Ärzte vom Deutsch-Orientalischen Ärzteforum © NDR
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AUDIO: Grenzenlose Hilfe: Das Deutsch-Orientalische Ärzteforum (4 Min)

Grenzenlose Hilfe: Das Deutsch-Orientalische Ärzteforum

Stand: 26.05.2023 06:00 Uhr

Sieben Ärzte haben vor zwei Jahren das Deutsch-Orientalische Ärzteforum gegründet. Der Verein hat sich zum Ziel gesetzt, Menschen in medizinischen und finanziellen Notlagen zu helfen und ausländische Ärzte in Deutschland zu integrieren. Doch dann erschütterte das Erdbeben im Frühjahr große Teile Syriens und der Türkei. Und es war sofort klar: Da müssen sie hin.

von Kadriye Acar

Samstagmorgen vor einem großen Supermarkt. Die Menschen stehen Schlange: Es gibt Waffeln. Innerhalb kürzester Zeit füllt sich die Geld-Box. Der sechsjährige Talal ist hin und weg: "Ich hoffe, dass richtig viel Geld zusammenkommt für die Erdbebenopfer in der Türkei und in Syrien. Mein Papa war nämlich auch da und hat geholfen. Ich will auch helfen."

1.500 Euro sammeln Talal und seine Freunde schließlich an diesem Tag ein. Die Augen von Talals Vater Jalal Aouf strahlen: "Die Kinder haben es wirklich super gemacht. Die sind auf die Leute zugegangen, haben gesagt, sie verkaufen Waffeln für den guten Zweck und dass die Leute etwas spenden sollen." Das Geld übergibt Jalal Aouf direkt dem Schatzmeister.

Jalal Aouf ist Mediziner, noch vor ein paar Monaten ist er mit dem Deutsch-Orientalischen Ärzteforum im Erdbebengebiet in der Türkei und Syrien gewesen. Das Gesehene hat sie zu der Idee bewegt, ein Waisenhaus in Syrien zu gründen: "Wir haben in Nordsyrien sehr viele Kinder gesehen, die zum einen Körperteile verloren haben, aber auch Elternteile und Geschwister. Da fragt man sich: Was wird aus diesen Kindern? Das hat uns dazu bewegt, diese Idee zum Leben zu erwecken."

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Sieben Ärzte mit orientalischem Hintergrund

Das Deutsch-Orientalische Ärzteforum wurde 2021 von sieben Ärzten ins Leben gerufen, die alle einen sogenannten orientalischen Hintergrund haben. Sei es, wie im Fall von Jalal Aouf, dass er syrische Wurzeln hat, oder wie bei seinem Freund Hasan Oral türkische Wurzeln. "Wir sprechen nicht nur eine bestimmte Gruppe an. Wir sind für alle da und möchten gern von allen auch so angesehen werden, dass wir nicht nur für den Orient zuständig sind", betont Hasan Oral. "Wenn eine Katastrophe in Südamerika oder in Afrika stattfindet, werden wir mit Sicherheit nicht sagen: 'Wir sind aber das Deutsch-Orientalische Ärzteforum.'"

Auch religiöse Beweggründe spielen eine Rolle

Hasan und Jelal vom Deutsch-Orientalischen Ärzteforum im Erdbebengebiet © NDR
Hasan Oeral (links) und Jalal Aouf vom Deutsch-Orientalischen Ärzteforum bei ihrem Einsatz im Erdbebengebiet

Eine Frage, die den Mitgliedern des Forums immer wieder gestellt wird: Gibt es auch religiöse Beweggründe für dieses ehrenamtliche Engagement? "Ich würde lügen, wenn ich Nein sage", so Jalal Aouf. "Aber an erster Stelle kommt das Menschliche. Das ist eine Katastrophe im wahrsten Sinne des Wortes, und da können wir helfen. Aber man hat auch im Hinterkopf, dass man die gleiche Religion hat, eigentlich auch schon fast dieselbe Kultur. Das kann man nicht verleugnen." "Ich bin als Moslem aufgewachsen, genauso wie Jalal", fügt Hasan Oral hinzu. "Meine Grunderziehung, auch wenn es im Unterbewusstsein ist, ist natürlich religiös getriggert. Bei unserem Flug in die Türkei oder nach Syrien hat Religion für mich keine Rolle gespielt. Es ging letztendlich um die Menschen."

Unterstützung für Ärzte in Nordsyrien

Neben dem Waisenhaus hat das Team noch weitergehende Pläne: "Wir haben dort festgestellt, dass die Ärzte in Nordsyrien das Wissen von vor zehn Jahren haben", erzählt Hasan Oral. "Die sind abgekapselt, wie in einem großen Gefängnis. Deshalb sind viele von denen nur für Notfallmedizin, Notfallchirurgie ausgerüstet, aber nicht mehr. Warum sollten die Kollegen dort nicht von uns ausgebildet und unterstützt werden? Wenn sie also Fragen haben, können sie uns anrufen. Deshalb sind wir gerade dabei, eine Gruppe nur für Nordsyrien zu gründen."

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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Freitagsforum | 26.05.2023 | 15:20 Uhr

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Der Arm einer Frau bedient einen Laptop, der auf einem Tisch in einem Garten steht, während die andere Hand einen Becher hält. © picture alliance / Westend61 | Svetlana Karner

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