Stand: 05.11.2016 11:52 Uhr

Weil distanziert sich von VW-Argumentation

Der Großaktionär Niedersachsen hat sich von der juristischen Argumentation von Volkswagen distanziert. Vor Gericht vertritt der Wolfsburger Autobauer die Position, dass die Schadstoff-Software nicht gegen EU-Recht verstößt. Das hatten NDR, WDR und "Süddeutsche Zeitung" am Donnerstag berichtet. Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) ließ daraufhin am Freitag durch seine Sprecherin mitteilen, dass das "manipulative Vorgehen von VW" nach seiner Auffassung nicht entschuldbar ist - und zwar "unabhängig von der Frage, ob die Software aufgrund nationaler Rechtslagen verboten ist oder nicht". Es sei für Weil unbestreitbar, dass die jahrelang von VW eingesetzte Software dazu geführt habe, dass auf dem Prüfstand bessere Stickoxidwerte festgestellt worden seien als tatsächlich beim Betrieb auf der Straße. In Europa seien dadurch die zulässigen Grenzwerte nicht überschritten worden, in den USA sehr wohl.

Bundesverkehrsministerium geht auf Distanz

Widerspruch zu der Darstellung von VW kam auch vom Bundesverkehrsministerium. "Wir teilen die Auffassung von VW nicht", sagte ein Sprecher. Das Kraftfahrt-Bundesamt, das dem Ministerium unterstellt ist, habe festgestellt, das VW eine illegale Abschalteinrichtung verwende. Das sei so auch im Bericht der Untersuchungskommission festgehalten worden. Aus diesem Grund habe die Flensburger Zulassungsbehörde den Rückruf von 2,4 Millionen Dieselfahrzeugen angeordnet. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH), die zu den schärfsten Kritikern von Volkswagen gehört, sprach sogar von vorsätzlicher Täuschung. VW versuche durch die Argumentation die Rechtsposition der betroffenen Autobesitzer zu schwächen, um Entschädigungszahlungen zu entgehen. "Wir halten das für Betrug", sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch der Nachrichtenagentur Reuters.

In den USA manipuliert, in Deutschland nicht

Der Konzern will mit seiner Argumentationslinie offenbar teure Schadenersatz-Forderungen von Millionen Kunden wie in den USA abwehren. Während VW die Manipulationen in den USA zugegeben hatte und bis zu 15 Milliarden Euro Schadensersatz leisten wird, streitet der Konzern in Deutschland ab, gegen geltende Gesetze verstoßen zu haben. Die Wirksamkeit der Abgasreinigungsanlage werde in diesen Fahrzeugen gerade nicht reduziert, hatte der Konzern am Donnerstag erklärt. Man habe die Vorgaben für die gesetzlich vorgeschriebenen Schadstoff-Messungen erfüllt. Dass VW trotzdem rund acht Millionen Autos in Europa umrüstet, begründete der Konzern damit, dass man im Interesse der Kunden konstruktiv mit den Behörden zusammenarbeiten wolle. Am Freitag erhielt das Unternehmen vom Kraftfahrt-Bundesamt die Freigabe zur Umrüstung von weiteren 2,6 Millionen manipulierten Dieselautos.

Wie sorgt VW wieder für Aufschwung?

Die juristischen Feinheiten dürften am Freitag auch Thema im VW-Aufsichtsrat gewesen sein. Die Kontrolleure haben sich am Vormittag in Wolfsburg getroffen, um über die zukünftige Strategie und über milliardenschwere Sparideen zu beraten. Eine der Kernfragen für VW ist, wie der Autobauer in den kommenden Jahren den Umschwung in Richtung Elektromobilität und Digitalisierung schafft, gleichzeitig aber Tausende Arbeitsplätze streichen und mehrere Milliarden Euro einsparen kann.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | Aktuell | 04.11.2016 | 15:00 Uhr

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