Bundesweit einzigartig: Long-Covid-Institut in Rostock gegründet

Stand: 01.10.2022 17:04 Uhr

In Rostock ist ein deutschlandweit einzigartiges Long-Covid-Institut eröffnet worden. Patienten sollen dort über den Umgang mit der Erkrankung und mögliche Behandlungen informiert werden. Initiatorin ist die Lungenfachärztin Jördis Frommhold. MV-Gesundheitsministerin Stefanie Drese (SPD) sprach von einem Leuchtturm-Projekt.

Frommhold hat in der Median-Reha-Klinik in Heiligendamm schon mehr als 5.500 Long-Covid-Patienten behandelt und gilt bundesweit als Expertin auf dem Gebiet. Sie wolle ihr Wissen mehr Menschen zugänglich machen und nicht nur denjenigen, die "das Glück hatten, einen Reha-Platz zu ergattern", sagte Frommhold NDR 1 Radio MV. Long-Covid sei eine Volkskrankheit. Es gebe geschätzt Zehntausende Betroffene allein in Mecklenburg-Vorpommern und bis zu drei Millionen in Deutschland. Die Weltgesundheitsorganisation WHO geht europaweit von rund 17 Millionen Betroffenen aus. Die Dunkelziffer sei hoch.

Long-Covid-Institut soll Lücken schließen in Versorgungsinfrastruktur

"Mit Ihrer Expertise helfen Sie Menschen, die von der Corona-Pandemie ganz besonders betroffen sind", sagte MV-Gesundheitsministerin Drese am Sonnabend im Rahmen des Eröffnungssymposiums in der Hansestadt. Die Einrichtung solle die Lücken in der bundesweit kaum ausgebauten Versorgungsstruktur für Betroffene schließen und sei damit ein Leuchtturm im Land. Patienten sollen dort über den Umgang mit der Erkrankung und über mögliche Behandlungen informiert werden. Gerade bei Long-Covid sei es besonders wichtig, dass es eine Stelle gebe, an der die Informationen zusammenliefen, so Frommhold.

Long-Covid: "Neue Volkskrankheit, die unsere Gesellschaft langfristig verändern kann"

Im Prinzip kann sich jeder an das Institut wenden. Allerdings gibt es noch keine kassenärztliche Zulassung. Deshalb steht es derzeit Privatpatienten und Selbstzahlern offen. Es gehe vor allem um Beratung, Prävention und Vernetzung. Frommhold will Firmen beraten und Mitarbeiter, wenn diese wegen der Erkrankung nicht mehr leistungsfähig sind. Betroffene können im Institut von Behandlungsmöglichkeiten und therapeutischen Ansätzen erfahren. Denn bei Long-Covid handle es sich um eine neue Krankheit mit bis zu 200 verschiedenen Symptomen. "Das ist die neue Volkskrankheit, die das Zeug hat, unsere Gesellschaft langfristig zu verändern", sagte Frommhold. Long Covid könne unbehandelt zur Erwerbsunfähigkeit führen. "Das können wir uns als Gesellschaft schlicht und einfach nicht leisten."

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Drese betont Komplexität von Long-Covid

Long-Covid sei derzeit noch wenig erforscht, sagte Drese. Der Anteil der Long-Covid-Erkrankten werde sehr unterschiedlich beziffert, er liege jedoch mindestens bei etwa vier Prozent der Corona-Patienten. Entweder blieben die Symptome der Corona-Infektion bestehen oder entwickelten sich nach einigen Monaten. Teilweise seien auch schwere und nachhaltige Organschäden festgestellt worden, so die Ministerin. Drese hob die psychischen Beeinträchtigungen einer Long-Covid-Erkrankung hervor. Die Folgen hinderten Betroffene daran, ihrer Arbeit sowie ihrem Familien- und Sozialleben nachzugehen. Die Komplexität der Erkrankung führe dazu, dass es nicht mit einer Diagnose und einem Arztbesuch getan sei. Vielmehr müssten viele Experten aus unterschiedlichen Fachbereichen hinzugezogen werden.

Institut soll Mittelpunkt eines Expertennetzwerks werden

Das Institut werde mit Krankenhäusern kooperieren, etwa dem Bundeswehrkrankenhaus in Hamburg. Laut dessen Kommandeur Thomas Harbaum, braucht es ein Long-Covid-Expertennetzwerk, in dessen Mittelpunkt das Institut stehe. Wirtschaft und Wissenschaft hätten dringenden Bedarf, sagte er angesichts der drohenden Schäden, die durch die teils monatelangen Erkrankungen ausgelöst werden können. Als Geschäftsführerin finanziere Frommhold das Institut zunächst aus privaten Mitteln. Die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern plane eine Unterstützung. Darüber müsse aber noch der Landtag entscheiden, hieß es weiter.

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | Mittagsschau kompakt | 01.10.2022 | 13:00 Uhr

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