Eine Hand hält ein Smartphone in der Hand, auf dem der Kanal Booktok zu sehen ist. © picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Lisa Forster
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AUDIO: BookTok: Wie die App TikTok den Buchmarkt erobert (3 Min)

BookTok: Wie die App TikTok den Buchmarkt erobert

Stand: 21.08.2023 06:00 Uhr

BookToker - so nennen sich Influencer auf der App TikTok - sind zu einer Macht im Literaturgeschäft geworden, an dem Buchhandlungen nicht mehr vorbeikommen. Wie funktioniert das?

von Jonas Kühlberg

"Finde dein perfektes Buch aus der Empfehlung der TikTok-Community" steht auf einem der Werbebanner der Buchkette "Thalia". TikTok - die Smartphone-App mit den kurzen Spaß-Videos - ist eigentlich nicht der Ort, an dem man Diskussionen über Literatur vermuten würde. Doch seit Neuestem wird die App zu einer Macht im Literaturgeschäft.

BookTok-Regale in Buchhandlungen

In der Hamburger Thalia-Filiale in der Spitalerstraße ist einiges los. Doch viele Kundinnen und Kunden stehen nicht vor dem Regal der Bestsellerliste am Eingang, sie stehen vor dem BookTok-Regal. Damit versuchen Buchhandlungen, die Empfehlungen aus der TikTok-Community aufzunehmen und neue Zielgruppen - und damit Käufer - in die Läden zu locken. Fillialleiterin Christine Berndt steht vor dem Regal und scheint sichtlich zufrieden über die neue Kundschaft:

"Es sind vorwiegend junge Frauen - nicht ausschließlich, aber doch vorwiegend -, die danach fragen", berichtet Berndt. "Manche Titel sind so interessant, die werden sich gegenseitig empfohlen, dass es einen echten Run auf die Sachen gibt. Wir finden das dann auch als gestandene Buchhändler ganz spannend und sagen: Mensch, da müssen wir jetzt auch mal reinlesen - das hört sich toll an."

Junge Leute lesen auf Papier

Die Nachfrage bei jungen Leserinnen und Lesern sei so stark, dass eben nun eine eigene Ecke dafür herhalten muss. In den Regalen findet sich besonders viel englischsprachige Literatur. Die Buchrücken sind auffällig und aufwendig gestaltet, die Kanten in bunten Farben, einige sogar goldverziert. Haptik spiele eine große Rolle, so Buchhändlerin Christine Berndt:

"Das ist tatsächlich ein interessantes Phänomen. Ich lese zum Beispiel fast nur noch elektronisch - und diese jungen Leute lesen tatsächlich noch auf Papier. Die möchten diese Bücher auch alle besitzen. Die haben dann auch noch diesen großen Ikea-Buchschrank zu Hause, der bitte gut gefüllt ist. Das ist eine Generation, die will nicht nur lesen, die möchte es auch gerne haben. Das eBook ist da keine Alternative für diese jungen Leute."

Besonders beliebt: Fantasy- und Liebesromane

Vieles, was im BookTok-Regal steht, sind Fantasy- oder Liebesromane. Titel mit blumigen Namen wie "Forth Wing", "Twisted Love" oder "Die theoretische Unwahrscheinlichkeit von Liebe" - aber auch Klassiker wie Oscar Wildes "Das Bildnis des Dorian Gray" oder Albert Camus' "Fremder" sind hier zu finden. Christine Berndt zeigt auf einen Kassenschlager, der derzeit gut funktioniert: "Das ist 'Atlas Paradox' von Olivier Blake. Das ist eine Fantasy-Trilogie und wird zum Beispiel nicht nur von jungen Frauen, sondern auch von Männern gerne gelesen."

Auch interessant, findet Christine Berndt: Trotz der neuen BookTok-Ecke schätzten viele junge Kunden weiterhin das gemeinsame Gespräch mit den Verkäufern in der Filiale. So ganz möchten sich die jungen Leser wohl dann doch nicht auf die Empfehlungen der TikToker verlassen. Für Christine Berndt und ihre Kollegen heißt das: viel lesen! "Über BookTok hinaus mögen sie auch die Bestätigung von uns. Ist das was? Kann man das lesen? Und deshalb müssen wir da natürlich auch mal reingucken", sagt die Buchhändlerin.

Junge Kundschaft wird über Social Media erreicht

Ohne Soziale Medien funktioniere es heute einfach nicht mehr, junge Kunden zu erreichen. Dafür gibt es bei der Thalia-Zentrale in Hagen eine eigene Abteilung, die die App TikTok durchforstet. Auch über den Instagram-Kanal kommen viele neue Empfehlungen rein. Den Befund, dass Jugendliche immer weniger Bücher lesen, wie zahlreiche Studien wie die JIM-Studie aus dem Jahr 2021 belegen sollen, kann Christine Berndt zumindest nicht bestätigen.

"BookTok-Fans lesen auf jeden Fall viel. Ich glaube, die haben auch den Wunsch, miteinander über die Inhalte zu sprechen - auch zu sagen: Hast du es schon gelesen? Ja, hat mir gut gefallen. Ja, lass uns mal darüber reden. Und das dann auch einer weiteren Freundin empfehlen. Das sind schon Vielleser."

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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Der Morgen | 21.08.2023 | 07:20 Uhr

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