Stand: 30.04.2022 07:40 Uhr

"Christiane Möbus. Seitwärts über den Nordpol" in Hannover

von Agnes Bührig

Anlässlich ihres 75. Geburtstages widmen das Sprengel Museum und der Kunstverein Hannover der niedersächsischen Künstlerin die Doppelschau "Christiane Möbus. Seitwärts über den Nordpol".

Es ist, als ließen sich die Verheerungen der letzten Orkane im Labor betrachten: Drei massive Baumwurzeln liegen quer verteilt in einem aseptisch wirkenden, weißen Ausstellungsraum des Kunstvereins Hannover - abgesägte Baumstümpfe mit struppigen Wurzeln. Flankiert werden sie von zwei verwitterten Fensterklappen einer Scheune, oben an den Wänden. "Hurrikan Harvey" heißt das neue Werk für den Kunstverein Hannover, das typisch für Christiane Möbus' Arbeitsweise ist. "Ganz oft hat Christiane Möbus so einen Versatz, oder sie verdreht die Dinge und schaut sie nochmal von einer anderen Seite an und plötzlich kommt etwas ganz anderes dabei heraus", erklärt Kuratorin Kathleen Rahn und fügt hinzu: "Eine großartige Poesie und gleichzeitig ist das Werk aber auch sehr physisch."

Ausgestopfte Tiere oft Teil von Möbus' Kunstwerken

Etwas zu entdecken, was man nicht erahnt und es dann mit einem poetischen Titel zu kontrastieren, das ist das wiederkehrende Prinzip im Werk der 1947 in Celle geborenen Künstlerin. Dabei bringt die langjährige Professorin an HBK Braunschweig und UdK Berlin immer wieder ausgestopfte Tiere zum Einsatz. "Küsse vom König" heißt die Arbeit aus den Nullerjahren, die im Sprengel Museum, dem zweiten Ausstellungsort, über dem Boden schwebt: eine fünf Meter große, präparierte Giraffe.

Kindheit auf dem Land als Inspiration

Kommt die Inspiration aus der Jugendzeit? "Ich habe auf dem Land gelebt und hatte nichts anderes um mich herum. Sie müssen mal überlegen, 1947 bin ich geboren, was man da erleben konnte, wenn man auf dem Land war! Man konnte ja auch nicht weg. Also habe ich da alles wahrgenommen, beobachtet, was da möglich war. Natürlich haben meine Eltern mir auch vieles davon erklärt, aber besonders habe ich meine eigenen Beobachtungen gemacht und auch Schlüsse daraus gezogen", berichtet Christiane Möbus über ihre Kindheits-Beobachtungen, die oft als Inspiration für ihre Kunstwerke dienen.

Exponate von den 70ern bis heute

Ein ausgestopftes Krokodil auf einem Stapel von Koffern, präparierte Krähen, die mit Steinkugeln zu spielen scheinen, die so groß sind wie sie selbst und ein Mantel, dessen Außenhülle zum Teil aus Laubblättern besteht - von den frühen 70er-Jahren bis zur Gegenwart reichen die Exponate der Doppelschau. Auf über 2.000 Quadratmetern Ausstellungsfläche zeigen der Kunstverein Hannover und das Sprengel Museum mit raumgreifenden Skulpturen, Fotos und Installationen einen Querschnitt durch Christiane Möbus´ Werk.

Kuratorin Sand: Möbus hat früh Maßstäbe gesetzt

"Sie ist sicherlich eine Form von singulärer Position. Dennoch ist das natürlich eine Entwicklung der Skulptur, die sich so in den 80er-Jahren entwickelt hat, wo man mit Skulptur anders umgegangen ist, also indem man zum Beispiel Objekte hergestellt hat aus Alltagsobjekten und daraus Skulpturen entwickelt hat. Das hat sich im Sinne der Objektkunst weiterentwickelt. Da ist sie schon jemand, der sehr früh da Maßstäbe gesetzt hat", findet Kuratorin Gabriele Sand vom Sprengel Museum.

Und deren ältere Werke zum Teil erschreckend aktuell sind: Heuballen etwa, auf zwei Rettungsboote gestapelt und mit dem Titel "Rette sich wer kann" versehen, schwarzer Tüllstoff, der sich wie Abgase eines Lastwagens hinter einem LKW-Führerhaus aufbauscht, Titel: "Schneewittchen". Wie durch einen Parcours lässt sich durch das Gesamtwerk Christiane Möbus´ wandeln, großzügig platziert an beiden Ausstellungsorten. Die unkonventionellen Titel ihrer Werke geben dabei erfrischende Anstöße, um die Ecke zu denken, die Welt und die Dinge in ihr neu zu sehen - und zu denken.

 

 

"Christiane Möbus. Seitwärts über den Nordpol" in Hannover

Eine Doppelschau zum 75. Geburtstag: Das Sprengel Museum und der Kunstverein Hannover zeigen Werke von Christiane Möbus.

Art:
Ausstellung
Datum:
Ende:
Ort:
Sprengel Museum
Kurt-Schwitters-Platz
30169 Hannover
Telefon:
(0511) 16 84 38 75
Preis:
Erwachsene 7 Euro / ermäßigt 4 Euro / Jugendliche bis 18 frei
Öffnungszeiten:
Dienstag 10.00 - 20.00 Uhr
Mittwoch - Sonntag 10.00 - 18.00 Uhr
montags geschlossen
Hinweis:
Zweiter Veranstaltungsort:
Kunstverein Hannover
Sophienstraße 2
30159 Hannover
(0511) 16 99 27 80
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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Klassisch in den Tag | 29.04.2022 | 06:20 Uhr

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