Eine Farbpalette, daneben Farben und Pinsel © picture alliance / Zoonar Foto: Serghei Platonov

15. Kieler Ateliertage haben am Sonnabend begonnen

Stand: 24.09.2022 14:29 Uhr

Seit Sonnabend laufen die 15. Kieler Ateliertag. Etwa 80 Ateliers öffnen ihre Türen und mehr als 100 Künstler und Künstlerinnen präsentieren ihre Arbeiten aus Malerei, Grafik, Fotografie, Bildhauerei oder Keramik.

von Frank Hajasch

In dieser Zeit Keramikerin - pardon, Porzellinerin oder Porzellankünstlerin - zu sein, ist sicher nicht einfach. Daniela Abendroth brennt ihre Gegenstände bei hohen Temperaturen; ihr Ofen läuft mit Strom. Sie steht im Atelier an einem Bottich mit nougat-braunem Matsch - also mit Porzellanpulver, das sie mit Wasser angesetzt hat: "Das ist eine Limoges-Masse, die aus Frankreich kommt. Ich mag die sehr gerne, weil ich sie sehr dünn gießen kann und sie sehr transluzent ist", erzählt Abendroth.

Daniela Abendroth: Angewandte und Bildende Porzellankünstlerin

Vier Monat steht das flüssige Porzellan schon. Sie hat hin und wieder was rausgeholt für ihre Vasen, Becher, Schalen - alle in einem durchdachten Design, minimalistisch, modern und eben schön dünn. Aber Daniela Abendroth ist nicht nur Angewandte, sondern auch Bildende Künstlerin, weshalb sie neben Schmuck fragile Porzellanskulpturen aus Kugeln aufbaut. "Andere Welten" nennt sie die. Sie erinnern an Unterwasserwesen wie Korallen: "Ich war wirklich aufgeregt, ob das überhaupt hält, ob es am nächsten Tag, wenn ich in die Werkstatt komme, noch dasteht, ob es auseinander gefallen ist, während des Trocknens", berichtet die Künstlerin. "Schaffe ich es überhaupt, diese Objekte in einem Stück zu glasieren? Und wie sieht es danach aus? Das war aufregend. Ich bin aber sehr zufrieden mit dem Ergebnis."

Und dann: ihr elektrischer Brennofen! Da ist sie erstaunlich entspannt, obwohl der Kasten Strom frisst - nicht zu knapp. Aber sie hat eine Strategie: "Ich arbeite solange, bis die Öfen voll sind. Der Schrühbrand - das ist der erste Brand - ist bei 920 Grad. Da kann man die Sachen auch richtig schön übereinander stapeln. Im Glattbrand hingegen, der bei 1.280 Grad stattfindet, müssen die Sachen mit mindestens einem Zentimeter Abstand voneinander liegen oder stehen."

"Ohne Sonne im Herzen entstehen keine schönen Dinge"

Klar, drücke es im Moment, sagt sie, wegen der hohen Energiepreise. Sogar ihre Mutter habe schon nachdrücklich, aber doch fürsorglich angefragt. "Ich habe das schon immer so gemacht. Gerade bei einer Selbständigkeit ist es nicht so, dass man im Geld schwimmt. Insofern war ich eh immer sparsam. Und wenn ich fünf Stunden länger stehe, um Sachen zu versäubern."

Sie versuche immer, in der Balance zu bleiben. Und ein bisschen schiebe sie es wohl auch weg, denn ohne Sonne im Herzen entstehen keine schönen Dinge, sagt sie lächelnd. "Ich muss auch sagen, dass ich mir mehr Sorgen um Glaskünstler mache, weil so ein Glasofen nochmal ganz anders funktioniert und noch einen viel enormeren Verbrauch an Strom hat. Der läuft und läuft und läuft. Und wenn er aus ist, ist er aus!"

Alternatives Heizen im Atelier von neunzig°

Mit Glas arbeiten sie bei der Ateliergemeinschaft neunzig° auch, aber nicht nur. Die Räume sind in einem Gewerbegebiet; das senkt Kosten. Dazu sei ihr Vermieter wie ein Kunstmäzen, sagt Susan Walke. Den großen gemeinsamen Ausstellungsraum hätten sie umsonst. Aber Heizen müssten sie trotzdem, schon wegen der Kunst hier - auch jetzt am Wochenende: "Das ist ein Bullerjahn mit einem riesigen Loch; da kann man richtig Stämme reintun. Innerhalb von einer halben Stunde ist der ganze Raum warm hier. Damit können wir die Kosten bestimmen. Künstler und Künstlerinnen sind hart im Nehmen - und jetzt umso mehr, weil die Energiekosten so hochgehen."

Kieler Ateliertage: Geöffnet von 11 bis 18 Uhr

Kunst spielt aber auch eine Rolle. Von Susan Walke steht ein Objekt im Raum: Ein Motor treibt eine Art breites, vierflügeliges Schaufelrad an, auf denen jeweils "Schneller", "Höher", "Weiter", "Besser" steht. Darüber sollen vier Reiter springen, die noch auf zarten Drähten vor sich hin wackeln. "Das bezieht sich auf das Prinzip unserer Gesellschaft. Es ist eine Hürde, die sich dreht und dadurch immer wieder die Schrift freigibt", erzählt sie". "Patrick Wüst wird diese Arbeit an die Wand anbringen. Da ist eine Mauer auf drei Metern Länge. Ich finde das sehr schön, dass die gegen die Mauer dort springen, also diesen Kontakt aufnehmen, diese beiden Arbeiten. Das gefällt mir sehr gut!" Patrick Wüst ist einer der Vier bei neunzig°. Seine Objekte und seine Videos sind bei den Kieler Ateliertagen zu sehen. Die Ateliers haben Sonnabend und Sonntag von 11 bis 18 Uhr geöffnet.

15. Kieler Ateliertage haben am Sonnabend begonnen

Etwa 80 Ateliers öffnen ihre Türen und mehr als 100 Künstler*innen präsentieren ihre Arbeiten aus Malerei, Fotografie oder Keramik.

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diverse Ateliers in Kiel und Umgebung

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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Klassisch in den Tag | 24.09.2022 | 06:20 Uhr

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