Pierrot Raschdorff in Aurich: "Brauchen vielfältigere Vorbilder"
In "Schwarz.Rot.Wir. Wie Vielfalt uns reicher macht" schreibt der Ostfriese Pierrot Raschdorff über Stereotype und Vorurteile. Am Freitag hat er in seiner Heimat Aurich gelesen.
Der Ostfriese Raschdorff schreibt über Stereotype und Vorurteile und setzt sich für eine vielfältige Gesellschaft ein. Am Freitagabend hat er in seiner Heimat Aurich gelesen. Er ist in dem benachbarten Dorf Timmel aufgewachsen - als einziger Schwarzer zwischen Weißen. Ein Bericht von der Lesung im Kunstraum Zwischenraum" in Aurich.
Pierrot Raschdorff: Romantisches Bild einer wohlbehüteten Kindheit
Alle Stühle, Sessel und Sofas sind besetzt in dem ehemaligen Kaufhaus, einer Art improvisierten Galerie in Aurich. Im Publikum sitzen ehemalige Mitschülerinnen, Fußballfreunde, frühere Lehrer des Autors, aber auch andere Interessierte. Raschdorff zeichnet ein romantisches Bild seiner wohlbehüteten Kindheit in den 80er-Jahren im Ostfriesischen Timmel.
Überall offene Türen, durch die wir Kinder gingen, dabei interessant, es war nie der Haupteingang, auf dem Dorf kommen Besucher durch die Hintertür. Wir gingen direkt in die Küche, um nach den Freunden zu rufen. Zitat aus dem Sachbuch "Schwarz. Rot. Wir"
Über Vielfalt reden: "Unser Denken ist geprägt von Stereotypen"
Er war der einzige Schwarze in der 800-Seelen-Gemeinde Timmel. Rassismus habe er zu der Zeit nicht erlebt, wohl aber ein diffuses Unwohlsein bei manchen Bemerkungen. "Rassistisches Denken ist doch überwunden. Wieso müssen wir überhaupt noch über Vielfalt reden?" wird Pierrot Raschdorff oft gefragt.
Er erwidert dann sinngemäß: "Wir müssen, denn es gibt rassistische Übergriffe und unser Denken ist geprägt von Stereotypen." Der Autor erklärt das mit seiner eigenen Lebensgeschichte. Er liest aus seinem autobiografischen Buch: "Ein Teil meiner Identität ist es, Ostfriese zu sein. Für viele andere Menschen in Deutschland ist die Tatsache eines schwarzen Ostfriesen immer noch ein Aha-Moment, ein Widerspruch, oder im schlimmsten Fall unmöglich."
Diskriminierung, Rassismus als Grundrauschen im Leben
Er erzählt von weiteren Stationen in seinem Leben, von Hamburg und Berlin. Mittlerweile lebt er in München. Immer wieder habe er Diskriminierung, Rassismus und abwertende Bemerkungen erlebt. Eine Art Grundrauschen in seinem Leben, das immer da sei. "Wie können wir das ändern", fragen Zuhörer in der anschließenden Diskussion. "Wir brauchen vielfältigere Vorbilder", sagt Pierrot Raschdorff. Sein Buch ist eine Handreichung zum Dialog. "Der Hintergedanke war, es gibt die Möglichkeit, wenn wir mehr die richtigen Vorbilder haben, mit unserem vorurteilsbehafteten Denken, das ein Stück weit abzubauen."
Rund 120 Besucherinnen und Besucher waren bei der Lesung. Ein Abend, der alte Bekannte nostalgisch stimmt. "Er hat es sehr gut beschrieben und auch nicht übertrieben, sondern er hat das genauso wieder gegeben, wie das damals war.", erzählt eine Weggefährtin. "Großartig, das ist emotional Adrenalin bis ganz nach oben. Wir gehören nicht in die gleiche Familie, aber ich habe das Gefühl, jemanden aus der Familie getroffen zu haben, den ich eine Weile nicht gesehen habe.", sagt ein Besucher.
Petra Rudat is ist mit dem Autor in Aurich zur Schule gegangen. Mit seinen Vorschlägen ist sie einverstanden. "Ich denke ich auch, also wir brauchen viel mehr gute Vorbilder und Menschen, die uns neues Denken und neue Ideen geben können."
Auch ihr Mann Robert Rudat will etwas ändern. Es habe ihn betroffen gemacht zu hören, wie sehr es den Alltag dieser Person betreffe, die er für "unheimlich eloquent" und für sehr in sich ruhend hält: "Wie sehr es ihn bis heute beeinflusst, nicht auszusehen, wie alle anderen. Da würde ich unheimlich gern daran mitgestalten, dass das für möglichst viele Menschen anders und besser wird." Das Anliegen von Pierrot Raschdorff trifft auf Resonanz bei seinen alten Bekannten in Aurich.