"Zwischen Liebe & Kummer" - Anna Depenbusch & Kaiser Quartett
Nach einem Wohnungsbrand verliert Anna Depenbusch alles, was ihr lieb ist: Ihr zu Hause und ihr Studio, dabei wollte sie gerade ein Album produzieren. Jetzt ist sie auf Tour mit dem Kaiser Quartett und geht dabei richtig auf.
In diesem Jahr erfüllt sich die Hamburger Liedermacherin Anna Depenbusch einen Herzenswunsch: Gemeinsam mit dem renommierten Kaiser Quartett geht sie auf Deutschlandtour. "Zwischen Liebe & Kummer" heißt das Programm mit einigen der schönsten Chansons aus ihrem umfangreichen Repertoire. Das Kaiser Quartett hat schon mit Chilly Gonzales, Gregory Porter und Daniel Hope auf der Bühne gestanden. Sein homogener Klang passt ideal zu den poetischen Texten von Anna Depenbusch. Der Titel der Tour hat ungewollt eine dramatische Aktualität bekommen, denn vor wenigen Wochen hat die Künstlerin bei einem Wohnungsbrand ihr gesamtes Hab und Gut verloren. In ihrem exklusiven Radiokonzert unmittelbar vor dem Tourneebeginn erzählt Anna Depenbusch ihrem Gastgeber Yared Dibaba, welche Kraft sie aus ihrer Musik und der Zusammenarbeit mit dem Kaiser Quartett schöpft.
Wie ist es für Dich mit Streichern zusammenspielen zu dürfen. Was macht es mit Dir und auch mit Deiner Musik?
Anna Depenbusch: Wir haben jetzt schon ein paarmal geprobt, und Streicher und Stimme sind sehr ähnlich. Ich merke, dass es mich emotional wirklich tief berührt. Auf der Tour werden die Tränen fließen, das weiß ich jetzt schon. Ich finde es so toll, dass die Vier so unglaublich grooven. Sie sind super nett und haben trotzdem diesen großen Sound. Ich empfinde es als riesige Bereicherung für meine Musik, jetzt mit diesen tollen Musikern und Musikerin zusammenzuarbeiten.
Man könnte das Kaiser Quartett auch als einen Klangkörper betrachten. Ich glaube, das ist schon ein anderes Gefühl, als mit einer Band zu spielen. Wie ist der Unterschied?
Depenbusch: Was ich so spannend finde, ist, wenn ich belausche, wie die miteinander reden mit diesen ganzen Begriffen. Die verstehen sich blind und atmen auch zusammen. Ich lerne für mich und für mein Repertoire total viel, sowohl in den Proben als auch im Zusammenarbeiten. Ich weiß nicht, wie ihr es macht, aber ihr macht das großartig. Mit dem gemeinsamen Atmen und diese ganzen Dynamiken, die die Streicher verkörpern, ist das richtig toll!
Für Dich ist es vielleicht noch einmal eine andere Erfahrungen, weil man etwas flexibler ist, wenn man mit einer Band spielt. Aber bei einem Klangkörper, wo alles sitzt und wo auch die Noten stehen, ist man weniger flexibel. Wie viel Disziplin fordert Dir das ab?
Depenbusch: Das werde ich sehen, das weiß ich ehrlich gesagt noch gar nicht so richtig. Weil ich das Quartett als sehr flexibel empfinde und auch ganz schnell. Es gibt auch Parts, da überlege ich mir, wann ich einsteige und gehe dann mit. Es ist schon sehr viel möglich. Auf der Tour habe ich auch noch einen Pianisten dabei, der wird Klavier spielen. Ich habe wirklich vor, einfach vorne zu stehen und auf der Welle des Kaiser Quartetts zu reiten.
Wie würdest Du den Unterschied zum Spielen alleine beschreiben, denn da bist Du die Chefin und bestimmst, wie Du mit dem Publikum kommunizierst. Da bist Du total frei.
Depenbusch: Ja, das stimmt. Wenn ich mich selber begleite, bin ich im Tempo noch flexibler. Ich kann auch einfach ein Stück abrechnen und sagen, ich spiele etwas anderes, weil ich gerade das Gefühl habe, es passt gut. Oder es tauchen manchmal zwischen den Song auch Moderationen auf, da werden wir sehen, wie sich das entwickelt. Ich glaube aber auch, dass ganz viel möglich ist, weil die alle so aufmerksam und so wach sind. Ich bin sehr zuversichtlich und freue mich auf diese spontanen Momente auf Tour.
Auf Deinem Instagram-Post, den Du vor Kurzem online gestellt hast, heißt es:
Ich weiß nicht, wie ich anfangen soll. Wie beginnt man so eine Nachricht. In den letzten Wochen wollte ich eigentlich beginnen, neue Aufnahmen aus meinem Homestudio mit euch zu teilen. Ihr wolltet auch Teil dieses Prozesses werden und hattet mir auf Instagram spannende Fragen zu meinem Album gestellt. Anfang Februar war der Startschuss geplant: Neues Album, neue Tour. Dann kam alles anders. Seit sechs Wochen gibt es das Studio nicht mehr. In meinem Haus hat es gebrannt.
Anna, das ist sehr dramatisch. Du wurdest von der Feuerwehr durch das Fenster gerettet, Dir ist körperlich nichts passiert. Aber im Grunde hast Du durch den Brand vieles verloren. Wie hast Du diesen Brand erlebt?
Depenbusch: Wie in Zeitlupe. Es ist wirklich so, wie man das aus Filmen kennt. Ich kann mich an ganz viele Sachen nicht erinnern und an ganz viele Sachen kann ich mich sehr deutlich erinnern. Das, was jetzt gerade am meisten schmerzt, ist dieser ganze Verlust und dieser Rückzugsort, der mir jetzt fehlt - gerade auch in dieser Tour-Vorbereitung. Dieser Safe-Space, wo man einfach für sich sein kann, wo einen niemand beobachtet. Diesen Ort habe ich jetzt nicht mehr.
Ich kann mir vorstellen, dass da viele Gefühle mitschwingen. Auf der einen Seite die Freude, dass Du überlebt hast, ohne körperlich Schaden genommen zu haben. Auf der anderen Seite die Trauer und die Wut, alles verloren zu haben. Überwiegt das eine oder das andere?
Depenbusch: Ich bin natürlich unfassbar dankbar, dass mir nichts passiert ist, dass ich keine Verbrennungen habe. Es war sehr knapp. Das ist mir aber erst am Tag danach bewusst geworden, weil das Feuer auch in meiner Wohnung war. Es war mitten in der Nacht, ich habe geschlafen. Ein paar Minuten später wäre auch der Weg abgeschnitten geworden, dann wäre ich gar nicht zum Fenster nach vorne zur Straße gekommen. Das habe ich aber erst später realisiert. Ich bin unfassbar froh darüber, dass wir jetzt hier sitzen und Musik machen. Die Tour heißt "Zwischen Liebe und Kummer-Tour". Das ist auch das, wie ich mich fühle. Ich pendel die ganze Zeit hin und her.
Was hast Du durch den Brand verloren? Was waren die wichtigsten Dinge, die Dir abhanden gekommen sind? Denn Du konntest auch Dein Album nicht produzieren.
Depenbusch: Das Album konnte ich nicht produzieren. Es fehlt im Grunde alles. Es ist nicht nur mein Studio, es ist mein Zuhause. Ich habe da 20 Jahre lang gelebt. Es sind alle Fotos, alle Bücher, alle Briefe, alle Erinnerungen und Kleidung. Wir haben vorhin noch gewitzelt, dass ich mir gestreifte, Matrosen-ähnliche Kleider habe schneidern lassen. Die sind auch alle weg. Aber ich habe meine Stimme, ich habe meinen Körper, ich habe die Ideen und ich habe auch ganz viel Hilfe und Unterstützung von Freunden und Bekannten bekommen.
Das Gespräch führte Yared Dibaba.
Schlagwörter zu diesem Artikel
Rock und Pop
