Die Gemälderestauratorinnen Hildegard Kaul (links) und Verena Herwig besprechen im Herzog-Anton-Ulrich-Museum das Röntgenbild einer Höllensturz-Skulptur aus dem 17. Jahrhundert, das auf einem Bildschirm zu sehen ist. © dpa/picture alliance/Moritz Frankenberg Foto: Moritz Frankenberg

Nur in Braunschweig: Ganz tiefer Einblick in Kunstobjekte

Stand: 03.07.2022 12:40 Uhr

Jede Schraube, jeder Dübel: Im Herzog Anton Ulrich-Museum in Braunschweig werden alle Details eines Kunstwerks sichtbar. Das geht mithilfe eines neuen 3D-Röntgensystems.

Die speziell für das Museum konzipierte Anlage ist europaweit einzigartig. Zwei hochauflösende Röntgenzeilen-Kameras liefern sogenannte stereoskopische 3D-Aufnahmen - dreidimensionale Röntgenbilder von Skulpturen, Möbelstücken und anderen Kunstobjekten.

Was ist Original, wo wurde nachgebessert?

Mitarbeitende, die die Objekte restaurieren und konservieren, können die Aufnahmen auf einem 3D-Monitor sehen. So lässt sich zum Beispiel besser erkennen, welche Stellen im Originalzustand sind und welche bearbeitet wurden, wo kleine Fehler sind und auch, wo bereits ausgebessert wurde.

Möbel, Skulpturen - und ein Dinosaurierschädel

Gemälderestauratorin Hildegard Kaul zeigt auf das Röntgenbild eines Gemäldes im Herzog-Anton-Ulrich-Museum. © dpa Foto: Moritz Frankenberg
Bislang gab es nur 2D-Aufnahmen, sagt Hildegard Kaul.

Zwar gebe es schon seit 1973 röntgentechnologische Untersuchungen im Museum, aber nur in 2D, erklärt Hildegard Kaul, Leiterin der Gemälderestaurierung. Nun werden Möbel, Skulpturen und Wachsfiguren begutachtet: "Wir kommen jetzt durch das gesamte Material", sagt Kaul. Als eines der ersten Versuchsobjekte sei ein Dinosaurierschädel aus dem Naturhistorischen Museum geröntgt worden.

Achtung: Starke Strahlung

"Da schlägt jedes Restauratoren-Herz höher", sagt Restauratorin Verena Herwig. Sie ist künftig auch Strahlenschutzbeauftragte - eine solche ist beim Einsatz der neuen Technik unerlässlich. "Das Ding hat richtig Wumms", sagt Herwig. Eine entsprechende Zusatzausbildung mit Prüfung sei daher zwingend notwendig. Die Verantwortlichen müssen sich auch genau überlegen, welche Objekte sie untersuchen wollen: Wegen der Strahlung darf die Anlage Herwig zufolge maximal 200 Stunden im Jahr betrieben werden, mit der höchsten Spannung sogar nur 40 Stunden.

Verständnis der Geschichte hilft bei Restaurierung

Eine Höllensturz-Skulptur aus dem 17. Jahrhundert steht fixiert in der neuen Röntgenanlage für Kunst im Herzog-Anton-Ulrich-Museum. © dpa Foto: Moritz Frankenberg
Die Röntgenanlage liefert 3D-Bilder von Skulpturen - diese stammt aus dem 17. Jahrhundert.

"Art X Ray Braunschweig" heißt das System, das von einem Diepholzer Unternehmen entwickelt wurde. Die Wissenschaftlerinnen sind begeistert, dass sie damit die Geschichte der Bearbeitung ablesen können. Das sei für die Forschung wichtig, da Kunstobjekte selten unangetastet blieben. Wenn die Konstruktion und mögliche Schäden besser verstanden würden, gebe das Aufschluss über die weitere Bearbeitung und die geeignetsten Methoden der Konservierung und Restaurierung. 270.000 Euro hat "Art X Ray" gekostet, laut Museum finanziert durch den Freundeskreis des Hauses und aus dem Erbe eines Spenders. Schon bald könne der Regelbetrieb starten, sagt Herwig.

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Hallo Niedersachsen | 16.06.2022 | 19:30 Uhr

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