Das Gebäude, in dem die Leitstelle des Landkreis Rostock einziehen soll. © Juliane Schultz Foto: Juliane Schultz

Landkreis Rostock: Leitstelle zieht in Bad Doberaner Fitnessstudio

Stand: 19.05.2024 10:16 Uhr

Der Landkreis Rostock hat in Bad Doberan einen neuen Standort für seine Rettungsleitstelle gefunden. Trotz Widerstand des Landrates setzte sich der Vorschlag der Verwaltung durch.

von Juliane Schultz

Der Landkreis Rostock hat einen neuen Standort für seine Rettungsleitstelle bestimmt. Sie soll in einem bisherigen Büro- und Geschäftshaus in Bad Doberan untergebracht werden, das der Eigentümer zu diesem Zweck umbauen und an den Landkreis vermieten will. Ein Fitness-Studio müsste deshalb voraussichtlich umziehen, aber nur innerhalb des Hauses oder auf demselben Grundstück, wie es heißt. Das Fitness-Studio sei weiterhin geöffnet, betonte Inhaber Karsten Luther. Er hat nach eigenen Angaben einen Mietvertrag bis 2029 und ist an einer einvernehmlichen Lösung interessiert.

Bürgermeister zeigt sich zufrieden mit der Entscheidung

Zwei Tage nach der Abstimmung auf der Kreistagssitzung war allerdings der Ärger über die Diskussionen im Vorfeld noch nicht ganz verflogen. Denn Landrat Sebastian Constien (SPD) wollte als neuen Standort auch Güstrow und Rostock prüfen lassen. Der Kreistag stimmte jedoch für den Verbleib der Leitstelle in Bad Doberan. Freude darüber gab es bei Bad Doberans Bürgermeister Jochen Arenz (parteilos): "Das sind sehr gute Nachrichten für Bad Doberan und vor allem für die Mitarbeiter." Dennoch konnte er es kaum fassen, dass die Standortfrage der Leitstelle überhaupt auf der Kippe stand - ausgerechnet durch den eigenen Landrat: "Das muss man sich mal vorstellen, er hat gegen seine eigene Verwaltung argumentiert. So kann man doch keine Mitarbeiter halten: Insbesondere nicht die der Fachkräfte in der Leitstelle."

Bürgermeister Arenz: Leitstelle muss Fachkräfte binden

Dabei hatte der Kreistag sich schon im vergangenen Jahr zum Standort Bad Doberan bekannt. Er hatte die Verwaltung beauftragt, eine neue Immobilie zu suchen. Das war nötig, weil die bisherigen Räume, in denen die Leitstelle seit 2010 untergebracht ist, inzwischen zu klein und auch schadstoffbelastet sind. Schnell sei klar gewesen, dass es auch mit Blick auf die rund 30 Mitarbeiter sinnvoll sei, die Leitstelle in Doberan zu lassen, so Lars Schwarz (CDU), Chef des Eigenbetriebsausschusses im Kreistag. "Wir brauchen keine neue Leitstelle in Güstrow, wenn wir dann die Fachkräfte nicht mehr haben."

So sieht es auch Bürgermeister Arenz: "Viele Mitarbeiter haben hier ihren Lebensmittelpunkt, sie arbeiten in Zwölf-Stunden-Schichten. Eine Leitstelle in Güstrow bedeutet, sie müssten dazu noch fast zwei Stunden pendeln. Wir konkurrieren mit der freien Wirtschaft und mit Rostock - auch da werden Fachkräfte gebraucht."

Lars Schwarz: Entscheidungen nicht nach Rostock abschieben

Umso unverständlicher sei es, sagt Lars Schwarz, dass der Landrat es sogar in Erwägung zog, die Leitstelle raus aus dem Landkreis in die Hansestadt Rostock zu verlegen. "Ich habe ja Verständnis, wenn es den Menschen im Landkreis egal ist, wo die Leitstelle sich befindet. Die sind froh, wenn jemand bei einem Notruf ans Telefon geht und Hilfe organisiert." Aber der Landrat müsse doch wissen, dass es bei Großschadenslagen - wie zuletzt der Moorbrand in Göldenitz - einen Unterschied mache, ob jemand von außen oder ob der Landkreis die Ereignisse steuert. "Wir dürfen solche Entscheidungen nicht nach Rostock abschieben, sondern müssen die Dinge selbst in die Hand nehmen."

Constien stimmt gegen eigene Verwaltung

Dem entgegnet Landrat Sebastian Constien (SPD): "Ich war immer dafür, dass die Leitstelle unter Führung des Landkreises bleibt. Aber ich muss als Landrat auch die Wirtschaftlichkeit prüfen." Für ihn wäre eine gemeinsame Rettungsleitstelle in Rostock vorstellbar gewesen. Auch die Nutzung einer kreiseigenen Immobilie hätte laut Constien eine wirtschaftliche Lösung sein können, wie etwa jene in Güstrow, in der die Leitstelle früher schon einmal untergebracht war. Aus seiner Sicht wäre der Weg dahin auch für die Mitarbeiter zumutbar gewesen. "Aber weil es keine Prüfung der Alternativen gab, habe ich gar nicht anders gekonnt, als im Kreisausschuss gegen den Vorschlag der Verwaltung zu stimmen", so der Landrat. Am Ende halte er das Votum für Bad Doberan "für eine politische Entscheidung, bei der wirtschaftliche Abwägungen eine zu geringe Rolle gespielt haben".

Kritik an Landrat: Keine Argumente angehört und eingebracht

Sätze, die Lars Schwarz sichtlich empören. In fünf Sitzungen habe sich der Eigenbetriebsausschuss mit der Standortfrage der Leitstelle beschäftigt. Zu allen sei der Landrat eingeladen gewesen, zu keiner sei er gekommen. "Er hat sich weder die Argumente angehört, noch kennt er die wirtschaftlichen Abwägungen, denn die gab es sehr wohl. Und noch schlimmer: Der Landrat hat auch keine eigenen Argumente eingebracht." Auch der stellvertretende Landrat Stephan Meyer (CDU), zuständig für die Immobilien des Landkreises, bestätigt: "Es gab natürlich Kostenvergleiche. Und die nun beschlossene Variante, ist die kostengünstigste."

Drei Millionen Euro Miete für 20 Jahre

Meyers Team war es, das beim Metallbauunternehmer und Vermieter Henryk Ott fündig geworden ist. Bei ihm soll, so der Plan, die Leitstelle für 20 Jahre Anfang 2026 zur Miete einziehen. Mietkosten für den Landkreis über diese Laufzeit: Knapp drei Millionen Euro. Weiteren Gegenwind vom Landrat soll es nicht geben, der sagt: "Letztlich akzeptiere ich natürlich die Entscheidung des Kreistages."

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 17.05.2024 | 19:00 Uhr

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