Geldscheine liegen neben einem Stromzähler. © colourbox

Verbrauchern drohen hohe Nachzahlungen für Energie

Sendung: Wirtschaft | 18.07.2022 | 06:40 Uhr | von Markus Plettendorff
5 Min | Verfügbar bis 18.07.2024

Seit einer Woche fließt nun kein Gas mehr durch die Ostseepipeline Nordstream 1 und es ist völlig offen, ob Russland den Gashahn nach der Wartung wieder aufdreht. Während eine Diskussion darüber entbrannt ist, ob im Krisenfall die Industrie oder die Privathaushalte auf Gas verzichten müssen, sorgen sich viele Menschen vor hohen Nachzahlungen. Dreimal so hoch könnte die Gasrechnung ausfallen, warnt die Bundesnetzagentur.

Steht uns wirklich eine so drastische Preiserhöhung bevor?

Vielleicht nicht heute oder morgen, aber spätestens im kommenden Jahr wird es mit ziemlicher Sicherheit deutlich teurer für diejenigen, die mit Gas heizen. Sollte die Regierung den Gasversorgern genehmigen ihre höheren Beschaffungskosten auch während eines laufenden Vertrages an ihre Kunden weiterzugeben, dann könnte das auch noch eher der Fall sein. Auch aktuell drohen Nachzahlungen, wenn die Nebenkostenabrechnung kommt. Je nach Abrechnungszeitraum. Aber in denen sind die Folgen des Ukraine-Kriegs und hohen Gaspreise noch gar nicht vollständig enthalten. Die kräftige Nachzahlung droht also vielen mit der Nebenkostenabrechnung der kommenden Heizperiode. Aber es gibt ja auch Kunden, die haben jetzt schon höhere Preise zu zahlen.

Wie ist das zu erklären?

Das gilt für diejenigen, deren Wohnung oder Haus direkt mit Gas beliefert wird - also diejenigen, die einen Vertrag mit einem Gasanbieter haben. Hausbesitzer zum Beispiel. Da hat es Billiganbieter gegeben, die allen Kunden gekündigt haben. Die mussten dann woanders teurer einen neuen Vertrag abschließen. Andere Anbieter haben Preiserhöhungen angekündigt. Dann hat man zwar ein Sonderkündigungsrecht - findet im Moment aber auch kaum deutlich günstigere Anbieter. Weit mehr als die Hälfte aller Menschen in Deutschland wohnen allerdings zur Miete. Und da ist es so - genau wie zum Beispiel bei Eigentümergemeinschaften, die eine zentrale Heizungs- und Warmwasseranlage haben - dass einmal im Jahr abgerechnet wird. Und aufgrund des eigenen Verbrauchs und des Gaspreises gibt’s dann Geld zurück oder, und das ist für die kommende Abrechnung ziemlich sicher, muss dann nachgezahlt werden. Und die kommenden Abschlagszahlungen werden dann angepasst und auch deutlich höher ausfallen. Das wird ja sehr viele Menschen betreffen. Denn fast die Hälfte der Deutschen heizt ja mit Gas.

Was können die jetzt tun?

Wenig, außer Gas zu sparen und Rücklagen zu bilden. Viele versuchen ihre Abschlagszahlungen zu erhöhen, um die böse Überraschung zu vermeiden. Bei einigen Versorgen kann man das sogar ganz einfach online regeln. Das Risiko ist allerdings eine mögliche Pleite des Anbieters - dann ist, wenn´s blöd läuft - mein Geld weg. Mieter haben ja gar kein Vertragsverhältnis mit einem Gaslieferangen, die müssen das mit der Vermieterin oder dem Vermieter klären. Die dürfen ihrerseits nicht einfach so die Abschlagszahlung erhöhen, sondern erst dann, wenn die Betriebskostenabrechnung gemacht ist. Ich kann aber natürlich meinerseits anbieten einen höheren Abschlag zu bezahlen. Wenn sich beide Parteien darüber einig sind, sollte man das aber schriftlich fixieren. Verbrauchschützer empfehlen aber das Geld für die mögliche Nachzahlung lieber privat anzusparen. Im Mietvertrag ist die Heizkostenvorauszahlung oft ausgewiesen und dann sollte man also das Doppelte von dem, was man bislang zahlt zusätzlich zur Seite legen. Da können ja durchaus schnell mal Nachzahlungen von zwei oder dreitausend Euro zusammenkommen.

Was passiert, wenn ich das Geld dann nicht habe?

Den Direktkunden droht dann im schlimmsten Fall die Sperrung ihres Gasanschlusses. Hier muss der Gasversorger aber bestimmte Regeln einhalten, bevor der Hahn zugedreht wird. Schwieriger ist die Situation natürlich bei Mehrfamilienhäusern mit vielen Mietparteien. Hier kann man ja nicht allen die Heizung abdrehen, wenn einer nicht zahlen kann. Aber: hier droht im schlimmsten Fall die Kündigung des Mietvertrags. Sozialverbände fordern darum ein Moratorium, dass keinem Mieter gekündigt werden darf, wenn er die infolge der Energie-Krise drastisch steigenden Kosten für Strom und Heizung nicht mehr zahlen kann. Und die Bundesverbraucherschutzministerin Lemke will so einen Aufschub für Gas- und Stromsperren.