Kolumne: "Wenn Dank und Anerkennung nicht ausreichen"
Am kommenden Sonntag ist Erntedank. Pastor Jan Dieckmann macht sich aus diesem Anlass Gedanken über eine gerechtere Bezahlung von Löhnen in der Pflege und im Friseurhandwerk. Denn Beifall klatschen reicht allein nicht aus.
Mein Friseur hat mich auf das Thema gebracht. Friseur und Kunde, das kann ja über die Jahre eine ziemlich vertraute Beziehung werden. Für ein halbes Stündchen das Herz ausschütten. Inklusive Update in fünf Wochen. Diesmal ging's ums Geld. Um seine Sorgen vor den Energiepreisen. Als Friseur verdient er nicht viel. Und das ist ja nicht nur bei den Friseuren so, klagt er. Viele Menschen, ja fast alle, die ihren Lebensunterhalt mit der Hand verdienen, werden eher schlecht bezahlt. In der Energiekrise heißt das: Sorgen, wie man die Wohnung warm und die Kinder satt kriegt.
Geistige Arbeit wird traditionell besser bezahlt
Ich finde, dass bei uns geistige Arbeit traditionell höher bewertet und besser bezahlt wird, sollte sich ändern. Neulich hatte ich Handwerker bei uns im Haus. Nach vielen Jahren haben meine Frau und ich unser Bad sanieren lassen. Jedes Mal, wenn ich ins Bad gehen, freue ich mich an der akkuraten Arbeit. Saubere Fugen, glatte Wände. Da kann jemand seinen Job. Und macht ihn gut. Wird er auch gut bezahlt?
Mehr Geld für Pflege, Gesundheit und Landwirtschaft
Jetzt in der Woche, in der wir in den Kirchen das Erntedankfest feiern, bewegt mich das. Auch all das, wofür wir traditionell danken am Erntedankfest, unsere Lebensmittel, werden von Menschen mit den Händen erarbeitet, mit Kraft und Schweiß erwirtschaftet. Ich finde, Dank und Anerkennung reicht dafür nicht aus. Wir müssen Menschen, die mit den Händen hart arbeiten, besser bezahlen. Da hängt etwas schief, wenn wir überlebenswichtige Arbeit in der Nahrungsproduktion, der Müllentsorgung, der Gesundheit und Pflege, der Sicherheit und Logistik schlechter bezahlen als überlebensunnötige Arbeiten, wie zum Beispiel in der Werbung, der Unterhaltung oder der Bürokratie.
Kreuz, Herz oder Anker? So heißt die Kolumne der Kirche im NDR. Regelmäßig vergeben die Radiopastoren und Redakteure ein Kreuz für Glauben, ein Herz für die Liebe oder einen Anker für das, was hoffen lässt.