Musical-Premiere für "Hamilton" in Hamburg: Experiment gelungen
Das Musical "Hamilton" hat schon viele Preise abgeräumt und ist so erfolgreich, dass in den USA zeitweise kaum Karten zu bekommen waren. Jetzt ist die "Musical-Revolution" auch in Hamburg angekommen.
Das Publikum im Operettenhaus tobt, als am Ende der "Hamilton"-Premiere Lin Manuel Miranda auf die Bühne kommt. Für den Komponisten und Texter des Musicals ist es das erste Mal, dass er seine Show in einer anderen Sprache als auf Englisch hört.
Erzählt wird die Geschichte von Alexander Hamilton, der als einer der Gründerväter der USA gilt. Als Kind von Einwanderern kommt er aus der Karibik zum Studium nach New York und wird später der erste Finanzminister der USA.
Viel Lob für das Übersetzer-Duo
"Hamilton" auf Deutsch - lange wurde darüber diskutiert, ob das funktionieren kann. Über drei Jahre lang haben die Übersetzer, der Musical-Autor Kevin Schröder und der Rapper Sera Finale an der Übertragung des Textes gearbeitet. Dabei hatten sie alle Freiheiten und mussten nicht alles wortwörtlich übersetzen. So ist eine ganz eigene Fassung entstanden. Einige Textstellen hat das Übersetzerduo im englischen Original belassen. "Talk less, smile more" rät Aaron Burr dem jungen Hamilton.
Das Besondere am Musical "Hamilton" ist die Mischung der unterschiedlichen Musikstile. Neu im Musical: Es wird viel gerappt. Und: Das Tempo ist rasant. Wie ein gut laufendes Uhrwerk greift alles ineinander. Während die Hauptdarsteller und -darstellerinnen allein oder zu mehreren spielen, tanzt und singt rundherum das ganze Ensemble. So sind die Darstellerinnen und Darsteller fast die ganze Zeit auf der Bühne und es bleibt alles immer in Bewegung. Das Bühnenbild, bestehend aus einer roten Ziegelwand und einer hölzernen Galerie mit Treppen, soll die Stadt im Bau symbolisieren.
Geschichte mal anders
In den drei Stunden Aufführung passiert eine Menge. Die Verfassung der USA wird formuliert. Washington, nicht New York, wird die neue Hauptstadt der USA. Der englische König muss einsehen, dass seine Zeit vorbei ist. Aber es geht nicht nur um wichtige Stationen in der amerikanischen Geschichte, sondern immer auch um die ganze Bandbreite menschlicher Gefühle, um Liebe und Freundschaft, Eifersucht oder Neid.
Zum Konzept der Show gehört es, dass die Show von einem divers besetzten Ensemble gespielt wird. Historisch weiße Personen werden von Darstellerinnen und Darstellern dunkler Hautfarbe gespielt. Am Premierenabend fühlt sich das ganz selbstverständlich an. Aber, sagt Ivy Quainoo, die Hamiltons Ehefrau Eliza spielt, für viele sei diese Art der Besetzung ein ganz wichtiges Signal: "Schon während der Vorpremieren sind Schwarze Frauen und Mädchen mit Tränen in den Augen zu mir gekommen, weil sie sich endlich sehen können. Da meinen Beitrag leisten zu können, bedeutet mir sehr viel."
Ein Meisterwerk auf der Musical-Bühne
Das Musical hat viele starke und kraftvolle Momente - etwa, wenn George Washington seine letzte Rede hält, bevor er von der politischen Bühne abtritt. Aber es gibt auch Momente zum Lachen - zum Beispiel immer dann, wenn der etwas einfältige und sehr komische König in seinem roten Mantel auf die Bühne stolziert. Wenn er sein Lied anstimmt, kann das Publikum sogar mitsingen. Wer sich zur Vorbereitung der Musicalvorstellung zu Hause schon einmal die Handlung durchliest, ist während der Vorstellung klar im Vorteil. Bei der Zahl der handelnden Personen und der Schnelligkeit der Show kann man zwischendurch sonst durchaus mal den Anschluss verlieren.
Die "Hamilton"-Show ist ein Meisterwerk. Das Experiment, sie ins Deutsche zu übertragen, ist trotz aller Zweifel gelungen. Den Beteiligten ist zu wünschen, dass Publikum jeden Alters neugierig auf diese besondere Show ist und sich das Musical ansieht. Es lohnt sich auf alle Fälle.