Emma Mackey als Emily - die 29-jährige Pfarrerstochter aus Yorkshire den weltberühmten Roman "Sturmhöhe" schreiben konnte - Szene aus "Emily" © Wild Bunch Germany, 2022

"Emily": Fantasie-Porträt der berühmtesten Brontë-Schwester

Stand: 03.03.2023 09:00 Uhr

Schauspielerin Frances O’Connor versucht in ihrem Regie-Debüt "Emily" zu erklären, wie die 29-jährige Pfarrerstochter aus Yorkshire Emily Brontë den weltberühmten Roman "Sturmhöhe" schreiben konnte.

Emma Mackey als Emily - die 29-jährige Pfarrerstochter aus Yorkshire den weltberühmten Roman "Sturmhöhe" schreiben konnte - Szene aus "Emily" © Wild Bunch Germany, 2022
Beitrag anhören 4 Min

von Walli Müller

Dabei herausgekommen ist ein hinreißender Film und ein Fantasie-Porträt der eigenbrötlerischen Schriftstellerin Emily Brontë. Sie hätte jedenfalls sicher nichts gegen diese aufregende Version ihrer Lebensgeschichte einzuwenden.

"Emily": Aufregendes Regiedebüt der Schauspielerin Frances O'Connor

Emily Brontë hat mit dem Sturmhöhe" nur einen einzigen Roman geschrieben, aber der ist weltberühmt. Das 1847 erschienene Buch gehört zu den britischen Klassikern. Schauspielerin Frances O’Connor versucht sich in ihrem Regie-Debüt "Emily" an einer Erklärung, wie die 29-jährige Pfarrerstochter aus Yorkshire, die nur ein Jahr später starb, so ein abgründiges Liebes-Drama verfassen konnte.

Dass ihr Film mehr Dichtung als Wahrheit ist, daraus macht Frances O’Connor keinen Hehl. Es sei eine "imaginäre Biographie", in der sich "Fakten und Fiktion ergänzen". Fakt ist: Die Sitten waren streng im viktorianischen England Mitte des 19. Jahrhunderts.

Emma Mackey als Emily - die 29-jährige Pfarrerstochter aus Yorkshire den weltberühmten Roman "Sturmhöhe" schreiben konnte - Szene aus dem Film "Emily" © Wild Bunch Germany, 2022
Emma Mackey als Emily - die 29-jährige Pfarrerstochter aus Yorkshire den weltberühmten Roman "Sturmhöhe" schreiben konnte - Szene aus dem Film "Emily"

Die Brontë-Mädchen wurden - nach dem frühen Tod der Mutter - im Pfarrhaushalt des Vaters zu fügsamen jungen Frauen erzogen, sicher nicht zu Skandalautorinnen. Die Fiktion kommt ins Spiel, wenn es nun um das Verhältnis der erwachsenen Schwestern zueinander geht. Unbarmherzig hackt da die angepasste Charlotte auf der etwas verschrobenen, eigenbrötlerischen Emily herum.

- Du bist eine Schande für uns!
- Hör auf, Charlotte!
- Weißt Du, wie sie Dich im Ort nennen? Sie nennen Dich die Seltsame. Mutter würde sich schämen, wenn sie sehen würde, was aus Dir geworden ist.

Emily Brontë: Gespielt von Emma Mackey von "Sex-Education"

Emily, als glutäugiger Wildfang gespielt von Emma Mackey (bekannt aus der Netflix-Serie "Sex Education"), wird im Film als spröde und menschenscheu charakterisiert: "Neue Leute kennenzulernen, mag ich nicht!"

Aber ihrem wachen, kritischen Geist entgeht nichts. Schon gar nicht lässt sie sich, wie ihre Schwestern, von den schönen Naturmetaphern einlullen, mit denen der neue Vikar seine Predigten schmückt.

Die Brontë-Familie in Yorkshire lässt sich fotografieren -Szene aus dem Kinofilm "Emily" © Wild Bunch Germany, 2022
Die Familie Brontë lässt sich vor der Haustür fotografieren.

Auch wenn der Mann unverschämt gut aussieht - Emily gibt sich erst mal kratzbürstig, um dann doch eine gewisse Seelenverwandtschaft zwischen sich und dem ambitionierten jungen Gottesmann zu entdecken. Der ewige Regen, der in Yorkshire für matschige Hügel und Lungenentzündungen sorgt, lässt sich gemeinsam mit etwas Phantasie gleich viel besser ertragen.

- Hören Sie das? Das ist die See. Voller See-Kreaturen der tiefen Ozeane.
- So klingt also das Meer?
- Ja

Wild-neblige Moorlandschaft aus Yorkshire blendend eingefangen

Regisseurin O’Connor fängt die Atmosphäre der neblig-feuchten, wilden Moor-Landschaft rund um das Brontë-Haus großartig ein. Fast wollen einem die Zähne klappern, wenn der Wind wieder einmal an den Fensterläden rüttelt. Über inhaltliche Aspekte des Drehbuchs lässt sich dagegen streiten. Denn so zurückgezogen wie im Film lebte Emily Brontë keineswegs.

Sie studierte in Brüssel und war auch als Lehrerin tätig. Und warum sollte Charlotte Brontë, die selbst zu diesem Zeitpunkt schon "Jane Eyre" geschrieben hatte, voller Neid auf das Erstlingswerk der begabten kleinen Schwester blicken? "Emily, wie hast Du Sturmhöhe geschrieben?"

Die Brontë-Schwester Emily schreibt bei Kerzenlicht - Szene aus dem Kinofilm "Emily" © Wild Bunch Germany, 2022
"Sturmhöhe" ist ein Klassiker der englischen Literatur - und der einzige Roman, den Emily Brontë geschrieben hat.

Was sie zur leidenschaftlichen Geschichte von Cathy und Heathcliff inspiriert haben könnte - darüber kann Frances O‘Connor nur mutmaßen. Sie schenkt der jung gestorbenen Autorin eine Liebesbeziehung, die sie vermutlich nie hat erleben dürfen. Emily nur Feder schwingend am Schreibtisch zu zeigen, wäre auch weniger filmtauglich gewesen.

Es steckt immerhin eine innere Wahrheit in der Art, wie die Filmheldin ihre Welt erlebt. Als Vertreterin der romantischen Generation begeistert sie sich für die Gedichte von Lord Byron, raucht mit ihrem Bruder Branwell gerne mal ein Opium-Pfeifchen und ist wie er empfänglich für freigeistiges Gedankengut.

"Emily" ist also ein Fantasie-Porträt - aber ein sehr hübsch inszeniertes. Mit überzeugenden Darstellerinnen, überraschenden Kamerabildern und einem zauberhaften Soundtrack von Abel Korzeniowski.

Weitere Informationen
Buchcover: Emily Brontë - Sturmhöhe © dtv

"Sturmhöhe": Emily Brontë über große Leidenschaften

Emily Brontë hat einen der berühmtesten englischen Romane hinterlassen: "Wuthering Heights - Sturmhöhe". mehr

Emily Brontë © picture-alliance / Mary Evans Picture Library

Rolf Boysen liest Emily Brontës Erfolgsroman "Die Sturmhöhe"

"Die Sturmhöhe" ist der einzige Roman von Emily Brontë, der mittleren der drei Brontë-Schwestern. Ein Buch wie ein Naturereignis. mehr

Am nächtlichen Himmel von Sehnde (Region Hannover) sind Blitze zu sehen. © dpa - Bildfunk Foto: Julian Stratenschulte
5 Min

Emily Brontë: "Sturmhöhe"

Emily Brontë hat einen der berühmtesten englischen Romane hinterlassen: "Sturmhöhe". In der Wissensreihe "Große Romane der Weltliteratur" stellen wir das Buch vor. 5 Min

Emily

Genre:
Historienfilm, Biografie
Produktionsjahr:
2022
Produktionsland:
Großbritannien
Zusatzinfo:
mit Emma Mackey, Oliver Jackson-Cohen
Regie:
Frances O'Connor
Länge:
140 Minuten
FSK:
12
Kinostart:
24.11.22

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Neue Filme | 24.11.2022 | 07:20 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Romane

Spielfilm

Eine junge Frau sitzt auf einem Bett, zwei Männer sitzen am Bettrand neben ihr und lächeln (Szene aus "Challengers" von Luca Gadagnino mit Zendaya) © Niko Tavernise / 2023 Metro-Goldwyn-Mayer Pictures Inc.  All Rights Reserved. Foto: Niko Tavernise

Filme 2024: Diese Highlights kommen ins Kino

2024 locken Blockbuster wie "Alles steht Kopf 2" und "Gladiator 2" ins Kino. Auch von Nora Fingscheidt, Moritz Bleibtreu und vom "Joker" gibt's Neues. mehr

Der Arm einer Frau bedient einen Laptop, der auf einem Tisch in einem Garten steht, während die andere Hand einen Becher hält. © picture alliance / Westend61 | Svetlana Karner

Abonnieren Sie den NDR Kultur Newsletter

NDR Kultur informiert alle Kulturinteressierten mit einem E-Mail-Newsletter über herausragende Sendungen, Veranstaltungen und die Angebote der Kulturpartner. Melden Sie sich hier an! mehr

NDR Kultur App Bewerbung

Die NDR Kultur App - kostenlos im Store!

NDR Kultur können Sie jetzt immer bei sich haben - Livestream, exklusive Gewinnspiele und der direkte Draht ins Studio mit dem Messenger. mehr

Mehr Kultur

Ein Mann steht im Watt, dahinter sitzt eine Frau auf einer Holzbarriere. © ARD Degeto/Nordfilm GmbH Foto: Christine Schroeder

"Tod am Deich"-Premiere in Husum: Brandaktuell und bildgewaltig

Sturmfluten und menschliche Tragödien: "Tod am Deich" begeistert das Husumer Publikum. Heute ab 20.15 Uhr in der ARD Mediathek. mehr