Versäumnisse vor Amoktat? Innenbehörde hält an Polizeipräsident fest
Die Hamburger Innenbehörde hält an Polizeipräsident Ralf Martin Meyer fest. Nachdem die Generalstaatsanwaltschaft im Zusammenhang mit dem Amoktat bei den Zeugen Jehovas in Alsterdorf gegen einen Mitarbeiter der Waffenbehörde ermittelt, hatte es Rücktrittsforderungen aus der Opposition gegeben.
Polizeipräsident Ralf Martin Meyer habe die volle Rückendeckung von Innensenator Andy Grote (SPD), heißt es aus der Innenbehörde. Auch die Regierungsfraktionen von SPD und Grünen zählen den Polizeipräsidenten nicht an.
Innenpolitische Sprecher verteidigen Meyer
Der innenpolitische Sprecher der SPD, Sören Schumacher, sagte, Meyer habe nach dem Amoklauf umgehend interne Ermittlungen eingeleitet. Damit sei er sehr verantwortungsvoll mit der Lage umgegangen. Die Vorgesetzten des verdächtigen Mitarbeiters hätten die Lage nicht richtig einschätzen können, weil ihnen entscheidende Informationen vorenthalten worden seien. Schumacher verweist auf individuelles Fehlverhalten des betroffenen Mitarbeiters.
Die innenpolitische Sprecherin der Grünen, Sina Imhof, sagte, die Vorwürfe gegen den Mitarbeiter der Waffenbehörde würden schwer wiegen. Sie betonte, dass erst mal die Ermittlungen der Generalstaatsanwaltschaft abgewartet werden müssten.
Auch Polizei offenbar für Meyer
Auch innerhalb der Polizei scheint der Polizeipräsident Rückendeckung zu haben. Der Hamburger Landesverband der Deutschen Polizeigewerkschaft steht hinter Meyer. Landeschef Thomas Jungfer sagte, für Verfehlungen eines einzelnen Mitarbeiters könne er nichts. "Nach Auffassung der Gewerkschaft der Polizei handelt der Polizeipräsident angemessen und konsequent. Daher hat der Präsident auch den Rückhalt der Beschäftigten der Polizei Hamburg", heißt es zudem auf Anfrage von NDR 90,3 seitens der Gewerkschaft der Polizei.
BDK stärkt Meyer den Rücken
Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) spricht sich ebenfalls für den Polizeipräsidenten aus. "Nach Kenntnis des BDK ist die Hamburger Polizeiführung durch die Senatskanzlei zu einem viel zu frühen Zeitpunkt und entgegen der herkömmlichen Vorgehensweise dazu gedrängt worden, auf der Landespressekonferenz unvollständige Ermittlungsergebnisse zu präsentieren", heißt es. Auf die durch den Fortgang der Ermittlungen festgestellten Fallkenntnisse seien die richtigen Maßnahmen getroffen worden. "Den eh schon scheidenden Polizeipräsidenten Ralf Martin Meyer nunmehr in diesem Zusammenhang seines Amtes zu entheben, wäre ein allzu durchschaubares Ablenkungsmanöver der Innenbehörde."
Auch Rücktrittsforderungen gegen Grote
Zuvor war auch Innensenator Grote durch die neuen Entwicklungen zunehmend in die Kritik geraten. CDU und Linke in der Bürgerschaft forderten seinen Rücktritt. "Es ist erschreckend, dass immer weitere Details bekannt werden, die den Verdacht erhärten, dass der Amoklauf bei einem vernünftigen Arbeiten der Behörden hätte verhindert werden können", sagte Hamburgs CDU-Chef Dennis Thering. Der innenpolitische Sprecher der CDU, Dennis Gladiator sagte NDR 90,3, er fordere mehr denn je den Rücktritt des Innensenators. Aus der Sicht von Deniz Celik von der Linken erhärtet sich der Verdacht, dass es zu dem Amoklauf nicht hätte kommen müssen, obwohl der Innensenator noch vor Kurzem das Gegenteil gesagt habe.
Ermittlungen gegen einen Mitarbeiter der Waffenbehörde
Am Donnerstag war bekannt geworden, dass die Generalstaatsanwaltschaft gegen einen Mitarbeiter der Waffenbehörde wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung in sechs Fällen ermittelt. Der Mann soll Informationen über den psychischen Zustand des späteren Todesschützen innerhalb der Waffenbehörde nicht weitergeleitet haben. Dem Mitarbeiter der Waffenbehörde ist am Freitag sein Dienstausweis abgenommen worden. Damit darf er bis auf weiteres nicht mehr zur Arbeit kommen.
Bei dem Amoklauf am 9. März in der Straße Deelböge im Stadtteil Alsterdorf hatte ein 35-Jähriger bei einer Gemeindeversammlung der Zeugen Jehovas sieben Menschen und sich selbst getötet. Neun Menschen wurden verletzt.