Die Heide - ein violetter Sehnsuchtsort mit dunkler Vergangenheit
Die Heide wird seit Jahrhunderten besungen: Ein lilablühender Sehnsuchtsort - allerdings mit einem braunen Klecks. Die Ausstellung "Hey Heide - Kitsch. Kunst. Mythos" der Lüneburger Kunsthalle wirft einen differenzierten Blick auf den Heidemythos.
Hoch oben an der Wand schaut eine Heidschnucke streng auf die Besucherinnen und Besucher hinunter. Postkarten aus verschiedenen Jahrhunderten geben Auskunft über Urlaubsträume und Erlebnisse. Beschlagene Wanderstöcke und schmissige Ölgemälde stilisieren die Heide als Sehnsuchtsort. Die Kunsthalle in Lüneburg ist gerüstet für die neue Ausstellung: "Hey Heide - Kitsch. Kunst. Mythos". Im Farbkonzept dominiert sattes violett. Immer mittendrin, ob mit Hammer, Staubwedel oder Glacéhandschuhen, ist Kuratorin Daniela Sannwald. "Ich hab mich mit der Heide, bevor ich angefangen habe für die Ausstellung zu recherchieren, sehr wenig befasst. Deswegen war es eine sehr anspruchsvolle Aufgabe, weil ich erst mal auf den Stand kommen musste, was Heide überhaupt bedeutet", sagt sie. Der Blick von außen hilft manchmal, in der Kunst Ordnung reinzubringen. Aber auch um Erstaunliches zu entdecken: "Für mich als Berlinerin war überraschend, als die Heidemuseen mit großem Entgegenkommen, mit großem Engagement zu dieser Ausstellung beigetragen haben."
Die Heide wird seit Jahrhunderten verkitscht, verfilmt und besungen
Die Heide ist seit Jahrhunderten ein Mythos: Verklärt, verkitscht, verfilmt, besungen. Zum Beispiel von Willy Schneider und Rudi Schuricke, genauso wie von Roy Black oder Heino. Doch auch darüber hinaus ist die Heide eine blühende Musiklandschaft, erklärt Daniela Sannwald. "Die Fischerchöre haben über die Heide gesungen, es gab die Gruppe Laibach, die vom Balkan kam, sie hat einen Heide-Song aufgenommen und auch der Rocker Klaus Lage hat zur Heide gesungen. Es gibt auch eine Aufnahme aus den 1970er-Jahren, wo der Sänger Brian Eno mit einer Deutschen Elektronikband einen Heidesong aufnimmt."
Die Heide bekommt eine Werkschau mit vielen Facetten
Zum ersten Mal bekommt die Kulturlandschaft so eine eigene Werkschau in vielen Schattierungen. Die Sehnsucht nach heiler Welt, nach Natur, gerade im Nachkriegsdeutschland rückt die Lüneburger Heide auch ins Zentrum der Filmindustrie, sagt die Kuratorin der Lüneburger Kunsthalle, Sannwald. "Schon den Plakaten merkt man an, welche Sehnsucht die Leute nach der Farbe hatten. Die grauen, zerbombten Städte waren schlimm genug und sie wollten im Kino wenigstens Farben sehen." Jetzt tauchen einige der verschollen geglaubten Schätzchen, wie aus dem ehemaligen Filmstudio Bendestorf in der Nordheide wieder auf. So wie das berühmte Requisit - das Aktgemälde Hildegard Knefs aus dem Film "Die Sünderin" von 1951, es ist erstmals für ein Publikum zu sehen.
Die Heideausstellung zeigt auch eine düstere Seite
Die Heide - schon im 18. Jahrhundert wird sie als Ödnis, als Wüste, in dem die Wandersleute verloren gingen, gefürchtet. Doch damit endet das Heidegrauen nicht: Der Heidedichter Hermann Löns - bekennender Antisemit und der völkischen Bewegung nahestehend - bietet auch für die Nazis eine interessante Projektionsfläche für die eigene Ideologie. Und so kommt in dieser Ausstellung in der Lüneburger Kunsthalle zu den dominanten Heidefarben violett und grün noch eine weitere, eine düstere Farbe. Warum, erklärt Kuratorin Daniela Sannwald: "Wir haben auch einen großen braunen Keil in die Mitte gebaut, der für die finsteren Seiten der Heide steht. Aus allen Teilen Deutschlands wurden Häftlinge in die Heide nach Bergen-Belsen gebracht und sind dort in großen Mengen gestorben."
"Hey Heide" - Kontrastreiche Ausstellung
Es ist eine kontrastreiche Ausstellung, die sich einiges vorgenommen hat, um die Heide vielschichtig zu entblättern. Ohne auf Wandteller, Wanderstab oder Porzellanfingerhut zu verzichten, aber auch ohne dabei ein weiteres Souvenirgeschäft zu eröffnen: In der Kunsthalle Lüneburg ist noch bis zum 4. Dezember Überraschendes, Nachdenkliches und Abseitiges entlang der bekannten Wege durch die Heidelandschaft zu finden.
Die Heide - ein violetter Sehnsuchtsort mit dunkler Vergangenheit
Die Ausstellung "Hey Heide - Kitsch. Kunst. Mythos" in der Kunsthalle Lüneburg zeigt die Heide in ihren verschiedenen Facetten.
- Art:
- Ausstellung
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- Ende:
- Ort:
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Kunsthalle Lüneburg - KulturBäckerei
Dorette-von-Stern-Straße 2
21337 Lüneburg - Telefon:
- 04131 4003738
- Preis:
- Der Eintritt ist frei.
- Öffnungszeiten:
- Mo - Fr: 10 bis 18 Uhr
Sa & So: 11 bis 17 Uhr - Kartenverkauf:
- Kunsthalle Lüneburg - Kunsthalle Lüneburg (kunsthalle-lueneburg.de)