Corona-Warn-App - erfüllt sie noch ihren Zweck?
Die Corona-Warn-App wurde in Deutschland inzwischen mehr als 46 Millionen Mal heruntergeladen - trotzdem scheint sie ein bisschen in Vergessenheit geraten zu sein. Dabei ist die Entwicklung weiterhin teuer - bis zum Ende dieses Jahres wird die Warn-Software nach Angaben von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) rund 160 Millionen Euro Steuergelder gekostet haben.
Die Anzahl der bereitgestellten Testergebnisse in der Corona-Warn-App sinkt: Seit März dieses Jahres laden Monat für Monat immer weniger Nutzer ihre positiven oder negativen Ergebnisse in der App hoch. Zahlen aus einer Open-Source-Analyse zeigen: Nach einem Höhepunkt im Februar diesen Jahres, als an einigen Tagen über eine Millionen Tests hochgeladen wurden, waren es Anfang September täglich nur noch rund 180.000.
Epidemiologe: Weniger Aussagekraft
Ralf Reintjes überrascht das nicht. Er ist Epidemiologe an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg und sagt: "Die Zahlen bedeuten nicht automatisch, dass in Deutschland insgesamt weniger Tests gemacht werden - nur landen deutlich weniger Ergebnisse in der App. Da jedoch der Anteil derer, die sich offiziell testen lassen und nicht Zuhause einen Schnelltest nutzen, abnimmt, nimmt natürlich auch die Aussagekraft der App ab."
Gesundheitsministerium findet App noch sinnvoll
Viele Menschen testen sich offenbar lieber selbst, als einen Termin im Testcenter zu vereinbaren. In Niedersachsen zum Beispiel wurden in einer Woche im Juni noch fast eine Millionen Test in den Schnelltestzentren des Landes durchgeführt. Drei Monate später waren es nur noch rund 320.000. Hilft also die Corona-Warn-App womöglich kaum noch, um Infektionsketten zu unterbrechen? Das Bundesgesundheitsministerium widerspricht. Auf eine Anfrage von NDR Info heißt es schriftlich: "Aktuelle Auswertungen zeigen, dass die Bereitschaft zur Datenspende nach wie vor unverändert hoch ist (etwa 16 Millionen Datenspendende) - was auf die weiterhin hohe Nutzung der Corona-Warn-App rückschließen lässt."
Nutzung könnte ab Herbst wieder zunehmen
Bisher ist es nicht möglich, die Ergebnisse von Selbsttests in der App hochzuladen. Die Frage, ob dies nicht sinnvoll sein könnte, lässt das Ministerium aber unbeantwortet. Weiter heißt es aber in der Stellungnahme: "Insbesondere im Falle einer Zunahme der Inzidenz in Hinblick auf Herbst und Winter gewinnen die Funktionalitäten der Corona-Warn-App wieder zusätzlich an Bedeutung."
Epidemiologe empfiehlt: App weiter nutzen
Mit anderen Worten: Wenn es wieder mehr Corona-Fälle gibt, wird die App wieder dringender gebraucht. Davon geht auch der Epidemiologe Ralf Reintjes aus. Für ihn gilt auch jetzt schon: "Ich nutze sie weiter. Ansonsten, wenn wir sie nicht auf unserem Handy hätten, würden wir wirklich nur im Trüben fischen." Aus seiner Sicht ist eine App, die ab und zu warnt, immer noch besser als gar keine. Allerdings ist nicht klar, ob automatisch mehr Tests in der App hochgeladen werden, wenn die Fallzahlen steigen - oder ob die Bereitschaft dazu dauerhaft nachgelassen hat.