Eine Mutter sitzt lächelnd mit ihrer jungen Tochter auf einem Sofa und es liegt ein rotes Buch auf ihrem Bein. © NDR/Agnes Bührig Foto: Agnes Bührig

Europäischer Tag der Sprachen - eine schwedisch-russische Familie erzählt

Stand: 26.09.2022 08:06 Uhr

46 Staaten sind Mitglied im Europarat, heute feiern sie ihre Vielfältigkeit auf sprachlicher Ebene: Sie begehen den Europäischen Tag der Sprachen. Überall in Europa finden Veranstaltungen statt, die die Sprachenvielfalt und das Verstehen anderer Sprachen fördern. Doch was bringt es eigentlich, mehrere Sprachen zu sprechen?

von Agnes Bührig

In Hannover lebt eine schwedisch-russische Familie. Mutter Charlotte erzählt Tochter Freja eine Eulengeschichte. "Det var en dag i skogen, och plötsligt hörde djuren ett hemskt ljud." Charlotte Scherping Larsson ist gebürtige Schwedin und erzählt ihrer dreijährigen Tochter Freja die Geschichte von der Eule nach - in ihrer eigenen Muttersprache. Denn dass ihr Kind Schwedisch lernt, ist ihr wichtig. Wie soll es sich sonst mit den Großeltern in Schweden verständigen? "Meine Oma kommt aus Deutschland. Nach dem Zweiten Weltkrieg ist sie nach Schweden gegangen. Ich konnte kein Deutsch, also hatte ich nicht diesen Bezug. Wir waren hier zu Besuch, 2006 vielleicht, und ich habe meine eigene Familie nicht verstanden. Für mich war es deshalb wichtig, dass mein Kind nicht in diese Situation kommt. Dass sie eine Beziehung zu meiner Familie hat. Und das kann sie nur über die Sprache."

Wegen des Studiums kam die Schwedin nach Deutschland

Vor mehr als zehn Jahren kam Charlotte Scherping Larsson nach Deutschland zum Studieren. Zuerst ging vieles auf Englisch, sie war viel mit anderen Zugewanderten unterwegs - Englisch machte es möglich. Dann tauchte die Medienpädagogin immer mehr ins Deutsche ein. Ankommen an einem neuen Ort kann man nur, wenn man sich mit den Menschen in ihrer Muttersprache verständigen kann, sagt die 35-Jährige. "Deutsch zu lernen hat natürlich auch dazu geführt, dass ich ein Teil der Gesellschaft werde. Und das kann man nicht, wenn man die Sprache nicht spricht. Aber ich glaube, was alle machen sollten, ist, zu versuchen, eine andere Sprache zu lernen. Denn das bedeutet auch, dass man viel mehr Verständnis für Leute hat, die hier herkommen und die Sprache noch nicht sprechen."

Freund Alexei ist gebürtiger Russe

Ihr Freund Alexei kam vor 25 Jahren mit der Familie aus Novosibirsk nach Deutschland. Russisch hatte sein Vater - ein Russlanddeutscher - erst in der Schule gelernt. Alexei selbst spricht mit der großen Tochter aus einer früheren Beziehung und mit Freja ganz bewusst russisch, so oft es geht. Es gilt, die Chance des mühelosen Lernens in frühen Jahren zu nutzen, sagt der 40-Jährige. "Für mich ist das wichtig, die Sprache weiterzugeben, weil ich das jetzt kann. Ich weiß auch, wie schwierig das ist, eine Sprache zu lernen. Also ich weiß, was das eigentlich für einen Aufwand bedeutet, im Erwachsenenalter eine Sprache zu lernen. Deswegen will ich das jetzt machen. Warum soll ich meinem Kind diese Möglichkeit verwehren, wenn ich diese Möglichkeit habe?"

Universalsprache Esperanto hilft bei Kommunikation

Es verwundert die Dreijährige nicht weiter, dass der Hund auf russisch Gaff-gaff, auf Schwedisch Vov-vov macht. Dazu kommt dann noch die Universalsprache Esperanto, über die sich ihre Eltern kennengelernt haben. Esperanto könne man gut einsetzen, wenn man in der U-Bahn sitzt und nicht will, dass alle um einen herum verstehen, was man spricht, sagt die gebürtige Schwedin. Und, so Alexei, diese Sprache lasse sich schnell lernen und Kontakte in alle Welt knüpfen. "In meinem Alltag spreche ich jetzt deutlich mehr Esperanto als Englisch und habe viel mehr internationale Freunde, mit denen ich kommuniziere. Meistens sind es Esperanto-Freunde. Und jede, wirklich jede Sprache, die ich gelernt habe, hat mir wirklich eine neue Welt geöffnet."

Weitere Informationen
Eine Computertastatur mit dem Zeichen für Leichte Sprache, das aus einem Buch einem lachenden Gesicht und einer Hand, die den Daumen hochhält besteht. © fotolia.com Foto: peshkova

Tag der Leichten Sprache

Am Sonnabend ist der Internationale Tag der Leichten Sprache. Dieser Tag soll den Menschen zeigen: Leichte Sprache ist wichtig für viele Menschen. Überall auf der Welt. mehr

Die schwedische Nationalflagge weht an einem Mast im Wind. © picture alliance/dpa Foto: Daniel Kalker

7 schwedische Wörter, die ihr unbedingt kennen solltet

"Tigerkaka", "Gammelmormor" und Co.: Auf diese schwedischen Wörter sind wir besonders neidisch. Hier kommt euer lustiger Schwedisch-Crashkurs! mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Klassisch in den Tag | 26.09.2022 | 06:20 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Bildung

Kinderbücher

Der Arm einer Frau bedient einen Laptop, der auf einem Tisch in einem Garten steht, während die andere Hand einen Becher hält. © picture alliance / Westend61 | Svetlana Karner

Abonnieren Sie den NDR Kultur Newsletter

NDR Kultur informiert alle Kulturinteressierten mit einem E-Mail-Newsletter über herausragende Sendungen, Veranstaltungen und die Angebote der Kulturpartner. Melden Sie sich hier an! mehr

NDR Kultur App Bewerbung

Die NDR Kultur App - kostenlos im Store!

NDR Kultur können Sie jetzt immer bei sich haben - Livestream, exklusive Gewinnspiele und der direkte Draht ins Studio mit dem Messenger. mehr

Mann und Frau sitzen am Tisch und trinken Tee. © NDR Foto: Christian Spielmann

Tee mit Warum - Die Philosophie und wir

Bei einem Becher Tee philosophieren unsere Hosts über die großen Fragen. Denise M‘ Baye und Sebastian Friedrich diskutieren mit Philosophen und Menschen aus dem Alltag. mehr

Mehr Kultur

Der Regisseur Michael Verhoeven blickt in die Kamera. © picture alliance/dpa | Felix Hörhager

Filmemacher Michael Verhoeven ist tot

Der Ehemann von Schauspielerin Senta Berger starb bereits am vergangenen Montag. Das hat die Familie bestätigt. mehr