Stand: 28.01.2018 23:00 Uhr

Weil und Betriebsrat kritisieren VW-Tierversuche

Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). © dpa-bildfunk Foto: Philipp von Ditfurth
Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) kritisiert die Tierversuche.

"Zehn Affen stundenlang mutwillig Autoabgase einatmen zu lassen, um zu beweisen, dass die Schadstoffbelastung angeblich abgenommen habe, ist widerlich und absurd." Mit diesen Worten hat Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) Tierversuche von Volkswagen kritisiert, von denen er nach eigenen Angaben erst aus den Medien erfahren hat. Zuvor war bekannt geworden, dass VW in den USA Affen bewusst Dieselabgasen ausgesetzt hatte. Weil und Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU), die gemeinsam im Aufsichtsrat des Konzerns sitzen, fordern eine vollständige Aufklärung der Geschehnisse, wie es von Seiten des Landes hieß. Es müsse sichergestellt werden, dass nie wieder vergleichbare Studien in Auftrag gegeben werden.

Betriebsrat fordert Aufklärung und Konsequenzen

Der Betriebsrat forderte eine eingehende Untersuchung. "Wir werden hierzu eine umfassende Aufklärung einfordern", sagte Konzernbetriebsratschef Bernd Osterloh der "Welt" (Montagausgabe). "Wenn das so stimmt, dann hat das mit einwandfreiem ethisch-moralischen Verhalten nichts, aber auch gar nichts zu tun." Sollten damalige Verantwortliche noch an Bord sein, "dann müssen personelle Konsequenzen geprüft werden", verlangte er.

"Wir entschuldigen uns für das Fehlverhalten"

Der Wolfsburger Autobauer entschuldigte sich für die Versuche. "Wir sind der Überzeugung, dass die damals gewählte wissenschaftliche Methodik falsch war", erklärte VW. "Es wäre besser gewesen, auf eine solche Untersuchung von vornherein zu verzichten." VW distanziere sich klar von allen Formen der Tierquälerei, hieß es weiter. "Wir entschuldigen uns für das Fehlverhalten und die Fehleinschätzung Einzelner." Verantwortlich für die Tests soll die EUGT ("Europäische Forschungsvereinigung für Umwelt und Gesundheit im Transportsektor") sein, eine von Volkswagen, Daimler und BMW finanzierte Lobby-Initiative.

Vier Stunden in Räumen mit Auspuffgasen

Um zu zeigen, wie unschädlich "saubere" Diesel angeblich sind, soll die EUGT zehn Affen gezielt Schadstoffen ausgesetzt haben, wie die "New York Times" (Freitag) berichtete. Das Blatt beruft sich dabei auf Gerichtsunterlagen und Regierungsdokumente. Demnach wurden die Tiere 2014 vier Stunden lang in Räumen mit Auspuffgasen eines VW Beetle eingesperrt. Das Ganze sei Teil einer Studie gewesen, die beweisen sollte, dass die Schadstoffbelastung dank moderner Abgasreinigung erheblich abgenommen hat.

VW: Nehmen Kritik sehr ernst

Die EUGT soll die Untersuchung bei einem Forschungslabor in Albuquerque in Auftrag gegeben haben. Federführend sei VW gewesen, schrieb die "New York Times". VW widersprach der Darstellung der Vorgänge nicht. Die Beschreibung der Experimente stützt sich vor allem auf Zeugenaussagen des Studienleiters Jake McDonald vom Lovelace Respiratory Research Institute (LRRI). Darin berichtet der Wissenschaftler, dass den Affen zur Beruhigung Zeichentrickfilme gezeigt wurden. "Sie mochten es, Cartoons zu gucken", so McDonald dem 179 Seiten langen Verhörprotokoll zufolge. Man habe zunächst sogar überlegt, die Tests an Menschen durchzuführen. Doch nachdem die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Dieselabgase als krebserregend eingestuft habe, seien wegen rechtlicher Bedenken die Affen zum Einsatz gekommen.

VW-Ingenieur bringt Auto persönlich zum Test

Dass der bei den Versuchen eingesetzte VW Beetle eine Software zur Abgas-Manipulation an Bord hatte, sei ihm nicht klar gewesen, so der Studienleiter. Das Auto hatte VW-Ingenieur James Liang nach Albuquerque gebracht. Liang kooperierte nach dem Auffliegen des Dieselskandals mit den US-Behörden und war Kronzeuge. Inzwischen ist er zu drei Jahren und vier Monaten Haft sowie einer Geldstrafe von 200.000 Dollar verurteilt worden.

Studie ohne abschließende Ergebnisse

Ziel der Tests war offenbar, mit den Ergebnissen die eigenen, als sauber vermarkteten Dieselwagen, von denen anderer Hersteller abzugrenzen. Dazu wurde nicht nur der mit manipulierter Abgastechnik ausgestattete VW Beetle genutzt. Als Vergleich zu dem VW-Fahrzeug diente ausgerechnet ein Ford-Diesel-Truck mit Baujahr, also ein Auto, von dem schlechte Abgaswerte bekannt waren. Die 2007 von BMW, Daimler, Volkswagen und Bosch gegründete EUGT wurde Mitte 2017 aufgelöst. Die abschließenden Ergebnisse der Studie hätten bis dahin nicht vorgelegen, womit das Projekt auch nicht abgeschlossen und veröffentlicht worden sei, hieß es von VW.

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | Aktuell | 27.01.2018 | 08:00 Uhr

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