs vor: echter Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit. Unsere Koalition handelt geschlossen und fokussiert in der Komplexität multipler Krisen."
DGB: Viele Projekte noch nicht angegangen
Kritik an der bisherigen Bilanz der Landesregierung kommt auch vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) Nord. Viele von den im Koalitionsvertrag vereinbarten Projekten seien noch nicht einmal angegangen, zum Beispiel ein neues Wohnraumschutzgesetz. "Der soziale Wohnungsbau steht wegen der extrem gestiegenen Baukosten und hoher Zinsen kurz vor dem Zusammenbruch", sagte die Vorsitzende Laura Pooth am Montag. Das Land müsse dringend Geld in die Hand nehmen, um gegenzusteuern. Zudem sprach sie sich für eine schnelle Umsetzung und Aufstockung des angekündigten Härtefallfonds für Bürgerinnen und Bürger aus.