Eine Studentin nimm ein Buch aus einem Regal © picture alliance / dpa Foto: Franziska Kraufmann
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AUDIO: Zehn Jahre Islamische Theologie an deutschen Universitäten (5 Min)

Islamische Theologie an deutschen Unis: Eine Erfolgsgeschichte?

Stand: 03.03.2023 06:00 Uhr

Seit gut zehn Jahren gibt es das Studienfach Islamische Theologie an deutschen Universitäten. Was wurde seitdem erreicht, und wie geht es weiter?

von Bita Schafi-Neya

Unterstützt werden die insgesamt sieben Institute vom Bund und von den Ländern - mit mehreren Millionen Euro. Neben Osnabrück, Münster, Erlangen, Tübingen und Frankfurt gibt es seit 2019 auch die Institute für Islamische Theologie an der Universität Paderborn und an der Humboldt-Universität zu Berlin. Ziel ist es, Lehrkräfte für den islamischen Religionsunterricht und muslimische Theologinnen und Theologen auszubilden, sowie Studierende für Gemeindepädagogik, soziale Arbeit und Seelsorge in muslimischen Kontexten zu qualifizieren.

Islamische Theologie: Mehr als 2.000 Studierende an deutschen Unis

Die Studierendenzahlen haben sich sehr positiv entwickelt. Derzeit sind deutschlandweit mehr als 2.000 Studentinnen und Studenten in Bachelor- und Master-Studiengängen eingeschrieben. Arman Kuru studiert an der Humboldt-Universität zu Berlin und ist sehr zufrieden: "Was auf jeden Fall sehr gut läuft, ist, dass die zukünftigen muslimischen Theologen ausgebildet werden, kritisch mit ihren eigenen Methodiken umzugehen, diese zu reflektieren und sie nach den heutigen akademischen Standards der Geisteswissenschaft bemessen zu können. Es gibt sehr viel Bedarf an neuer Forschung, an Reflektion, und ich denke, da hat die Islamische Theologie eine gute Richtung."

Fehlende Strukturen sorgen für Probleme

Ein großer Teil der Studierenden strebt in die Sozial- und Gemeindearbeit, in die Wissenschaft sowie ins schulische Lehramt. Aber Imamin oder Imam wollen nur sehr wenige werden, betont Arman Kuru: "Die Strukturen sind unter den Muslimen und auch unter den Verbänden nicht so wie zum Beispiel bei den Kirchenverbänden, die in Deutschland eine lange Tradition haben und auch eine Körperschaft des öffentlichen Rechts sind. Die Jobangebote, wo Geld von Muslimen, ähnlich wie bei der Kirchensteuer, für die Gehälter verwendet wird, sind nicht gegeben. Das ist ein großes Problem."

Anders als in dem bereits seit Jahrzehnten etablierten Studienfach der Islamwissenschaft oder Orientalistik, forschen Islamtheologen. Das heißt aber nicht, dass sie sich nicht auch kritisch mit dem Islam und seinen unterschiedlichen Ausprägungen beschäftigen, sagt Nuor Hamasche. Sie studiert seit einigen Semestern Islamische Theologie: "Was sehr gut läuft, ist, dass Studenten gefördert werden, sich auf akademischem Level mit dem Islam zu befassen und so auch weiter in der akademischen Laufbahn bleiben können, dass man auch in Zukunft weiter in der akademischen Welt aktiv werden kann und dabei der Gesellschaft oder auch der Akademie einen Profit geben kann."

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Studiengänge bereiten auf mehrere Berufsfelder vor

Die Hochschulen arbeiten unter anderem bei gemeinsamen Tagungen und Publikationen zusammen. Im Sommer 2015 haben sie gemeinsam die Deutsche Gesellschaft für Islamisch-Theologische Studien gegründet. Eine der zentralsten Herausforderungen sei, dass die Universitäten Studiengänge so konzipieren, dass sie nicht auf ein, sondern eventuell auch auf mehrere Berufsfelder vorbereiten, sagt Islamwissenschaftler Professor Felix Körner: "Wir sagen den Studierenden - und das tun wir auch mehr und mehr in der christlichen Theologie: Arbeitet nicht nur in eurer eigenen Religionsgemeinschaft, sondern geht auch an Stellen, wo Menschen, die gar nicht zur Religionsgemeinschaft gehören können oder wollen, eure Stimme hören. Werdet Journalistinnen und Journalisten oder geht auch in Behörden wie die Polizei und helft den Polizistinnen und Polizisten zu verstehen, was Religion eigentlich ist."

Der künstlerische Bereich kommt zu kurz

Man kann sehen, dass eine klare Entwicklung in Bezug auf qualifizierte Lehrkräfte stattgefunden hat. So werde der Nachwuchs gut ausgebildet betont Tuba Işik, Professorin an der Humboldt-Universität zu Berlin. Dennoch würde ein gewisser Bereich zu kurz kommen, den es aber in islamisch geprägten Ländern durchaus gebe: "Das ist der künstlerische Bereich. Also Kunst im weitesten Sinne. Entweder hat jemand selber Interesse und nimmt das noch auf in seinen Lehrstuhl oder es kommt zu kurz oder gar nicht. Aber ich glaube, wir sind auf einem guten Weg und es hat sich mit der Zeit schon eine gewisse Wissenskultur etabliert. Ich habe aber den Eindruck, dass viele immer noch nicht erkannt haben, dass Theologie an der Universität als eine Wissenschaftskategorie anders funktioniert als ein traditioneller Lernort des Islam."

Das Fach Islamische Theologie an staatlichen Universitäten einzuführen, war mit vielen Erwartungen verbunden. Bislang sind zwar nicht alle erfüllt worden, dennoch hat sich der Studiengang mittlerweile in der Hochschullandschaft etabliert - und das ist ein Erfolg.

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Freitagsforum | 03.03.2023 | 15:20 Uhr

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