Extremwetterkongress in Hamburg: Intensive Hitzewellen nehmen zu

Stand: 28.09.2022 21:27 Uhr

Die Klimakrise ist da, wie geht man damit um? Darüber diskutieren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie andere Expertinnen und Experten bis Freitag beim Extremwetterkongress in Hamburg.

Der Sommer in diesem Jahr war ein Sommer der Extreme - das geht aus den Daten des Extremwetterberichts hervor, den der Deutsche Wetterdienst zum Start des Kongresses am Mittwoch vorgelegt hat. Demnach fällt die gegenwärtige Erwärmung in Deutschland viel stärker aus als im globalen Mittel. Die Hitzetage mit Temperaturen von mindestens 30 Grad seien in den vergangenen 70 Jahren von drei Tagen im Jahr auf neun Tage gestiegen. 14-tägige Hitzeperioden mit einer mittleren Tageshöchsttemperatur von mindestens 30 Grad Celsius habe es zum Beispiel in Hamburg vor 1994 nicht gegeben, seitdem seien solche Ereignisse allerdings schon sieben Mal registriert worden.

Fünf bis zehn weitere heiße Tage pro Jahr im Norden erwartet

Bei ungebremstem Treibhausgasausstoß werde für den Zeitraum von 2031 bis 2060 eine weitere Zunahme um 5 bis 10 heiße Tage im Jahr in Norddeutschland und 10 bis 20 in Süddeutschland erwartet, heißt es in dem Bericht weiter. Den Experten und Expertinnen zufolge traten seit dem Jahr 2000 neun der zehn wärmsten Jahre seit Beginn der systematischen, flächendeckenden Wetteraufzeichnungen 1881 auf. "Eine derart außergewöhnliche Häufung von Rekordjahren der Temperatur ist nur durch die menschengemachte globale Erwärmung erklärbar", schreiben die Autoren und Autorinnen des Berichts.

Ein interaktiver Globus beim Extremwetterkongress in Hamburg. © picture alliance / dpa
AUDIO: Extremwetterkongress in Hamburg eröffnet (1 Min)

"To-do-Liste für die Regierung"

Und man müsse mit noch mehr Wetterextremen rechnen, warnte Tobias Fuchs vom Deutschen Wetterdienst. "Wir erleben die Klimaveränderung inzwischen direkt vor unserer Haustür, sind selbst unmittelbar betroffen." Die Bemühungen um den Klimaschutz müssten verstärkt werden, lautet die Forderung der Experten. Luisa Neubauer von "Fridays for Future" sagte, diese Fakten müssten aufrütteln. Das sei eine To-do-Liste für die Regierung. Künftig müsste jedes Handeln auf seine ökologische Wirksamkeit überprüft werden. ARD-Metereologe Sven Plöger warb dafür, nicht nur von drohenden Gefahren zu erzählen, sondern auch von erzielten Erfolgen.

Böttcher: Elbe-Sperrwerk wird kommen

"Egal was wir tun, wir werden einen Teil des Klimawandels hautnah erleben", sagte Meteorologe und Kongress-Organisator Frank Böttcher vor Beginn des Kongresses. Man müsse den Klimaschutz verstärken, aber auch lernen, sich anzupassen. Böttcher ist zuversichtlich, dass Starkregen ein "Geschenk des Himmels" sein kann, wenn man lernt, das Wasser so zu speichern, dass es in Dürrezeiten genutzt werden kann. Norddeutschland muss sich laut Böttcher auf den Anstieg des Meeresspiegels vorbereiten. Es sei nicht mehr die Frage, ob man in einigen Jahrzehnten ein Elbe-Sperrwerk braucht, sondern nur noch die Frage wo.

Bundesumweltministerin kündigt Klimaanpassungsgesetz an

Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) wurde bei dem Kongress zugeschaltet. Sie will demnächst ein Klimaanpassungsgesetz vorlegen. Und sie kündigte an, vier Milliarden Euro in den Erhalt und die Wiederherstellung intakter Ökosysteme zu investieren. Diese Systeme seien natürliche Klimaschützer, "weil Wälder, Auen und Moore, aber auch naturnahe Grünflächen in den Kommunen Kohlenstoff und Wasser speichern können". Und damit stabilisierten sie die Umgebung. Lemke sagte auch, dass man die Zeit nutzen solle, die man noch hat, sich den Klimaveränderungen anzupassen.

Donnerstag Arved Fuchs im Fokus

Bei dem Kongress geht es auch um die Schmelzprozesse in Arktis und Antarktis sowie um Klimarecht und den Einsatz Künstlicher Intelligenz bei der Wettervorhersage. Mit dabei ist auch der Polarforscher Arved Fuchs, der am Donnerstag über die aktuelle Etappe seiner Expedition "Ocean Change" berichten will. Interessierte können Teile des Extremwetterkongresses live im Internet verfolgen.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 90,3 | NDR 90,3 Aktuell | 28.09.2022 | 12:00 Uhr

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