Leander Haußmann im Portrait © Armin Smailovic Foto: Armin Smailovic
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AUDIO: Leander Haußmanns dramatischer Blick auf die Welt (55 Min)

Leander Haußmann: "Komödie ist Tragödie mit Aussicht auf Happy End"

Stand: 03.03.2023 10:30 Uhr

Leander Haußmann nimmt sich selber nicht übertrieben wichtig, sagt er. Das bringt er auch auf die Bühne. Am 3. März feiert er mit einem Stück von ihm und Sven Regener in Hamburg Uraufführung. Ein Gespräch.

Was macht Leander Haußmann, wenn bei einer Komödie nicht gelacht wird? Ihm ist der Stoff des Dramas in die Wiege gelegt. 1959 wurde er in Quedlinburg geboren, sein Großvater war Brecht-Schauspieler, sein Vater auf der Bühne und im Film zu sehen, seine Mutter Kostümbildnerin. Er wurde als Autor, Schauspieler und Regisseur berühmt. Seine Filme "Sonnenallee", "Herr Lehmann" oder "NVA" feierten große Kinoerfolge. Und am Theater hat er die großen Klassiker auf die Bühne gebracht: Sophokles, Shakespeare, Kleist, Ibsen oder Tschechow.

"Intervention!" von Haußmann und Regener am Thalia Theater

In "NDR Kultur à la carte" spricht Leander Haußmann über sein neues Stück "Intervention!", das er zusammen mit dem Schriftsteller und Musiker Sven Regener inszeniert hat. Die Uraufführung ist am 3. März am Hamburger Thalia Theater.

Herr Haußmann, sind Proben für Komödien eigentlich besonders witzig oder ist das ein Irrglaube?

Leander Haußmann: Erst sind sie witzig, dann muss man sie wiederholen und dabei werden die Lacher vom Team weniger. Am Ende sind sie gar nicht mehr da. Man versucht, die ganzen zwei Stunden durchlaufen zu lassen und dann geht man durch die Hölle. Am Ende des Tages findet man wieder, was man ganz am Anfang hatte.

Das heißt, dann wird wieder gelacht.

Haußmann: Ich hoffe doch. Ich weiß noch bei dem Stück "Der Geizige" am Thalia Theater habe ich die Generalprobe unterbrochen, weil keiner gelacht hatte. Ich sagte: "Das geht so nicht weiter, wir brauchen gar nicht weiterspielen, hier lacht keiner." Dann habe ich ein paar Änderungen vorgenommen und am Tag der Premiere lagen die Leute unter den Stühlen. Es war erstaunlich, wie das funktioniert.

Wann fanden Sie es am schwersten, Ihr Publikum zu erreichen?

Haußmann: Ich habe eigentlich immer versucht, das zu machen, was ich selber mag und was ich selber gerne sehe. Und ich habe versucht, mich nicht als Künstler zu sehen, mich selber nicht als übertrieben wichtig zu nehmen - mit dem nötigen Abstand auf meine Person und auf meinen Wert in dieser Gesellschaft. Ich fand immer, dass jemand, der etwas erzählt, nicht unbedingt Professor oder gebildet sein muss.

Ein bisschen Bildung ist nie schlecht, aber er sollte vor allem wissen, wie man erzählt, vor allem dafür sorgen, dass die Leute, denen er es erzählt, ihm praktisch aus der Hand fressen und so etwas wie Spannung, Empathie und Emotionen aufbauen können. Das ist nicht frei Haus, das muss man irgendwie immer wieder versuchen. Ich versuche es immer, ohne anbiederisch zu sein.

Eine Komödie ist das sehbare Interagieren mit dem Zuschauer. Wenn Zuschauer lachen, ist das eine Reaktion, die da oben vom Schauspieler gehört und aufgegriffen wird. Dadurch entsteht so etwas wie ein Dialog. Figuren oder Charaktere, die in einer Geschichte vorkommen, sollten uns nah sein, und Charaktere sind uns nur dann nah, wenn sie auch eine gewisse Leichtigkeit haben.

Wenn wir uns in ihrer Lächerlichkeit, teilweise auch in ihren Bemühungen, mit den Problemen dieser Welt klarzukommen, wiederfinden, dann sind das Komödien. Komödie ist die Tragödie mit Aussicht und Versprechen auf ein Happy End.

Regener Pappik Busch © picture alliance/dpa/Universal Music | Charotte Goltermann Foto: Charotte Goltermann
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Das Gespräch führte Katja Weise.

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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | NDR Kultur à la carte | 03.03.2023 | 13:00 Uhr

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Theater

Tanz

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