Salman Rushdie - Knife © Penguin Verlag
Salman Rushdie - Knife © Penguin Verlag
Salman Rushdie - Knife © Penguin Verlag
AUDIO: Neue Bücher: "Knife" von Salman Rushdie (5 Min)

Memoir "Knife": Salman Rushdie reagiert auf Hass mit Liebe

Stand: 16.04.2024 06:00 Uhr

Salman Rushdie thematisiert in seinem neuen Buch das Attentat auf ihn und die daraus entstandenen Folgen. "Knife" ist ein über weite Strecken sehr nachdenkliches und trauriges Buch.

von Tobias Wenzel, WDR

"Es ist schön, wieder hier zu sein, im Vergleich zu: nicht wieder hier zu sein - was auch eine Option gewesen wäre." Mai 2023 im PEN America in New York: Bei seinem ersten öffentlichen Auftritt nach dem Attentat auf ihn ist klar: Der Mordversuch hat Salman Rushdies Sinn für Komik nicht beschädigt. Auch in seinem Memoir "Knife" beweist er, dass er selbst den schlimmsten Augenblick seines Lebens, als er durch zahlreiche Messerstiche lebensgefährlich verletzt am Boden eines Veranstaltungsortes im Bundesstaat New York, umringt von Menschen liegt, mit schwarzem Humor betrachten kann.

Weitere Informationen
Der britisch-indische Autor Salman Rushdie hält in der Paulskirche nach der Auszeichnung mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels seine Dankesrede. © picture alliance/dpa/dpa Pool Foto: Arne Dedert

"Salman Rushdie hat Jesus wirklich verstanden"

Als richtiges Zeichen zum richtigen Zeitpunkt bekommt Salman Rushdie den Friedenspreis des deutschen Buchhandels, findet Bernd Lohse. mehr

Ein Angriff auf die Freiheit

Insgesamt ist "Knife" aber vor allem ein sehr nachdenkliches und auch über weite Strecken trauriges Buch. Wie sollte es anders sein? Da kämpft ein Schriftsteller ums schiere Überleben, verliert ein Auge und behält auch im Gesicht und in der Schreibhand bleibende Schäden. Da sorgt sich ein Mensch um die Beziehung zu seiner Frau, der Dichterin und Fotografin Rachel Eliza Griffiths, mit der er fünf Jahre ein unbeschwertes Liebesglück teilte.

Wie konnte man nach einem versuchten Mordanschlag noch glücklich sein? Was würde er mit uns machen? Wäre unser Glück dadurch vorbei? Leseprobe

Schnell wird den Eheleuten klar, dass es nicht nur um den Mordversuch an Salman Rushdie geht, sondern um mehr: um einen Angriff auf die Freiheit. Sie wollen Rushdies Genesung und Rückkehr ins Leben dokumentieren. Die Ehefrau zeichnet die gemeinsamen Gespräche auf, fotografiert und filmt ihren Mann und sich selbst. Es soll später als Rohmaterial für einen Dokumentarfilm dienen und für eben dieses Memoir "Knife".

Weitere Informationen
Der Autor Salman Rushdie © dpa-Bildfunk Foto: Arne Dedert

Friedenspreis für Salman Rushdie: "Die Freiheit verteidigen"

Zum Abschluss der Frankfurter Buchmesse ist der britisch-indische Autor mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet worden. mehr

Rushdie geht klug mit dem Attentäter um

Nach über sechs Wochen auf der Intensivstation und in einer Reha-Klinik in New York City wird Rushdie entlassen. Aber nach Hause gehen er und seine Frau nicht - aus Angst vor Paparazzi. Deshalb nehmen sie von Freunden das Angebot an, erstmal in deren gerade ungenutzten Penthouse in Manhattan zu bleiben.

Ihm sei am Tag des Attentats das Schlimmste und Beste am Menschen begegnet, schreibt Rushdie und meint mit dem Besten die mutigen Leute, die den Angreifer zu Boden drückten. Sehr klug geht der Autor mit dem Attentäter um: Er macht ihn klein, nennt ihn nur "A", was für "Attentäter" oder "Arschloch" steht. Und er verwirft die Idee, sich mit ihm zu treffen. Stattdessen denkt er sich Begegnungen mit ihm aus wie diese:

Ich erkenne Sie jetzt, mein gescheiterter Mörder, mein scheinheiliger Attentäter, mon semblable, mon frère. Sie konnten es mit dem Morden versuchen, weil Sie nicht zu lachen wussten. Leseprobe

Salman Rushdies "Knife": Ein mutmachendes Buch

So kann man Rushdies Humor in "Knife" eben auch als den nachträglichen Versuch verstehen, den Angriff des Attentäters zu parieren. Auf den Hass reagiert der Autor außerdem mit der Schilderung seiner Liebe. Ein bemerkenswertes, ein berührendes, ein mutmachendes Buch. Darin zitiert Salman Rushdie auch den Schluss seiner Rede vor dem PEN America: "Wir dürfen uns von Terror nicht terrorisieren lassen. Gewalt darf uns nicht vom Weg abbringen. Der Kampf geht weiter."

Knife

von Salman Rushdie
Seitenzahl:
256 Seiten
Genre:
Roman
Zusatzinfo:
Aus dem Englischen von Bernhard Robben
Verlag:
Penguin
Bestellnummer:
978-3-328-60327-6
Preis:
25 €

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Der Morgen | 16.04.2024 | 06:40 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Romane

Beim Internationalen Literaturfestival Berlin stellt Schriftsteller Salman Rushdie, live aus New York zugeschaltet, sein Buch "Victory City" vor, während ihn Schriftsteller Daniel Kehlmann (2.v.l.) und Bernhard Robben (l), Übersetzer des Buches von der Bühne aus begrüßen. Schauspielerin Cynthia Micas (r) las darin. © dpa Foto: Annette Riedl

Salman Rushdie scheint nach Attentat wieder der Alte zu sein

In Berlin hat Rushdie sein Buch "Victory City" vorgestellt - per Video zugeschaltet. Es war der erste öffentliche Auftritt in Deutschland nach dem Attentat im vergangenen Jahr. mehr

Ein Latte Macchiato, eine Brille und eine Kerze liegen auf einem Buch © picture alliance / Zoonar | Oleksandr Latkun

Neue Bücher 2024: Die spannendsten Neuerscheinungen

Unter anderem gibt es Neues von Dana von Suffrin, Michael Köhlmeier und Bernardine Evaristo. mehr

Logo vom NDR Kultur Podcast "eat.READ.sleep" © NDR Foto: Sinje Hasheider

eat.READ.sleep. Bücher für dich

Lieblingsbücher, Neuerscheinungen, Bestseller – wir geben Tipps und Orientierung. Außerdem: Interviews mit Büchermenschen, Fun Facts und eine literarische Vorspeise. mehr

Der Arm einer Frau bedient einen Laptop, der auf einem Tisch in einem Garten steht, während die andere Hand einen Becher hält. © picture alliance / Westend61 | Svetlana Karner

Abonnieren Sie den NDR Kultur Newsletter

NDR Kultur informiert alle Kulturinteressierten mit einem E-Mail-Newsletter über herausragende Sendungen, Veranstaltungen und die Angebote der Kulturpartner. Melden Sie sich hier an! mehr

NDR Kultur App Bewerbung

Die NDR Kultur App - kostenlos im Store!

NDR Kultur können Sie jetzt immer bei sich haben - Livestream, exklusive Gewinnspiele und der direkte Draht ins Studio mit dem Messenger. mehr

Mehr Kultur

Szenenbild aus Mozarts "La Clemenza di Tito" © Hans Jörg Michel Foto: Hans Jörg Michel

"La Clemenza di Tito" in Hamburg: Der Funke springt nicht über

"La Clemenza di Tito" ist Mozarts letzte Oper. Nun hat sie in der Hamburger Staatsoper Premiere gefeiert. mehr

Das Logo von #NDRfragt auf blauem Hintergrund. © NDR

Umfrage: Demokratie unter Druck?