Jeff Kinney sitzt auf dem Boden und hält sein neues Buch "Gregs Tagebuch 17: Voll aufgedreht!" in der Hand. © picture alliance/dpa Foto: Lars Klemmer

Erfolg von "Gregs Tagebuch": Jeff Kinney ist einer der Jungs

Stand: 19.11.2022 06:00 Uhr

Die komisch-selbstmitleidig erzählten Tagebuchaufzeichnungen von Greg, der immer wieder in absurde und trotzdem fast alltägliche Situationen gerät, sind ein Renner. Was ist das Rätsel dieses Riesenerfolgs?

von Lena Bodewein

Vor 15 Jahren erschien der erste Band von "Gregs Tagebuch" vom amerikanischen Autor Jeff Kinney. Inzwischen hat er 275 Millionen Bücher weltweit verkauft. Jetzt ist der 17. Band von Gregs Tagebüchern erschienen. "Voll aufgedreht!" wurde nun auch in Deutschland vorgestellt.

Eine Buchvorstellung genau nach Jeff Kinneys Geschmack

Auf der Bühne steht ein Dixie-Klo, durch das später auch einige Zuschauer mehr oder weniger freiwillig verschwinden, der Saal ist wie bei einem Rockkonzert beleuchtet, aufblasbare Gitarren hängen an der Wand, Cartoon-Security-Personal aus Pappe, und am Ende tanzen eilig verkleidete Eltern als Groupies auf der Bühne.

Buchcover: Jeff Kinney - Gregs Tagebuch 17: Voll aufgedreht! © Baumhaus Verlag
Jeff Kinney neuester Band von "Gregs Tagebuch" ist im Baumhaus Verlag erschienen uns kostet 14,99 Euro.

Das ist keine übliche Buchvorstellung. Sondern verspielt, laut und albern, und damit genau nach dem Geschmack von Jeff Kinney, dem Erfinder von "Gregs Tagebuch". "Ich habe noch ein ziemlich gutes Gefühl dafür, wie es war, Kind zu sein, (...) auch wenn ich mich immer mehr davon entferne, je älter ich werde", sagt Kinney.

An kindlichen und kindischen Ideen ist jedenfalls kein Mangel, weder in den Geschichten, noch während der Buch-Show, vom Rockmusiker-Kostümwettbewerb bis zum Live-Zeichnen. Kein Wunder, dass die Fans ihn so lieben - darauf ist er stolz: "Es ist cool, ein Privileg, Jungs und Kinder überhaupt zum Lesen zu bewegen. Es wird immer schwieriger, sie dazu zu kriegen, dass sie ein Buch in die Hand nehmen. Aber das ist unser Job als Autoren: Wir müssen Geschichten erzählen, die sie vom Bildschirm weglocken."

Greg: Eine etwas andere Kinderbuchfigur

Das gelingt ihm eindeutig und vor allem bei Jungen, sonst eher eine Problemzielgruppe. Ausgerechnet ein Tagebuch, sonst eher Mädchendomäne, lässt sie zu Lesern werden. Wieso? Super-Fan Illias sagt: "Greg erinnert mich so ein bisschen an mich. Meine Mutter kauft mir immer random Bücher, aber am liebsten lese ich Greg, und zwar jeden Band mindestens drei Mal."

Auch Ari liest nur Greg: "Ja, jeden Abend." Aber er sei selbst nicht so wie die Figur.

Max liebt Greg, darum ist er hier bei der Buchvorstellung, aber er liest schon mal anderes: "Harry Potter, beziehungsweise damit bin ich schon durch." Den jungen Zauberer findet er auch cooler als Greg. Doch Autor Jeff Kinney betont, dass er eine etwas andere Kinderbuchfigur schaffen wollte: "Er ist ein realistisches Kind; viele Kinderbuchfiguren sind wie Miniatur-Erwachsene, tugendhaft, Helden, jemand, zu dem man aufsieht. So war ich nicht als Kind. Also wollte ich eine Figur erfinden, die Fehler hat und unvollkommen ist, das ist viel interessanter."

Teil des Erfolgsrezeptes: Zeitlosigkeit und Nahbarkeit

Während der Präsentation zeigt Jeff Kinney auch, welche Literatur er als Kind gelesen hat: Die Bilderbücher seiner Mutter, einer Erzieherin, die Comic-Klassiker seines Vaters, die Heavy-Metal-Magazine seines Bruders. Diese Einflüsse prägen Greg, eine irgendwie anarchische Figur in Donald-Duck-Tradition, die sich schmerzfrei durch Chaos und Probleme bewegt. Jemand, der auch ganz normale Kinder anspricht - und das zu jeder möglichen Zeit.

Auf die Frage eines Fans, wann Gregs Geschichten überhaupt zeitlich angesiedelt sind, antwortet Kinney: "Ich glaube, es spielt in deiner Fantasie, es könnte vor 20 Jahren sein, oder jetzt, oder 20 Jahre in der Zukunft."

Zeitlosigkeit und Nahbarkeit sind auf jeden Fall Teil des Erfolgsrezeptes. Und: dass die Zeichnungen so gut sind - warum eigentlich, will ein Fan wissen: "Als Kind hatte ich etwas, das heißt Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom", erklärt Kinney. "Zeichnen hat mir geholfen, mich zu konzentrieren."

Es steckt ganz schön viel Jeff Kinney in Greg. Irgendwie. Obwohl: "Ich denke, er ist kein schlechter Kerl. Aber ich finde, dass er sein Leben nicht dokumentieren sollte, solange er noch nicht reif genug ist." Dass Jeff Kinney es trotzdem für ihn tut, danken ihm die Fans.

Dieses Thema im Programm:

NDR Info | Mikado | 19.11.2022 | 08:20 Uhr

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