Schröder darf in Partei bleiben: Reaktionen auf SPD-Entscheid
Die Schiedskommission der SPD in der Region Hannover hat entschieden: Altkanzler Schröder wird nicht aus der SPD ausgeschlossen. Schröder stehe aber in der Partei alleine da, so SPD-Landeschef Weil.
Am Montagmittag gab die Kommission die Entscheidung bekannt: Altkanzler Gerhard Schröder habe mit seinem Engagement für russische Staatskonzerne nicht gegen die Parteiordnung der SPD verstoßen. Ein Verstoß könne Schröder nicht nachgewiesen werden, entschied die Kommission des SPD-Unterbezirks Region Hannover in erster Instanz. Nach Informationen des NDR in Niedersachsen wurde der Altkanzler am Mittag per E-Mail über die Entscheidung informiert. Am Dienstag soll ihm das Schreiben offiziell zugehen. 17 SPD-Bezirke wollten Schröders Ausschluss aus der Partei.
Anwalt: Vernunft und Sachlichkeit dominierten in der SPD
Schröders Anwalt zeigte sich "erleichtert". "Es war keine andere Entscheidung zu erwarten", sagte Michael Nagel der "Neuen Osnabrücker Zeitung". "Herr Bundeskanzler a.D. Gerhard Schröder hat sich von Beginn an deutlich gegen den Krieg distanziert, die Entscheidung Russlands als Fehler bezeichnet. Womit ein parteischädliches Verhalten begründet werden sollte, erschloss sich mir zu keinem Zeitpunkt." Schröder habe darauf vertraut, "dass in der SPD die demokratischen Strukturen funktionieren und Vernunft und Sachlichkeit die Oberhand behalten", sagte Nagel. "Er konnte das - das ist nicht nur gut für die SPD, sondern auch für Deutschland. Denn diese Partei versteht sich als eine der Stützen der deutschen Parteiendemokratie." Als eine solche dürfe sie sich nicht in den Wind drehen, ohne Gefahr laufen zu wollen, ihre Orientierung zu verlieren, sagte Nagel der Zeitung.
Weil und Klingbeil: Schröder bleibt in der SPD isoliert
"Die rechtliche Einordnung durch die Schiedskommission ist aus meiner Sicht nachvollziehbar und verdient Respekt", sagte Niedersachsens SPD-Chef Stephan Weil. "An der politischen Bewertung des Verhaltens von Gerhard Schröder zum Ukraine-Krieg ändert das hingegen nichts. Es handelt sich um einen Angriffskrieg, dem seit Monaten viele Menschen zum Opfer fallen." Schröder stehe innerhalb der Partei alleine da, betonte Weil. Eine Position, die der Bundesvorsitzende Lars Klingbeil teilt. "Für uns steht fest: Politisch ist Gerhard Schröder mit seinen Positionen in der SPD isoliert."
Generalsekretär der CDU greift SPD-Parteispitze an
CDU-Generalsekretär Mario Czaja machte Klingbeil Vorwürfe im Umgang mit der Causa Schröder. "Ich habe nicht erwartet, dass Schröder aus der SPD ausgeschlossen wird", sagte Czaja der Nachrichtenagentur Reuters. Die SPD-Parteispitze sei der Angelegenheit "nur halbherzig" nachgegangen und habe nicht einmal einen eigenen Antrag auf Parteiausschluss gestellt. Die SPD-Führung hätte gehofft, dass sich das Problem von alleine erledigt. "Ist ja auch nicht verwunderlich, wenn ein Zögling Schröders die SPD führt", fügte er hinzu.
Schröders Ortsverein kann mit Entscheidung leben
Im SPD-Ortsverein Oststadt-Zoo, dem der Altkanzler angehört, zeichnet sich derweil ein überwiegendes Verständnis dafür ab, Schröder in der Partei zu behalten. Er sei mehr Wirtschaftsmann als Politiker.
Enttäuschung bei SPD-Bezirken
Ob es dazu kommen wird, steht derzeit noch nicht fest. Aus den SPD-Gliederungen heißt es, man wolle in den nächsten Tagen in Ruhe darüber beraten. "Das Urteil der Schiedskommission enttäuscht mich persönlich und enttäuscht uns als SPD-Kreisverband", sagt Tim Tugendhat, der die Heidelberger Genossinnen und Genossen in dem Verfahren vertreten hat. Gerade die Tatsache, dass Schröder an den Vorstandsposten in der kriegswichtigen russischen Energie-Industrie festhalte und seine diplomatischen Alleingänge seien unmoralisch und unsolidarisch.
Beteiligte können in Berufung gehen
Schon zu Beginn des Verfahrens stand fest, dass es nicht leicht werden würde, Schröders Parteiausschluss zu erwirken: Ein Rauswurf ist an hohe rechtliche Hürden gebunden - Moral und Anstand stehen dabei nicht im Fokus. Allerdings können die Beteiligten binnen zwei Wochen Berufung gegen die Entscheidung einlegen. Dann würde das Verfahren neu aufgerollt. Die nächsten Instanzen wären der SPD-Bezirk Hannover und die SPD-Bundesschiedskommission.