Menschen am Bahnsteig. © Screenshot

Tourismus in MV: "Wir haben ein Köche-Problem"

Stand: 07.06.2022 15:09 Uhr

Über Pfingsten hat die Tourismuswirtschat in Mecklenburg-Vorpommern einen regelrechten Urlauberanstrum erlebt. Doch die Branche steht unter Druck: Arbeitskräfte sind Mangelware, Abstriche beim Angebot teilweise schon die Folge. Hinzu kommen Lieferengpässe und die Inflation.

300.000 Übernachtungsgäste im Nordosten, volle Strände, viel Sonne. Alexander Winter, Geschäftsführer von arcona Hotels & Resorts und Vorsitzender des Tourismusverbands MV, ist mit dem Pfingsgeschöft zufrieden, wie er bei NDR MV Live erklärt: "Das Wetter hat gepasst. Demzufolge war auch ein kurzfristig gutes Geschäft noch vorhanden." Doch Winter sind auch die dunklen Wolken nicht verborgen geblieben, die am Tourismushimmel aufziehen.

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Ausflügler am Strand im Ostseebad Graal-Müritz. © dpa-Bildfunk Foto: Frank Hormann

Tourismusbilanz zu Pfingsten: Rund 300.000 Gäste in MV

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Wenn die Küche leer bleibt

Der Fachkräftemangel ist hinlänglich bekannt, und droht sich weiter zu verschärfen ."Es ist hauptsächlich ein Köche-Problem. Das ist schon fast ein Mangelberuf geworden", sagt Winter - auch wenn die Lage in seinem Betrieb noch nicht kritisch ist. "Wir haben auch in Corona-Phasen des Lockdowns alle Mitarbeiter versucht an Bord zu halten. Das ist uns großteils gelungen", so Winter. Bis zur Hauptsaison erwartet Winter noch weitere Mitarbeiter aus Rumänien und Polen. "Wir sind dann eigentlich zur Saison 'fully staffed', wie es so schön heißt." Aber Winter weiß auch von anderen Betrieben, die ihre Speisekarte ausgedünnt oder die Betriebszeiten angepasst haben - einfach, weil es an Personal mangelt.

Längere Wartezeiten, weniger Angebot

Auch der Kurdirektor des Ostseebads Boltenhagen, Martin Burtzlaff, merkt, dass dieses Problem auch die Gastbetriebe in seiner Gemeinde umtreibt. "Man merkt die Auswirkungen der Pandemie hinsichtlich des Fachkräftemangels. Es dauert hin und wieder mal etwas länger, bis der Kaffee oder das Essen gebracht wird." Hin und wieder müsse man auch auf einen Sitzplatz etwas länger warten. "Es ist wirklich ein Thema - und wirklich ein wichtiges Thema", so Burtzlaff. In einigen Hotels werde schon überlegt, ob die Gastronomie nur noch für Hausgäste angeboten werden - "weil es das Personal nicht hergibt".

"Wir brauchen auch einen ordentlichen Zuzug"

Für Alexander Winter vom Tourismusverband muss dringend gehandelt werden. "Ich glaube, dass es da mit unserem Partner, mit dem Dehoga auf der Landesebene, aber auch auf der Bundesebene, Initiativen braucht, diesen Kochberuf attraktiv werden zu lassen." Das Gastgewerbe stehe im Wettbewerb mit etlichen anderen Branchen. "Wir brauchen auch einen ordentlichen Zuzug", ist sich Winter sicher. "Aber ich denke, wir müssen das nachhaltig aufbauen. Wir müssen auch sehen, wie wir den Mitarbeitern Unterbringungsmöglichkeiten bieten und unsere Wohnorte hier schmackhaft machen."

Lohn: "Eine Frage von Angebot und Nachfrage"

Auch am Thema geringe Löhne gebe es kein Vorbeikommen, so Winter. In seinem Betrieb würden Mitarbeiter übertariflich bezahlt, es gebe Zuschläge und Azubis werde teilweise auch günstiegr Wohnraum angeboten. Gerade hätten einige ein neues Personalhaus in Göhren auf Rügen beziehen können, so Winter. Auch Fahrtkostenzuschüsse seien ein probates Mittel. "Wir brauchen unbedingt mehr Initiative in diesem Ausbildungsberuf, dass wir da auch wieder zufriedene neue Mitarbeiter für unsere Branche gewinnen können. Es steuert ja auf den Mindestlohn von 12 Euro zu. In vielen Urlausbregionen ist das schon längst Mindeststandard, um überhaupt Mitarbeiter zu bekommen. Das ist eine Frage von Angebot und Nachfrage." Und pber Gehalt entscheide sich ja letzendlich auch die Branchenwahl, so Winter.

Warenengpässe erfordern Krativität

Winter sieht das Reduzieren von Servicestandards kritisch. "Wir sollten versuchen, davon wegzukommen. Das ist ein Spagat, den wir da gehen müssen." Aber einfach werde das nicht, denn aktuell kommen weitere Probleme hinzu: zum Beispiel die Warenverfügbarkeit: "Dass unsere Lieferanten alle nicht mehr so liefern, wie wir auch bestellen, sondern dann bei Lieferung einfach auch sagen: 'Sorry, die Butter ist leider nur zur Hälfte mitgekommen.'" Oder es fehlten grundsätzliche Produkte zum Zubereiten von Speisen. "Da muss man auch schon sehr kreativ an der einen oder anderen Stelle sein."

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 07.06.2022 | 14:30 Uhr

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Tourismus

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