"Das System kollabiert": Kommentar zum Fachkräftemangel in Kitas
Laut einer Berechnung der Bertelsmann-Stiftung fehlen in Kitas landesweit 12.000 Fachkräfte. Das Problem sei bekannt und liege im System, sagt unsere Autorin. Zeit für eine Grundsatzfrage.
Ein Kommentar von Cathrine Lejeune
Es nervt: Seit zehn Jahren ist das Problem bekannt. Es fehlen Erzieherinnen und Erzieher, es fehlen Lehrkräfte und gefühlt passiert nichts. Ein Trend, der abzusehen war und der sich Jahr für Jahr verschärft. Und immer wieder höre ich neue Ausreden: Mal sind es die geflüchteten Kinder, die mit betreut werden sollten, dann war Corona schuld, oder die Babyboomer, die plötzlich alle in Rente gehen. Klar, das alles verschärft die Lage - aber das Problem liegt im System!
Kein Umdenken in der Politik
Denn die Situation war schon lange vor Corona angespannt. Die Pandemie wirkte wie ein Brandbeschleuniger und alle Eltern, die hofften, dass mit der Alltagsnormalität auch wieder Betreuungsnormalität eintreten würde, wurden bitter enttäuscht. Denn es fehlen zigtausende Fachkräfte - das System kollabiert. Und die Politik? Da ist das Problem erkannt - ein Umdenken ist aber nicht zu erkennen. Das neue Kita-Gesetz sollte die Qualität verbessern - macht die Situation jetzt aber schlimmer. Denn jetzt dürfen Sozialassistenten die Kinder nicht mehr alleine betreuen - das dürfen nur noch Erzieherinnen.
Was wir brauchen
Wir brauchen: mehr Geld für mehr Personal, für kleinere Gruppen, für eine voll vergütete Ausbildung. Es kann nicht sein, dass angehende Erzieherinnen aus eigener Tasche draufzahlen müssen. Außerdem müssen ausländische Abschlüsse schneller anerkannt werden und die duale Ausbildung muss kommen, damit die Fachkräfte schneller ins System kommen, praxisnaher arbeiten und schneller Geld verdienen.
Kinder und Arbeit immer schwerer vereinbar
Wir Eltern sind am Limit: mein erster Blick am Morgen geht aufs Handy - und schon wieder: Wegen Personalmangel kann die Kita nicht betreuen. Alltag bei vielen Eltern. Viele sind überlastet: Kinder und Arbeit unter einen Hut zu bekommen, kaum möglich. Frühkindliche Bildung? Davon kann leider kaum noch die Rede sein - es ist mehr ein Verwahren der Kinder - und das frustriert alle Beteiligten. Achtung: Jede vierte ausgebildete Kita-Fachkraft hängt innerhalb der ersten fünf Jahre den Job an den Nagel.
Was sind uns unsere Kinder wert?
Schon jetzt schneiden wir in schulvergleichenden Studien schlecht ab und das wird sich nicht bessern, wenn wir nicht schnellstmöglich, auch bei den Kleinsten, handeln. Wir müssen uns ehrlich fragen, was sind uns unsere Kinder und ihre Bildung wert? Denn sie sind das Fundament, auf dem unsere Gesellschaft steht.