40 Prozent weniger Zuschauer: Ist das Kino noch zu retten?
Nach der langen Pandemie-Pause erholen sich die Kinos in Deutschland ein wenig: 60 Prozent der Kinozuschauer sind zurück. Aber reicht das? Wie geht es kleineren Kinos mit diesem Zuschauerrückgang?
Ein Gespräch mit Holger Ewald, der das Programmkino Ritterhuder Lichtspiele im Landkreis Osterholz betreibt.
Herr Ewald, wie sieht es bei Ihnen aus, sind 60 Prozent der Kinobesucher wieder da?
Holger Ewald: Bei mir sind es weniger als 60 Prozent und das ist definitiv zu wenig. Wir sind im Moment wieder am Aufbauen, es wird von Vorstellung zu Vorstellung mehr. Aber ja, es ist noch sehr wenig.
Was haben Sie getan, um wieder an die Vor-Pandemie-Zeiten anschließen zu können?
Ewald: Wir haben eine neue Homepage gestaltet und einen neuen E-Mail-Verteiler eingerichtet, um mehr Menschen zu erreichen. Wir haben immer versucht, im Gespräch zu bleiben. Wir sind nur ein kleiner Ort, und da trifft man sich auch oft und schnackt. Wir haben versucht, durch Zeitungen im Gespräch bleiben, sodass die Leute sehen, dass man noch da ist.
Wenn man in den großen Elektromärkten unterwegs ist und diese Monster-Fernseher sieht, fragt man sich: Wie wollen kleine Kinos dagegen ankommen, wenn sich Leute so etwas ins Wohnzimmer stellen?
Ewald: Die Frage stelle ich mir auch immer wieder, aber wir haben ein ganz tolles Publikum, das uns treu ist. Wir hatten zum Beispiel am Mittwoch den Fall gehabt, dass wir einen Film gezeigt haben, der abends auch auf 3sat im Fernsehen lief - und trotzdem war das Kino gut besucht. Das hätten wir selber auch nicht gedacht.
Worum geht es dann dabei? Welches Erlebnis steht bei Ihnen im Vordergrund?
Ewald: Das Persönliche, der Film. Die Personen aus dem Freundeskreis sind immer da, und die verteilen dann immer Schokolade an die Gäste, wo auch das Kinoprogramm für die nächste Woche mit draufsteht. Das ist eine ganz tolle, gemütliche Atmosphäre, man schnackt mit den Leuten. Die Gäste sind keine Nummer.
Sie haben erwähnt, dass auch Kuratierung, die Auswahl des Filmprogramms, ehrenamtlich ist. Was sind da die Schwerpunkte? Wie gehen Sie und die Kolleginnen und Kollegen vor?
Ewald: Überwiegend Richtung Filmkunst, anspruchsvollerer Filme - das ist eigentlich unser Hauptprogramm.
Ist es schwierig und teuer, Filme vom Verleih für ein kleines Kino zu kriegen?
Ewald: Die großen Verleiher machen da weniger mit. Wir haben das Problem, dass wir nicht über die reguläre Kinotechnik verfügen, sondern über DVD und Blu-Ray spielen. Da machen die großen Verleiher wie Walt Disney zum Beispiel gar nicht mit. Von denen können wir überhaupt keine Filme zeigen. Aber es gibt viele kleine Verleiher, die mitmachen, das funktioniert.
Was sind Ihre Pläne für die Zukunft, für den nächsten Winter?
Ewald: Wir hoffen, dass die Zuschauerzahlen wieder steigen. Wir planen nach zwei Jahren wieder unser Frühstückskino: Wir machen einmal im Jahr, zu Weihnachten, ein Frühstückskino, was sehr gut angenommen wird. Über den Winter haben wir noch nicht genau gesprochen, aber wir machen immer so eine Freitagsfilm-Reihe, und die wird wahrscheinlich auch wieder stattfinden.
Das Gespräch führte Mischa Kreiskott.