COMIX-Buchhandlung: Ort für Nerds und Comic-Liebhaber
In Hannover gibt es einen Laden, in dem das Herz vieler Comic-Fans höher schlägt. Geleitet wird er von Swantje Wieland und Katinka Kornacker, die Jury-Mitglied beim Max und Moritz-Preis ist.
Vor rund 20 Jahren ging es los in der Goseriede in Hannover. Da eröffneten Swantje Wieland und Katinka Kornacker ihren "COMIX"-Laden, zuerst auf übersichtlichen 70 Quadratmetern, damals wie heute mit einem Ziel: "Alle Leute anzusprechen, die Lust auf Comics haben und alles was dazugehört", erzählt Katinka Kornacker. "Es gab damals schon den Begriff "Nerd", der ja in aller Munde war. Da war es schon ein bisschen der Wunsch, "Nerd”"gesellschaftsfähiger zu machen - mit allem, was das Genre bietet."
Und das Genre bietet viel - mehr, als man denkt. Da gibt es die herkömmlichen Comics wie "Asterix", "Tim und Struppi" oder "Spirou", die Marvel-Klassiker von "Batman", "Spiderman" bis hin zu "Wonder-Women" und den "X-Men", den Bereich der Graphic Novels und nicht zu vergessen das riesige Feld der Mangas, die japanische Form der Comics. Allein dort gibt es zahlreiche Sparten wie Thriller, Science-Fiction, Romantik oder Historie - ganz zu schweigen von den definierten Altersgruppen, für die sie gezeichnet und geschrieben werden mit ihren unzähligen Reihen. Das Geschäft mit den Merchandise-Artikel nicht einbezogen.
Bedeutungssprung von Comics war für COMIX-Macherinnen spürbar
Rückblickend kann Kornacker aber nur froh sein: "Ich hätte es mir nicht so schön vorstellen können. Es ist tatsächlich viel, viel größer und bunter geworden, als ich mir das jemals vorstellen konnte. Das Comic ist durch viele inzwischen tatsächlich in der Gesellschaft angekommen." Viele Comics werden aufgegriffen und zu Filmen gemacht. Die Umbrella Academy ist so ein Beispiel. Zudem gibt es mittlerweile viele Leute, die sich beeinflusst fühlen durch Comic in der Kunst und in anderen Medien.
Serien wie "The Big Bang Theory" oder die Marvel-Verfilmungen der Superhelden haben geholfen, das Schmuddel-Image abzulegen, meint Kornacker: "Da kamen die Leute plötzlich mit etwas in Berührung, was sie vorher nicht kannten. Aber was sie cool fanden und was Dank dieser Medien, auch okay war, es cool zu finden. Da musste man sich nicht für schämen und nicht mehr verstecken."
Erste Berührung mit dem Genre Comic
Durch ihre ältere Schwester ist Kathinka Kornacker in Berührung mit Comics gekommen. Da war sie Teenager. Sie konnte es kaum erwarten, wenn ihre Schwester mit neuen Heften aus der Großstadt Hannover nach Hause kam: "Ich habe mich schlagartig in dieses Medium verliebt. Ich habe tatsächlich auch meinen Beruf deswegen ausgewählt, weil Comic schon immer meine Leidenschaft war."
So war der Weg vorgezeichnet. Kornacker beginnt selbst Geschichten zu schreiben und zu zeichnen. Sie jobbt in einem Comic-Laden. Dabei fällt ihr auf, "dass ich viel schlechter bin als alle anderen, die Comics machen. Da hab ich ganz schnell meine kreative Ader gleich wieder in die Schublade gesteckt." Sie orientiert sich Richtung Verlagswesen und Medien und studiert Medienwissenschaften. "Das war aber leider zu einer Zeit, wo Comic wirklich noch nicht gesellschaftsfähig war. Immer wenn ich das Wort in den Mund genommen habe, musste ich mich eigentlich mehr oder weniger in eine Ecke stellen und schämen." Schnell geht es für sie wieder zurück in den Comic-Laden - in Festanstellung.
Sie wird eine Expertin auf dem Gebiet. Mittlerweile gehört sie zur siebenköpfigen Jury des renommierten Max und Moritz-Preises.
Manga macht größtes Segment im Comic-Bereich aus
Heute wirbeln rund vier bis fünf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter täglich durch den Laden, der inzwischen ein stattliche Größe von 270 Quadratmetern angenommen hat. So können Kornacker und Wieland ihre Grundidee weiter verfolgen: Alles anbieten, was das Genre hergibt. "Es ist natürlich auch sehr beratungsintensiv. Viele Kunden suchen auch einfach das Gespräch mit Leuten, die sich auch mit dem Genre auskennen und lieben. Das bedeutet, dass man dann viel mit den Kunden Einzelgespräche führt. Da braucht man einfach ein paar mehr Leute. Zudem kann man von uns nicht abverlangen, dass jeder jedes Genre besonders gut kennt. Also muss man sich schon auch wissenstechnisch aufteilen."
Das größte Segment nimmt der Manga ein - passend zu den Verkaufszahlen. Rund 70 Prozent des Comic-Umsatzes auf dem deutschen Buchmarkt geht in den Bereich Manga. Der hat den Vorteil, dass es oft sehr lange Reihen sind, erklärt Konracker: "Das bedeutet, die Leute kommen rein und kaufen einfach den nächsten Band. Das ist ein schneller Akt: Die kommen rein, wissen, wo ihre Reihe steht, greifen sich den Manga und gehen zur Kasse bezahlen." Ihrer Erfahrung nach ist das Gebiet der Graphic Novels der beratungsintensivste. Viele Kunden haben unterschiedliche Vorstellungen von dem Begriff. "Da sind die Leute auch immer am ehesten überrascht, was sie dann hinterher mit raustragen", sagt Kornacker und lacht.
Bodenständiger Weitblick
Die Aufgaben für die Macher des COMIX-Buchladens in Hannover sind aber nicht weniger geworden. "Für mich ist es wichtig, dass wir hier in einem sehr guten Team zusammenarbeiten. Das ist für mich immer wieder eine Herausforderung. Das finde ich total schön, wenn das klappt - und es klappt. Gott, sei Dank", sagt Kornacker. Sie freut sich zudem immer wieder, wenn sich Kundinnen über die gelungene Beratung beim nächsten Besuch bedanken. Den inhaltlichen Überblick zu behalten, was alles frisch auf dem Markt erscheint, ist schwierig. Der "Mountain auf Feature Glory" wie die COMIX-Macherinnen den Berg noch nicht gelesener Bücher nennen, wächst.
Für die Zukunft wünscht sich Katinka Kornacker für das Genre Comic: "Das Schmuddel-Image muss einfach komplett verschwinden." Auf dem richtigen Weg scheint die Entwicklung ja zu sein, findet sie. Doch es gehe noch besser. Zudem hofft sie auf mehr Förderung für Künstler: "Ich bin tatsächlich sehr traurig, dass die KünstlerInnen, die Comics schaffen, immer noch am wenigsten verdienen. Ich denke, da kann man auch mal an Frankreich ein Scheibchen abschneiden, wo eine andere Sozialkasse für KünstlerInnen geschaffen wird." Für sich und den Laden bleibt sie bescheiden: "Ich handele mit etwas, was Menschen glücklich macht. Das möchte ich nicht verlieren."