Sprichwörter: Redensarten, die von unserer Herkunft erzählen
Sprichwörter kennt jeder, nicht jeder mag sie. Manchmal verraten sie eine ganze Menge über die jeweilige Kultur, weiß Katja Striegler vom Rostocker Verein Migra zu berichten.
Wie "man" sich benimmt, was sich gehört und was die Nachbarn sagen würden - es gibt in jeder Gesellschaft tausend ungeschriebene Regeln. Von Generation zu Generation werden sie unter anderem mit Sprichwörtern weitergegeben. Das ist nicht nur hierzulande so. Der arabischstämmige Hani Mardin hat aus seiner Kindheit diesen Sinnspruch parat: "Nicht immer nur kaufen macht glücklich. Treue ist das, worauf es ankommt."
Typisch deutsches Sprichwort
Katja Striegler vom Verein Migra ist Trainerin für interkulturelle Fragen und arbeitet im Netzwerk "Integration durch Qualifikation". Wobei sie sowohl Migranten als auch Deutsche im Umgang mit anderen Kulturen schult. Was ihr dabei immer wieder begegnet, ist beispielsweise der sehr unterschiedliche Umgang mit dem Thema Zeit. "Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen“, das lernt der "gute" Deutsche schon als Kind.
Was hat Vorrang: Arbeit oder Freizeit?
"Eine ganz typische Übung, die wir in unseren interkulturellen Schulungen machen ist eine, wo die Teilnehmenden eine Ansammlung von Dingen bekommen, die eine Frau am Tag erledigen möchte - private und nicht private Dinge. Diese sollen dann mal sortiert werden." Bei Gruppen aus unserem Kulturkreis sei das Ergebnis meist sehr ähnlich: "Das Spannende dabei ist, dass erst alle arbeitsrelevanten Dinge erledigt werden und dann die Freizeitsachen. Und es sind auch relativ viele Dinge, die da in einen Tag hinein gepuzzelt werden. Auch wenn die Menschen sich dafür entscheiden, welche von den Sachen fallen weg, wird sich häufig für die privaten Sachen entschieden." Eine Vorgehensweise, die bei Menschen aus anderen Ländern durchaus nicht immer selbstverständlich ist. Ein russisches Sprichwort sagt dazu: "Die Arbeit ist kein Wolf, sie wird nicht in den Wald weglaufen."
Kommunikation statt Regeln
Im Rahmen der Tage der politischen Bildung bietet Katja Striegler einen anderthalbstündigen Workshop an, in dem sie mit Menschen ins Gespräch kommen will, welche Sprichwörter sie in ihrem Leben geprägt haben. All die ungeschriebenen Regeln unserer Gesellschaft einfach aufzuschreiben, damit Zugezogene sie einfach nachschlagen können, davon hält sie wenig: "Ich glaube tatsächlich, dass es vielleicht sogar hilfreicher ist, Menschen dazu zu bringen, sich selber zu hinterfragen und zu gucken, was sind denn eigentlich die Regeln, nach denen ich handle. Warum bestehe ich auf manchen Prinzipien und an welchen Stellen kann ich da vielleicht auch mal ein bisschen lockerer werden und in Aushandlung mit meinem Gegenüber vielleicht neue Wege finden, so dass es keine Konflikte gibt. Das ist mir dann ein größeres Anliegen, als so ein Regelbuch zu schreiben."