René_ Rain Hornstein © René_ Rain Hornstein/Meike Watzlawik Foto: Meike Watzlawik

Klage von Bissendorfer*in: Bahn muss Kundenanrede ändern

Stand: 21.06.2022 14:50 Uhr

Wer bei der Deutschen Bahn online ein Ticket kaufen will, muss angeben, ob er oder sie Mann oder Frau ist. Dagegen hat eine Person aus dem Landkreis Osnabrück geklagt. Nun gab es ein folgenreiches Urteil.

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat der klagenden Person aus Bissendorf, die sich selbst René_ Rain Hornstein nennt, 1.000 Euro Schmerzensgeld zugesprochen. "Die Zuschreibung von Männlichkeit" werde als Angriff auf die Person erlebt und führe daher zu "deutlichen psychischen Belastungen", begründete das Berufungsgericht nach Informationen des NDR Niedersachsen das Urteil. Es hat außerdem die Unterlassungsansprüche aus erster Instanz nochmal bestätigt: Die Deutsche Bahn darf die klagende Person im direkten Kontakt also künftig nicht mehr als Mann bezeichnen. Soweit der Erfolg für Hornstein.

Geschlechtsneutrale Anrede ab 1. Januar 2023 für Deutsche Bahn Pflicht

Für die Deutsche Bahn viel folgenreicher ist jedoch die Verfügung der Richter, dass das Unternehmen sein Online-Buchungssystem für Fahrkarten so umstellen muss, dass die Angabe von männlich oder weiblich keine Pflicht mehr ist. Vielmehr müsse das Unternehmen eine geschlechtsneutrale Ansprache von Kunden einführen. Bis Ende des Jahres hat die Deutsche Bahn für die Umstellung Zeit. Das Gericht urteilte am Dienstag, der Konzern habe es ab dem 1. Januar 2023 zu unterlassen, "die klagende Person nicht-binärer Geschlechtszugehörigkeit dadurch zu diskriminieren, dass diese bei der Nutzung von Angeboten des Unternehmens zwingend eine Anrede als Herr oder Frau angeben muss". Das Urteil ist nicht anfechtbar.

"Durch Geschlechtsdiskrimierung immaterieller Schaden"

René_ Rain Hornstein, selbst Diplom-Psycholog*in, forschend zu Trans-Themen und statt "er" oder "sie" auf eigenen Wunsch hin "em", sieht das Urteil als Erfolg, auch wenn die Schmerzensgeldforderung eigentlich bei 5.000 Euro lag. "Ich freue mich, dass das Oberlandesgericht die Rechte von nicht-binären Menschen stärkt. Wir haben ein Recht darauf, ohne diskriminierende Falschansprache Zugtickets zu kaufen." Es sei richtig und wichtig, dass die Deutsche Bahn nun eine Entschädigung zahlen muss, denn durch die Geschlechtsdiskriminierung sei ein immaterieller Schaden entstanden, den die Deutsche Bahn anerkennen und nun ausgleichen müsse.

"Deutsche Bahn hat mit Unverständnis reagiert"

In der Korrespondenz mit der Deutschen Bahn fühlte Hornstein sich seit Jahren diskriminiert - sei es beim Ticketkauf, im Newsletter oder in anderer Post: Die Deutsche Bahn spricht immer von Herr oder Frau. Hornstein hat nach eigener Aussage erstmal das Gespräch gesucht, aber die Bahn habe darauf sehr unhöflich und mit Unverständnis reagiert. Deshalb ging das ganze eben vor Gericht.

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | Regional Osnabrück | 21.06.2022 | 15:00 Uhr

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